Horw, an einem Freitagvormittag: Junge Menschen bohren auf einem Vorplatz ein Loch in ein Brett, nebenan fliegen Sägespäne fast bis zum Bahngleis. Dahinter strecken sich die rötlichen Gebäude des Departements Technik und Architektur der Hochschule Luzern in den wolkigen Himmel. Auch diesseits der Bahnlinie ist die Hochschule präsent. Das Atelier Ebenau gehört zum Institut für Architektur und gleicht beim Augenschein einem Bienenstock: Draussen wie drinnen wuseln Studierende und Lernende herum, sie tüfteln, diskutieren, planen und bauen.
Die Resultate werden in den nächsten Tagen an zwei Standorten öffentlich sicht- und erlebbar. In Luzern auf dem Inseli und in Emmenbrücke im Emmenpark bei der Hochschule Luzern Design, Film und Kunst wird bis im September je eine Holzkonstruktion stehen, die Schatten spendet und ein Ort der Begegnung sein soll. Der Clou: Im Herbst bauen neue Studierende und Lernende die Strukturen ab und transportieren sie wieder nach Horw, wo sie aus dem Holz für den Sommer 2026 neue Projekte fertigen. Das Projekt ist am 21. Februar dieses Jahres als «Circular Time Lab» gestartet und auf drei Jahre angelegt.
Ideen aus zwei Welten
Etwa 110 junge Menschen arbeiten in drei Hauptgruppen am Projekt: rund 100 Architekturstudierende des zweiten Semesters und zehn Lernende aus Holzbau-Betrieben aus der Region. Damit verbinden sich nicht nur Hochschule und Wirtschaft, auch der Ideenreichtum wird gefördert. Davon ist Sonja Geier überzeugt. Sie ist stellvertretende Leiterin des Kompetenzzentrums Typologie und Planung in Architektur der Hochschule Luzern. Und die Dozierenden des Ateliers berichten, wie gut Studierende und Lernende trotz oft einiger Jahre Altersunterschied zusammenarbeiten: «Zum Beispiel begeistern Architekturstudierende mit kühnen Entwürfen, während die Lernenden ihr Fachwissen über Material oder Werkzeuge einbringen.»
Dass das Holz künftig wiederverwendet wird, zieht sich quasi von der Wurzel bis zum Kronendach des Projekts durch: von der Handskizze über die CAD-Zeichnung und das Modell bis zum Element. Und von der Materialwahl über die Verbindungsmöglichkeiten bis zum Transport. Eine Stärkung dieses Kreislaufs stand denn auch am Ursprung des Projekts. Ludwig Peyer vertritt als Präsident des Verbands Luzerner Korporationen die grossen Waldeigentümer und hatte vor fünf Jahren als damaliger CVP-Kantonsrat ein Postulat eingereicht, mit dem er einen Strategie- und Massnahmenplan forderte. Der Vorstoss wurde im November 2021 erheblich erklärt. «Mit dem kleinsten Element aus diesem Plan gingen wir auf die Hochschule Luzern zu», sagt Michiel Fehr, stellvertretender Leiter der Abteilung Wald bei der kantonalen Dienststelle Landwirtschaft und Wald. «Dass das Projekt so gross geworden ist, freut mich sehr.»
Gemeinsames Projekt mehrerer Alpenländer
Tatsächlich finanziert auch der Bund das Projekt mit. Und das «Circular Time Lab» ist Teil eines internationalen Forschungsprojekts, in dem 13 Institutionen aus Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Slowenien und der Schweiz zusammenarbeiten. «Als Ergebnis entsteht ein gemeinsames Toolkit, welches sichtbare und greifbare Impulse setzen soll, um die Kreislaufwirtschaft zu fördern, regionale Wertschöpfungsketten zu stärken sowie neue Wertschöpfungssysteme aufzubauen», erläutert Sonja Geier.
Die jungen Menschen im Atelier fokussieren sich derweil auf ihre Aufgabe. Marco Roos zum Beispiel findet die Zusammenarbeit mit den Architekturstudierenden sehr spannend. Roos ist Lernender im dritten Lehrjahr bei der Dubach Holzbau AG in Hüswil. Sein Chef habe ihn auf das Projekt angesprochen. «Das ist schon eine coole Sache», sagt der angehende Zimmermann.
Auch Ronja Ziswiler, Architekturstudentin im zweiten Semester, schätzt das Arbeiten im Team und mit Lernenden sehr. Am Projekt nehme sie im Rahmen des Entwurfsmoduls Struktur des Bachelorstudiengangs Architektur teil. Als gelernte Schreinerin könne sie sowohl Inputs geben als auch von den anderen Teammitgliedern lernen. «Es ist schön, dass wir das Thema Kreislaufwirtschaft auf praktische Weise erfahren und daraus lernen können.»
Die Holzbaubetriebe steuerten nicht nur Lernende bei, sondern waren auch beim Material behilflich. Bereits benutzte Holzteile sorgten dafür, dass es auch die ersten Projektteilnehmenden nicht zu einfach hatten. «Von einer Scheune wurden grosse Elemente einer Decke angeliefert, die für die Wiederverwendung einige Herausforderungen mit sich brachten», sagt Pascal Wacker, als operativer Projektleiter vor Ort. Was daraus entstanden ist, kann die Öffentlichkeit erstmals diese Woche vom 10. bis zum 13. Juni erfahren. Dann sollten die letzten Teile vor Ort montiert werden.
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