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Sprachregelung

Der Genderstern bleibt in Emmen tabu

Die Gemeinde Emmen will auch künftig nicht in Gendersprache kommunizieren. Dies im Unterschied zur Stadt Luzern.

Wer in der Stadt Luzern lebt und einen Brief mit der Anrede «sehr geehrte*r Karl Meier» erhält, wird vielleicht etwas staunen. Denn bis vor kurzem wäre eine solche Anrede nicht erlaubt gewesen. Doch per 1. September hat die Stadtverwaltung ihre Schreibweise angepasst . Diese erlaubt neu die Verwendung des Gendersterns. Zudem sollen die Begriffe «Frau» oder «Herr» in der direkten Kommunikation möglichst vermieden werden. Damit sollen auch diejenigen Menschen angesprochen werden, die sich nicht eindeutig einem Geschlecht zugeordnet fühlen.

Ähnliche Schreibregeln gelten seit 2022 auch in der Stadt Zürich. Möglicherweise werden sie aber wieder rückgängig gemacht: Das fordert die Volksinitiative «Tschüss Genderstern» , über die am 24. November abgestimmt wird.

In der Region Luzern ist die Stadt Luzern mit ihrer Praxis bisher die Ausnahme. In der Gemeinde Emmen etwa ist der Genderstern kein Thema. Das schreibt der Gemeinderat in seiner Antwort auf eine Motion der bürgerlichen Parteien . Mitte, FDP und SVP hatten ein Verbot der Gendersprache in allen offiziellen Dokumenten der Gemeinde gefordert. Das Verbot sollte in der Gemeindeordnung festgeschrieben werden.

«Genderzeichen schaffen neue Barrieren»

Doch ein solches Verbot sei gar nicht nötig, betont der Gemeinderat. Denn man habe schon bisher auf Genderstern und Co. verzichtet und werde daran auch nichts ändern. Zwar sei es dem Gemeinderat wichtig, «alle Personen unabhängig ihrer Geschlechtsidentität gleich zu behandeln und diskriminierungsfrei zu kommunizieren». Doch Genderstern, Unterstrich oder Doppelpunkt seien dafür kein geeignetes Mittel. Vielmehr seien diese Schreibweisen verwirrend und erschwerten die Lesbarkeit von Texten. Sie könnten sogar kontraproduktiv wirken, befürchtet der Gemeinderat: «Mit Genderzeichen wird zwar Inklusion beabsichtigt, faktisch schaffen diese Schriftzeichen aber neue Barrieren», so der Gemeinderat.

Die Gemeinde Emmen hat im Frühling 2024 ihre Richtlinien für die sprachliche Kommunikation aktualisiert. Dort seien aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen berücksichtigt – namentlich auch zum Thema Geschlechtsidentitäten.

«Bürger/-innen» ist erlaubt

Emmen orientiert sich dabei am «Leitfaden zum geschlechtergerechten Formulieren» des Bundes. Diese empfiehlt die Verwendung von Paarformen (Bürgerinnen und Bürger) oder von neutralen Begriffen (Gäste, Fachleute, Bevölkerung). Sonderzeichen (Bürger*innen, Bürger:innen, Bürger_innen) sind hingegen nicht zulässig. Einzige Ausnahme ist der Schrägstrich (Bürger/-innen) in Kurztexten wie Formularen oder Tabellen.

Der Emmer Gemeinderat lehnt die Motion von Mitte, FDP und SVP aber trotzdem ab, da sie ihm zu weit geht. Ein Verbot der Gendersprache in der Gemeindeordnung festzuschreiben, wäre «unverhältnismässig», findet der Gemeinderat. Dies auch deshalb, weil jede Änderung der Gemeindeordnung eine Volksabstimmung bedeuten würde. Zudem wolle man für künftige Entwicklungen flexibel bleiben: «Der Gemeinderat verfolgt die Sprach- und Schreibentwicklungen laufend», heisst es dort. Sollte sich eines Tages ein breiter Konsens über eine bestimmte Schreibweise etablieren, müssten wohl auch in Emmen die Regeln angepasst werden.

Übrigens: Dass die Gemeinde Emmen zu hundert Prozent auf Sonderzeichen verzichtet, wie der Gemeinderat suggeriert, stimmt nicht ganz: Im Dezember 2023 erhielten die Mitglieder des Einwohnerrats nämlich ein Schreiben der Gemeinde, in dem unter anderem von «Besucher:innen» die Rede war. Dieses Schreiben war denn auch der Auslöser für die Motion für ein Gendersprachen-Verbot.

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