Romano Cuonz
«Halt, halt, nachem Froiwä- streik im ganzä Schwiizerland han ich jetz d Zigel ganz fescht i der Hand», unterbricht das Giswiler Wildwiib seinen Wildmaa, als dieser – wie es normalerweise der Brauch ist – die Hunderte Älpler und Gäste zu den Sprüchen begrüssen will. Und was sagt der Wildmaa dazu? Der Alte mit dem zottig weissen Gewand und dem Fuchsfell über seiner ziemlich furchterregenden Holzmaske lässt sie gewähren. Selbst wie seine Alte auch noch mit dem erstmals amtierenden, rassigen jungen Älplervater Joe Berchtold zu flirten beginnt, bleibt der Wilde erstaunlich gelassen. Sein versöhnlicher Kommentar: «Am beschtä gad äs midenand, vergiss doch dä Triibel, ich bi de di Maa!»
Und so sagen denn die beiden ihre, vom Sprichler Walti Zumstein überaus «trääf» verfassten Sprüche, zwar stets ein bisschen zänkisch, aber halt doch in harmonischem Wechsel auf. Dies zum ganz grossen Gaudi der zahlreichen Älplerinnen, Älpler und Sennen, die am vergangenen Samstag in ihren schönsten Trachtenkleidern hergekommen sind. In Giswil stehen nämlich stets sie im Mittelpunkt des Geschehens. Und dies vor all den sonst so wichtigen Herren, die im Dorf jahrein, jahraus das Sagen haben.
Der Wildmaa verrät, warum bei der Jodlermesse die Glocke der Kapelle stumm bleibt: Drei Älplerinnen haben mit so viel Kraft am Glockenseil gezogen, dass dieses riss. Und da ist auch jene Serviertochter im Sörenberg, die das prallvolle Portemonnaie vorübergehend in der Abwaschmaschine versteckt, weil sie aufs Klo gehen muss. Dass sie es später vergisst und samt allem Geld wäscht, sorgt für riesiges Gelächter. Grosses Grinsen auch wegen jenes Älplerpaars, das in Sörenberg einkaufen geht und abends bei der Rückkehr vor der Wintersperre steht. Mit dem Vierziger-Jeep braucht es für die Rückkehr über Luzern gegen vier Stunden. Übrigens: Jede und jeder, der auf die Schippe genommen wird, erhält in Giswil von den Wilden gleich ein «Chräpfli» zum Trost! Apropos Gleichstellung: Auch den Spruch zum schönen, grossen Bratkäse, den der Ehrenprediger Beat Zellweger für seine bildreich illustrierten Worte erhält, darf das Wildwiib persönlich aufsagen. Und richtet an den beliebten Geistlichen, der vom fernen Bodensee an seine frühere Wirkungsstätte Giswil zurückkehrt, mahnende Worte: «Jedes Mal, wenn’d Chäs abschniidsch und ä Bitz tiosch ässä, so dänk a iis Giswiler zrugg und dio iis nid vergässä!»