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Luzern

Diese Lernenden zwangen ihren Chef, eine Regel zu brechen und beide einzustellen

Jasmin Ramseier und Fabrice Meyer haben ihre Lehre in einer Werkstatt bei Grosswangen angetreten. Für den Betrieb sind sie ein Glücksfall.
Jasmin Ramseier und Fabrice Meyer an ihrem Arbeitsplatz in Grosswangen. 
(Bild: Dominik Wunderli, 11. August 2020)

Roger Rüegger

Sie haben sich einen top Arbeitsplatz ausgesucht: Jasmin Ramseier (16) und Fabrice Meyer (15) sind von der Sonne geschützt, wenn sie unter Autos Ölwechsel vornehmen oder Arbeiten am Auspuff erledigen.

Am 3. August haben die Ettiswilerin Automobil-Fachfrau und der Grosswangner Automobil-Mechatroniker bei Auto Mehri in Grosswangen die Lehre begonnen. Nach der Übergabe des Werkzeugboys durften sie bereits Arbeiten an Fahrzeugen vornehmen.

Gemeinsam mit Werkstattleiter Herbert Huber und Mechaniker Roger Krieger führen die neuen Berufsleute Wartungen und Reparaturen aus. «Die beiden machen sich gut. Sie sind interessiert. Als sie in den Schulferien ein paar Tage reinschauten, bewiesen sie, dass hier der richtige Ort für sie ist. Sie stellten Fragen bei Unklarheiten und es war nicht nötig, ihnen jeden Handgriff zu erklären», sagt Huber. Beide hätten das Flair für einen Garagenbetrieb.

Jasmin und auch Fabrice wollten in die Automobilbranche. Die Frau machte sich in vier Autogaragen ein Bild. Aber auch als Fachfrau Betreuung im Bereich der Kinderbetreuung verschaffte sie sich einen Einblick. «Eine meiner drei Schwestern wollte, dass ich mich auch über typische Frauenberufe informiere. Mein Interesse wurde aber nicht geweckt», sagt sie lächelnd. Zudem schnupperte sie in zwei Schreinerbetrieben. Aber auch hier war sie mässig begeistert: «Das ist kein Beruf für mich. Interessant und ein schönes Handwerk, die Anforderungen für eine Person meiner Statur sind jedoch zu hoch», so ihr ehrliches Fazit.

Ebenfalls neugierig war sie, wie es in einer Landmaschinenwerkstatt zugeht. Die Arbeiten wären nach ihrem Geschmack, doch gilt es noch häufiger als bei Schreinern, kräftig anzupacken und schwere Teile zur Hand zu nehmen. Dass sie ein Handwerk lernen wird, lag aber auf der Hand. Wenn ihr Vater zu Hause ein Bauprojekt startet, steht ihm Jasmin zur Seite. «Er ermutigte mich, eine Lehre zu wählen, die mir zusagt und Weiterbildungsmöglichkeiten bietet. So ist denkbar, dass ich nach der dreijährigen Lehre eine zweijährige Zusatzlehre als Automobil-Mechatronikerin absolviere.»

Ausnahmsweise mit beiden Vertrag abgeschlossen

Arbeitskollege Fabrice hatte noch konkretere Vorstellungen. Er schnupperte nur in zwei Garagen, bevor er bei Auto Mehri anklopfte. «Für mich stand Automobil-Mechatroniker fest. Es ging nur darum, wo ich die Lehre antrete. Ich war in einem Grossbetrieb, das war zwar gut, doch hier fühle ich mich wohl. Man hat Kontakt mit Kunden. Das passt», sagt er selbstbewusst.

Dabei wollte Marco Mehri, der seit 1. Mai neuer Geschäftsführer ist, nur einen Lehrling einstellen. «Wir bilden in der Regel nur einen aus. Erst im Abschlussjahr tritt ein neuer Auszubildender die Nachfolge an. Doch bei Jasmin und Fabrice war ich fast gezwungen, die Regel zu brechen, weil beide einen sehr guten Eindruck hinterliessen. So haben wir mit beiden einen Lehrvertrag abgeschlossen. Es sind meine ersten Lehrlinge, ich freue mich auf die Zeit mit ihnen.» In der Branche sei es schwierig, geeignete Leute zu finden.

«Es ist ein Glücksfall, zwei zu haben, die einander ergänzen und bei denen man den Eindruck hat, dass sie es durchziehen.»

Mehris Situation und seine Einstellung gefallen Olivier Maeder, Geschäftsleiter Auto Gewerbe Verband Schweiz (AGVS). «Schön, dass der Garagist so entschieden hat. Er kann sich glücklich schätzen, denn der Wettbewerb um motivierte Lernende, die entsprechende Fähigkeiten mitbringen, ist gross. Die Ansprüche an sie werden mit der Weiterentwicklung der Technik und der Antriebstechnologie immer höher. Besonders bei der vierjährigen Ausbildung in technischen Berufen werden in der Berufsschule hohe Anforderungen gestellt. Die Gymnasien sind deshalb grosse Mitbewerber, wie auch die Berufe Informatiker und Polymechaniker», betont er.

Die Fachkräftesituation in den technischen Berufen der Automobilbranche, neben Mechatroniker und Fachmann zählt auch der Automobil-Assistent dazu, sei in den letzten Jahren schweizweit konstant geblieben. Die angestrebte Zahl, um den Fachkräftebedarf längerfristig abzudecken, liegt gemäss AGVS bei 3000 neuen Lehrverträgen jährlich, wovon rund 350 der Lehrverhältnisse Detailhandelsfachleute und Kaufleute sind.

Im Kanton Luzern sind noch 28 Lehrstellen für 2020 unbesetzt

Die Lehreintritte in die drei technischen Berufe liegen auf dem angestrebten Niveau. Pro Jahr treten 2650 Leute eine technische Ausbildung an. Davon melden sich 2400 zur Lehrabschlussprüfung an, rund 2100 bestehen diese.

Angehende Berufsleute können sich mit einem Eignungstest des AGVS im Ausbildungszentrum in Horw ein Bild machen. «Anhand dieses Tests weiss man ziemlich genau, was der Beruf mit sich bringt», betont Maeder. In diesem Jahr sei die Automobilbranche trotz Corona mit einem blauen Auge davongekommen. Im Kanton Luzern sind für 2020 in technischen Automobilberufen 28 Lehrstellen unbesetzt.

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