notifications
Luzern

Frühe Sperrstunde ist bitter

Das erste Wochenende nach dem Lockdown. Wie bewältigen Bars und Pubs mit eher wenig Sitzplätzen die Situation? Wir haben drei Lokale besucht.
Gemütliche Feierabendrunde in Schötz.
(Bild: Boris Bürgisser (Schötz, 15. Mai 2020))
Wirt Bruno Steinmann im Schlössli Pub.
(Bild: Boris Bürgisser )
Die Bedienung Bess bedient zwei Stammgäste im Schlössli Pub in Schötz.
(Bild: Boris Bürgisser (15. Mai 2020))
Auch auf dem Stillen Örtchen gilt die Abstandsregel.
(Bild: Boris Bürgisser (Schötz 15.Mai 2020))
Die Tische in der Sunset Bar in Sursee sind mit Kunststoffglas unterteilt.
(Bild: Boris Bürgisser (15. Mai 2020))
Ruedi Stöckli, Präsident von Gastro Luzern 
(Bild: Roger Grütter (Meierskappel, 11. Mai 2020))
«Big Brother is watching you». Plakat im Schlössli Pub in Schötz.
(Bild: Boris Bürgisser (15. Mai 2020))

Roger Rüegger

 

Im Schlössli Pub in Schötz ist die Bartheke mit bordeauxroten Trennwänden aus Holz ausgestattet, farblich perfekt auf die Wände abgestimmt. Zwischen den provisorischen Schutzplatten sind Barhocker für vier Personen platziert. «Das ist wie ein Vierertisch, nur eben an der Theke. Die Gäste müssen sitzen und dürfen sich nicht vermischen. Wie vom Bundesrat verordnet», erklärt Bruno Steinmann, Inhaber des Pubs. Er freut sich, wieder Gäste begrüssen zu dürfen. Obwohl die Anzahl auf 48 beschränkt ist, wollte er rasch wieder öffnen.

Ob sich der eingeschränkte Betrieb rechnet, ist für ihn nicht der entscheidende Faktor. «Ich sehe es als Dienstleistung für die Gäste. 90 Prozent sind Stammgäste, die wollen wieder raus aus der Wohnung.»

Während er die Situation schildert, serviert die Bedienung Bess die Getränke und übergibt einem Gast die Liste, in die sich Besucher mit Namen, Telefonnummer und Uhrzeit ihres Besuchs eintragen können. Die Frau ist mit einer Schutzhaube aus Kunststoffglas ausgerüstet. «So schützen wir uns» steht darauf. Sie lächelt: «Die Haube ist nur Spass. Aber es passt zur Situation und den Gästen gefällts.»

Das Lokal ist gegen 17.30 Uhr mit rund 25 Leuten gut besucht. Steinmann aber meint: «Für einen Freitag ist die Frequenz eher schwach. Dafür wurde mir am Montag, dem ersten Tag der Lockerung, die Bude eingerannt.» Wochentags sei der Betrieb eher ruhig. Auch weil die Vereine derzeit nicht kämen.

Dafür kommt Stammgast Roland Wellinger regelmässig, am Freitag so gegen 18 Uhr. «Ich glaube, ich muss nächstes Mal eine Motorsäge mitnehmen und die Schutzwände anpassen», scherzt der Mann, bestellt eine Stange und sagt: «Schön, ame Fritig es Fürobebier z näh.» Im Lokal sitzt an diesem Abend auch Silvia Kaufmann, die ihre Schlagerbar in Rothenburg noch nicht öffnet. «Die Abstände kann ich im Lokal nicht einhalten. Die Bar ist wie ein Schlauch, zudem wird bei mir gesungen und getanzt.» Sie fügt an:

«Zum Sitzen kommt niemand in die Schlagerbar.»

Feierabend um 24 Uhr ist unsinnig und schadet

Standortwechsel: Sunset Bar in Sursee. Auch hier sitzen etliche Gäste bei Bier, Mineralwasser oder Kaffee. Die Besucherzahl ist auf 40 beschränkt. Die langen Holztische sind in der Mitte mit Trennwänden aus Kunststoffglas ausgestattet, so dass nur vier Personen pro Abteil Platz finden. Nock Meyer betreibt das Lokal seit 25 Jahren. «Wir versuchen die Auflagen des Bundesrates zu befolgen und umzusetzen was möglich ist. Die Gäste stört es nicht. Die wissen ja alle, worum es geht.»

Einer der Besucher meint: «Die Glasplatten sind zwar speziell. Die Lösung finde ich aber angebracht, es gibt ja kein richtig oder falsch.» Richtig sei aber, dass er wieder auswärts eins trinken könne. Was er vermisst, ist der Live-Sport, den die Sunset Bar jeweils überträgt. Dass die Bundesliga wieder läuft, interessiert den Mann aus Sursee nicht.

Andere Gäste aber schon, wie Meyer betont. «Es kommt gut. Nach und nach kehrt wieder Normalität ein. Dass wir aber bereits um 24 Uhr schliessen müssen, ist unsinnig. Der Umsatz in diesen Stunden fehlt extrem. Derzeit schreiben wir eine Nullrunde, aber ich lasse geöffnet, egal was kommt.»

«Man muss sich für den Schutz etwas einfallen lassen»

Optimistisch ist auch Tim Michel von der Bar Capitol in Luzern. Auch er hat Kunststoff-Vorrichtungen aufgebaut. Anders als in Schötz und in Sursee hat er den Tresen der Länge nach mit Klarsichtfolien versehen. Auch die Tische sind mit Kunststoff von den anderen separiert. Derzeit ist der Platz auf 22 Gäste beschränkt. Sonst bewegen sich rund 60 Personen im Capitol.

Der Bundesrat habe ihn mit der teilweisen Lockerung auf dem linken Fuss erwischt. «Ich konnte nicht öffnen am Montag, weil ich das Getränke-Sortiment vollständig abgeräumt hatte, um die Flaschen zu polieren und sie neu zu sortieren. Und ich musste zuerst die Schutzverkleidung beschaffen und montieren.»

Die Vorgaben umzusetzen habe ihn nicht gefordert. «Man muss sich etwas einfallen lassen. Die Massnahmen sind ja nicht übermenschlich.» Die Öffnungszeiten hat er vorübergehend nach hinten verschoben. Anstatt um 12 Uhr wird erst um 16 Uhr ausgeschenkt. Aber die Leute kommen. Immerhin. «Es besteht ein grosser Nachholbedarf, das ist spürbar», sagt Michel.

«Die Leute sind nervös»

Eine Bar oder ein Restaurant mit den vorgegebenen Schutzmassnahmen rentabel zu führen, ist laut Ruedi Stöckli Verbandspräsident von Gastro Luzern, für die meisten Unternehmer fast nicht möglich. «Die Situation ist sehr speziell und schwierig mit diesen Auflagen. Dies weil der Neustart nicht eins zu eins erfolgt, sondern nur eingeschränkt», sagt Stöckli, der den Landgasthof Strauss in Meierskappel führt.

Manche Betreiber würden ihre Lokale öffnen, obwohl es sich nicht rechne. «Aber es haben erstens alle Angst, dass sie den Zeitpunkt verpassen und zweitens haben die Leute jetzt zwei Monate keine Beschäftigung und keine Einnahmen gehabt, die werden nervös und wollen wieder zurück in den Betrieb. Man muss der Kundschaft auch zeigen, dass man wieder für sie da ist », so Stöckli. Zudem würden die Arbeitgeber eine grosse Verantwortung für ihre Mitarbeiter tragen, die man nicht länger im Ungewissen lassen kann.

Kommentare (0)