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Luzern

Dieser Arzt einer Luzerner Notfallpraxis fährt für den Corona-Test zu den Patienten

Im Kampf gegen das Corona-Virus setzt das Permanence MedCenter im Bahnhof Luzern neu auf Hausbesuche – aus gutem Grund. Und in der Praxis in der Mall of Switzerland ist gar eine Triage-Station im Aufbau.
Ein Arzt der Permanence ist auf dem Weg zu einem Patienten, um den Corona-Test vor Ort durchzuführen.
((Bilder: Eveline Beerkircher, Luzern 19. März 2020))

Roman Hodel

Roman Hodel

Sie ist in dieser aussergewöhnlichen Zeit noch mehr gefragt als sonst schon: Die Notfallpraxis im Bahnhof Luzern. Allein bis zu 80 telefonische Konsultationen bewältigt das Permanence MedCenter momentan täglich – Tendenz steigend. «Unser Empfang ist komplett überlastet», sagt der ärztliche Leiter Dr. Clarence P. Davis. Es herrsche eine grosse Verunsicherung. «Viele Anrufer sind ängstlich, obwohl sie gemäss ihren Schilderungen medizinisch nichts zu befürchten haben – und wollen trotzdem möglichst rasch vorbeikommen», sagt er.

Bei Verdachtsfällen rate man den Patienten, bloss nicht mit dem ÖV zu kommen. Weil dies nicht immer möglich ist, bietet die Notfallpraxis in einem Umkreis von 20 Kilometern seit dieser Woche Hausbesuche an. Dabei untersucht das Team die Person vor Ort und schätzt ab, ob eine Spitaleinweisung nötig ist. Davis sagt:

«Ich schicke lieber meine mit Schutzmasken und Medikamenten voll ausgerüsteten Mitarbeiter zu jemandem, als dass diese Person zu uns kommt und unterwegs noch andere Leute mit dem Virus ansteckt.»

Denn weil viele Haus- und mobile Ärzte mangels Logistik und Ausrüstung keine Patienten mehr mit Atemweg-Erkrankungen behandeln, werde diese zwangsläufig an die Spitäler oder ans Permancence MedCenter verwiesen. «Es entspricht einem expliziten Wunsch des Kantonsarztes, dass diese Patienten möglichst zu uns kommen – die Spitäler haben sonst schon genug zu tun», so Davis.

Allerdings kann die Notfallpraxis im Bahnhof Luzern zurzeit nur maximal 30 Corona-Tests pro Tag durchführen. Gründe sind einerseits die überlasteten Labore – bis der Befund vorliegt, dauert es aktuell bis zu drei Tage - aber auch die Weisung des Bundesamts für Gesundheit, wonach Tests nur für Risikogruppen durchgeführt werden sollen. Davis hofft aber ohnehin, dass die vom Pharmakonzern Roche auf den Markt gebrachten Corona-Schnelltests (wir berichteten) möglichst rasch auch in der Schweiz anwendbar sind: «Nur wenn wir flächendeckend testen und die positiven Fälle isolieren können, lässt sich ein schnelles und massives Anschwellen der Anzahl Erkrankungen verhindern.»

Durchgeführt werden die Tests im Bahnhof Luzern in einem separaten Zimmer. Die Patienten erhalten beim Betreten der Praxis umgehend eine Atemschutzmaske. Im Zimmer dann folgt der Abstrich.

Nach dem Test wird der Raum desinfiziert. «Das Infektionsrisiko ist so auf ein Minimum reduziert», sagt Davis. Auch in der MedCenter-Praxis in der Mall of Switzerland in Ebikon werden in Kürze Corona-Tests durchgeführt. Hierfür hat man zwischen dem Einkaufszentrum und dem Kino-Komplex eigens einen Container aufgebaut. Darin richtet das MedCenter eine Triage-Station ein. Warum hier separat und im Bahnhof nicht? «Weil es sich in Ebikon um eine Hausarzt- und nicht um eine Notfallpraxis handelt – wir wollen dies betrieblich bewusst auseinander halten.» Wann die Triage-Station in Betrieb genommen wird, ist gemäss Davis noch offen:

«Eventuell nächste Woche – vorerst behandeln wir Corona-Patienten noch im Bahnhof.»

In die dortige Notfallpraxis kommen zwar mittlerweile bis zu 50 Prozent der Patienten wegen Atemweg-Erkrankungen, doch die Gesamtzahl pro Tag bewegt sich im tiefen dreistelligen Bereich. Normalbetrieb also, anders als im Februar: «Damals wurden wir mit den ersten Corona-Meldungen und der zeitgleichen Grippe-Welle quasi überrannt», sagt Davis. Die Patienten seien Schlange gestanden, das Personal extrem gefordert gewesen. Dank genügend Informationen seitens Bund und dessen Empfehlung, nicht aus dem Haus zu gehen, habe sich die Lage beruhigt. Doch Davis ist klar, dass die grosse Bewährungsprobe erst bevorsteht: «Wir rechnen erst in ein paar Wochen mit dem Maximum an Patienten.» Was das bedeuten wird, kann niemand wirklich abschätzen.

Laut Davis könnte es beispielsweise eng werden beim Personal: «Zwar tragen alle Atemschutzmasken bei der Arbeit, im Labor sogar Schutzanzüge – dennoch bleibt ein Restrisiko, sich anzustecken.» Bis jetzt sei zum Glück aber niemand der über 80 Mitarbeitenden infiziert worden. Er stellt in seinem Team eine grosse Bereitschaft fest, Überdurchschnittliches zu leisten. «Die Kooperation und der Wille, sich einzusetzen, sind enorm.» Und das macht ihm Mut. Noch immer ist die Hoffnung da, dass in der Schweiz keine Szenen drohen wie in Italien. Doch dafür braucht es gemäss Davis die Solidarität von allen:

«Leider haben zu viele Leute den Ernst der Lage immer noch nicht begriffen. Daher hoffe ich, dass die Massnahmen des Bundes unbedingt verschärft durchgesetzt werden und bei jedem Einzelnen ankommen.»

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