Für die Übersetzung des zweiten Romans «La Danse du Vilain» des kongolesisch-österreichischen Schriftstellers Fiston Mwanza Mujila erhielten Katharina Meyer und Lena Müller aus Deutschland im Jahr 2021 den Anerkennungspreis des Zuger Übersetzer-Stipendiums. Im Vorfeld der Anlässe vom 24. und 25. März haben wir mit den beiden ein Interview geführt.
Die Zuger Übersetzer-Gespräche
Der Verein «Zuger Übersetzer» setzt sich für die Kunst und Kultur der Übersetzung ein, wie auf seiner Website geschrieben steht. Er organisiert die regelmässig stattfindenden Übersetzer-Gespräche mit namhaften Übersetzerinnen und Übersetzern der deutschen Literaturszene, sowie mit den Autorinnen und Autoren der übersetzten Bücher.
Auch wird vom Verein das Zuger Übersetzer-Stipendium vergeben. Dieses ermöglicht die «herausragende Übersetzung literarisch und kulturell bedeutender Werke». Es wird alle zwei Jahre vergeben und ist laut dem Verein mit 50'000 Franken Preisgeld der höchstdotierte Übersetzerpreis im deutschsprachigen Raum. (gy)
Worin besteht die Faszination des Übersetzens?
Katharina Meyer: Das Faszinierende ist das Eintauchen in eine andere Perspektive, die es erlaubt, die Welt mit anderen Augen zu sehen und sich auf diese Sichtweise einzulassen. Anders als beim Lesen ist man dabei aktiver am Schaffungsprozess beteiligt. Ich übersetze aus dem Spanischen, Französischen und Englischen.
Kommen Autor oder Verlag zu ihnen? Und kannten Sie Fiston Mwanza Mujila schon vorher?
Meyer: Meist treten Verlage an uns heran. Oft wissen die Lektoren schon aus vorherigen Projekten, welche Texte einem liegen, wobei ich gerne neue Herausforderungen annehme. Ich bin durch eine Anfrage auf den Autor Mujila gestossen. Bei ihm fasziniert mich das Spiel mit der Sprache, die Wortneuschöpfungen oder die Auflehnung gegen althergebrachte Konventionen, die ihre Gültigkeit verloren haben, um dann zu sehen, wie ich das im Deutschen nachbilden kann.
Wie haben Sie zu zweit den Roman «Tanz der Teufel» übersetzt?
Meyer: Wir haben beide zirka vier Monate an der Übersetzung gearbeitet, je nach Phase jede alleine oder gemeinsam an der Überarbeitung. Für «Tanz der Teufel» haben wir die Kapitel im Wechsel aufgeteilt und uns dann gegenseitig lektoriert. In der dritten Phase arbeiten wir am Klang, an den Dialogen und schwierigen Passagen und hören erst auf, wenn beide zufrieden sind, was oft anstrengend, aber auch sehr lustig sein kann.
Was war schwierig beim Text Mujilas, wo Schauplätze, Figuren und Textformen wechseln?
Meyer: Die vielen Querverweise zu politischen und historischen Hintergründen, Filmzitate und Literaturverweise waren Fluch und Segen. Eine grosse Hilfe erfahren wir durch Literatur, Berichte und natürlich den Autor selbst.
Lena Müller: Ja, «Tanz der Teufel» ist sehr experimentell. Der Autor nutzt das Repertoire der historisch-literarischen Avantgarde. Darauf müssen wir uns einlassen, müssen mit dem Text mitgehen, nicht glätten und erklären, was mein erster Impuls sein kann. Sein Text hat einen unverkennbaren Sound, das Wortspielerische, Exzessive, Rhythmische, der eigenwillige Umgang mit der französischen Standardsprache, eine Doppelbödigkeit und ein Spott, die sich oft sprachlich zeigen. Da ist auch ein Sinn für Drastik in der Komik. Mitunter tüfteln wir lange an einem einzigen Wort.
Der südafrikanische Jazz spielt im Roman eine Rolle.
Müller: Im Text kommen zwei Musikstile vor, der kongolesische Rumba und der Jazz, um erzählerisch mitreissend zu sein. Insgesamt ist es ein Text, der sich eher erleben als verstehen lässt, was auch auf Musik zutrifft.
Wie genau übersetzen Sie, der Text soll ja authentisch bleiben?
Müller: Wir fühlen eine grosse Verantwortung nah am Original zu bleiben. Das kann unterschiedlich sein. Wir müssen uns fragen: Was genau macht die Wirkung dieses Satzes aus? Wie können wir die Spannung im deutschen Satz «nachbauen»? Die deutsche Sprache ist unser Instrument, das wir mit den Möglichkeiten genau kennen müssen, um eine neue Fassung des Textes zu schaffen, die im besten Fall dieselbe Wirkung erzielt.
Wie wichtig ist das Lernen einer fremden Sprache?
Müller: Ich habe den Eindruck, dass die Mehrsprachigkeit heute für viele Kinder schon von klein auf zur Realität gehört. Natürlich macht das niemanden automatisch zur literarischen Übersetzerin, doch sie erweitert die Weltsicht und den Erfahrungsschatz.
Dank Übersetzung wird Literatur aus anderen Kulturen in den Westen transportiert.
Müller: Ja, ich denke, Übersetzungen literarischer Werke ins Deutsche leisten eine Art Entwicklungshilfe hier im Westen. Sie ermöglichen der hiesigen Leserschaft – und auch den Übersetzerinnen – zumindest für die Dauer des Romans die eigene begrenzte Sichtweise auf die Welt zu erweitern. Literarische Werke eignen sich dafür besonders, weil man so Zugang zu den Lebensrealitäten und Gefühlswelten anderer Menschen erhält. Diese Erweiterung des eigenen Erlebens ist ein grosses Glück.
Die Übersetzergespräche finden an zwei Tagen statt. Am Freitag, 24. März, 20 Uhr, in der Bibliothek Zug: Der kongolesisch-österreichische Schriftsteller Fiston Mwanza Mujila liest aus dem Roman «Tanz der Teufel», untermalt vom Saxofonisten Patrick Dunst. Und am Samstag, 25. März, 10.30 Uhr, Rathaus Zug: Katharina Meyer und Lena Müller sprechen mit Georg Gerber zum Thema «Die Übersetzung zum Klingen bringen».
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