Die Aula der Kantonsschule Alpenquai war am Mittwochnachmittag voll besetzt. Die Schülerinnen und Schüler der bilingualen Klasse G23n hatten als diesjährigen Bili-Event eine Podiumsdiskussion zum Thema Menschenrechte organisiert. Zu Gast war Helen Keller, Professorin für Völkerrecht an der Universität Zürich. Keller war 2011 bis 2020 Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und von 2006 bis 2011 Mitglied im Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen.
Das «Human Rights»-Podium wurde komplett auf Englisch geführt. Mit dem Bili-Programm führt die Kanti Alpenquai seit 2002 einen der grössten zweisprachigen Lehrgänge schweizweit – in den Bili-Klassen wird auf Englisch und Deutsch unterrichtet. Der Bili-Event findet seit 2008 jährlich statt.
Die Schülerinnen und Schüler folgten dem rund 90-minütigen Podium gebannt. Keller beantwortete etliche Fragen – was denn ein Menschenrecht ausmache, zum Beispiel. «Man muss es sich nicht verdienen, man hat es von Geburt an», so die Rechtswissenschafterin. Daraufhin weitere Fragen – wie ist die Situation in der Schweiz? Man sei hierzulande privilegiert, meinte Keller. Bei genauerem Hinschauen täten sich aber auch hier Verstösse auf – etwa bei den fehlenden Rechten von Migranten. Schlussendlich gebe es kein Land, das vor Menschenrechtsverstössen komplett gefeit sei.
Digitalisierung und Klima als Herausforderungen
Die Diskussion verlagerte sich auf aktuelle Themen. Keller wies auf die Bedeutung des Datenschutzes hin: «Die Bedrohung geht dabei weniger von staatlichen Behörden aus als von grossen Unternehmen.» Besonders junge Menschen seien sich oft nicht bewusst, welche Daten über sie gesammelt und verwertet werden. Die Digitalisierung führe ausserdem dazu, dass viel Fehlinformation verbreitet werde und gerade junge Menschen in einseitigen Informations-Filterblasen feststeckten. Das sei gefährlich für den demokratischen Meinungsbildungsprozess und damit auch für die Erhaltung von Menschenrechten, befand Keller.
Gegen Ende der Veranstaltung kam natürlich auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall der «Klimaseniorinnen» zur Sprache, zu welchem Keller als Expertin in vielen Medienberichten in Erscheinung getreten war. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte befand vergangenes Jahr, dass die Schweiz durch unzureichende Klimaschutzmassnahmen die Europäische Menschenrechtskonvention verletzt hat.
Keller erklärte, dass das Urteil ein bedeutender Schritt sei, um die Verbindung zwischen Menschenrechten und Klimaschutz rechtlich zu verankern. «Das Urteil ist historisch» – und es sei richtungsweisend für weitere Klimaklagen. Die vielen negativen Reaktionen aus der Schweizer Polit- und Medienlandschaft stimmten sie derweil traurig, der Umgang mit dem Urteil sei «trotzig». Die Schweiz hat als Folge des Urteils bis September Zeit, dem Ministerkomitee des Europarats Details zu ihrer Klimastrategie vorzulegen. Keller schloss das Podium mit einer Botschaft an die jungen Zuhörerinnen und Zuhörer: «Setzt euch für Menschenrechte ein, wo ihr nur könnt!»
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