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Zug

Der Yacht-Club Zug will sich öffnen: Ein eigenes Boot ist zum Segeln nicht mehr nötig

Eine abendliche Ausfahrt mit dem grössten Segelclub im Kanton zeigt, wie es sich anfühlt, nur mit Windkraft über das Wasser zu gleiten.
Am Segeln auf ihrem Boot «Stellaluna»: Yacht-Club-Mitglieder Claudia Streuli und Beat Stocker. (Bild: Stefan Kaiser (Zug, 19. August 2020))
Segeln auf ihrem Boot «Stellaluna»: Yacht-Club-Mitglieder Claudia Streuli und Beat Stocker. (Bild: Stefan Kaiser (Zug, 19. August 2020))
Beat Stocker installiert den Genacker.  (Stefan Kaiser (zuger Zeitung) / Zuger Zeitung)

Fabian Gubser

Fabian Gubser

Fabian Gubser

Braucht man ein eigenes Boot, um segeln zu können? Was hat der Zuger See für Eigenheiten? Um diese Fragen zu klären, steigt man am besten bei solchen ins Boot, die sich auskennen – etwa den Seglerinnen und Segler vom Yacht-Club Zug.

Beim Auslaufen im Zuger Hafen herrscht gefühlt fast Windstille. Ob Kapitän und Regatta-Chef Beat Stocker jetzt den Elektromotor anwirft? «Sicher nicht», sagt dieser und lacht, «das wäre eine Niederlage!» Stocker gibt stattdessen das Kommando zum Schaukeln. Alle fünf Personen an Bord verlagern das Gewicht abwechselnd von Steuerbord (rechts) nach Backbord (links), «Ballett auf dem See» nennt Stocker das. Durch die Wiegebewegungen lässt sich der schwere, tiefe Kiel als eine Art Unterwasser-Ruder nutzen. Schwer vorstellbar, aber es funktioniert: Wie von Geisterhand bewegt sich das Sieben-Meter-Schiff gemächlich aus dem Hafen.

Segeln trotz gefühlter Windstille

Am Ruder steht Claudia Streuli, Clubpräsidentin und Partnerin von Beat Stocker. Sie achtet beim Steuern unter anderem auf die winzigen, roten und blauen Fäden, die an der Fock (das vordere Segel) befestigt sind. An Details, wie etwa an der Beschaffenheit der Wasseroberfläche erkennen die beiden Veränderungen im Wind und reagieren sofort: Es dauert jeweils nur einen beschäftigten Augenblick mit zackigen Kommandos und gekonnten Handgriffen, bis die «Stellaluna» in wohltuender Stille und mit eleganter Leichtigkeit über das Wasser gleitet.

Wieso segeln? «Das Spiel mit dem Wasser und sich mit dem Wind vorwärts zu bewegen – das fasziniert mich und bedeutet für mich ein Ausgleich zu meinem Bürojob», sagt Streuli. Stocker hingegen begeistert vor allem das Regattasegeln: «Ich bin eher der Wettkampftyp.» Ende September organisiert er etwa den Regio Cup, bei dem sich zirka 80 verschiedene Junioren-Boote miteinander messen. Es sei nur schon eine Kunst, zur richtigen Zeit mit der richtigen Geschwindigkeit über die Startlinie zu fahren, sagt Stocker. Aber auch er schätzt es, beim Segeln abzuschalten: «Die Sorgen bleiben an Land.»

Das eigene Boot ist nicht mehr nötig

Vor einigen Jahren hatte der Yacht-Club Zug – wie laut Streuli die meisten Segelclubs – selbst Sorgen: Die Mitgliederzahl nahm stetig ab. Unter dem ehemaligen Präsident Wolfgang Hass reagierte man darauf mit zwei Massnahmen: Erstens war der Club 2015 Mitbegründer einer Meisterschaft der besten Schweizer Segelclubs, der Swiss Sailing League, um «anspruchsvolles Regattasegeln zu fördern».

Zweitens wurde mit Hilfe von Sponsoren der sogenannte Jollenpool aufgebaut. So stehen heute vier mittelgrosse Segelboote allen Mitgliedern kostenlos zur Verfügung. Ein Novum in der Segelwelt, in der traditionell jeder sein eigenes Boot fährt. Günstig sind diese nicht, so kostet ein mittelgrosses Segelschiff für zwei bis vier Personen ungefähr 10'000 Franken. Gleichzeitig wurde für die Ausbildung die clubeigene Flotte mit rund zehn neuen Junioren-Booten verjüngt. «Wer segeln möchte, braucht bei uns kein eigenes Boot und keinen der raren Liegeplätze», hält Streuli fest.

Die Massnahmen haben laut Streuli gewirkt: Der Club zählt heute 480 Mitglieder, davon etwa 100 Aktive. 2015 waren es zwar gleich viele Mitglieder, jedoch in einer «deutlich anderen» Altersstruktur. Heute lernen 32 Junioren in fünf verschiedenen Klassen das Segeln. Geschätzte 80 Prozent der Aktiven besitzen ein eigenes Boot.

Streuli ist es wichtig, zu betonen, dass die Atmosphäre im Yacht-Club familiär und nicht elitär sei. Sie hebt weiter den hohen Stellenwert des Zusammenseins heraus – wie etwa beim Kochen im Vereinshaus. Auch das sogenannte Götti-Prinzip gibt es seit zehn Jahren nicht mehr: Früher musste man von jemandem aus dem Yacht-Club persönlich zur Aufnahme vorgeschlagen worden sein – neben dem eigenen Boot und den knappen Liegeplätzen war das eine weitere Einstiegshürde.

Die Gebühr für die Mitgliedschaft ist moderat

Der Yacht-Club Zug will sich also öffnen. Offenbar zeigen die Massnahmen erste Erfolge. Allerdings lässt sich nicht leugnen, dass das Segeln nicht eine breite Bevölkerungsgruppe anspricht. So arbeiten alle Mitglieder, die an der Ausfahrt der «Stellaluna» teilnahmen, in Kaderpositionen. Die Jahresgebühr des Yacht-Clubs ist aber moderat – sie beträgt 300 Franken – die einmalige Aufnahmegebühr kostet 750 Franken.

Der Ausflug neigt sich dem Ende zu – mit dem gesetzten Genacker (ein dreieckiges Vorsegel) zielt Claudia Streuli Richtung Hafen. Im Zickzackkurs hält sie auf ihren Anlegeplatz und vollbringt eine Punktlandung. Schade, dass die Ausfahrt schon vorbei ist.

Segelinteressierte melden sich auf www.yczug.chfür eine Schnupperfahrt. Diesen Samstag führt der Yacht Club Zug von 10:30 bis 21 Uhr eine Regatta durch: den zweiten Laser Bahia Cup.

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