Matthias Piazza
Das Kantonsspital Obwalden, die Sarner Altersresidenz Am Schärme, die Klöster, das Polizeigebäude Foribach, das Berufs- und Weiterbildungszentrum Obwalden, fast alle Verwaltungsgebäude von Gemeinde Sarnen und Kanton und etwa 60 kleine Wohn- und Geschäftshäuser in Sarnen: Sie alle beziehen die Wärme fürs Heizen und fürs Warmwasser vom selben Ort. Vom Holzheizkraftwerk der Holz-Fernwärme Sarnen AG.
Seit gut zwei Jahren verbrennen grosse Öfen Holzschnitzel und erwärmen so Zirkulationswasser des rund 7,4 Kilometer langen Wärmeverbundes. Zuverlässig. Dafür sorgt Anlagewart Walter Dillier als gute Seele.
Dahinter stehen weiter ausgeklügelte Logistik und Hightech, wie ein Besuch vor Ort in der Nähe des Werkhofs Foribachs in Sarnen bei der Autobahnausfahrt Sarnen Nord zeigt.
Beim unscheinbaren dreizehn Meter hohen Holzbau könnte es sich auch um eine gewöhnliche Lagerhalle handeln. Doch hier erhebt sich ein Berg von Holzschnitzel. Sie sind der Brennstoff für die Heizzentrale im Innern.
Doch unter die Holzschnitzel mischen sich in kleinen Mengen auch Fremdkörper. Sei es ein Plastikteil oder ein angemaltes Holzstück. Der Grund: Nur rund 3000 Kubikmeter Holz kommen jährlich vom Wald der Sarner Korporation Freiteil oder der übrigen Obwaldner Korporationen des Schnitzelverbundes Obwalden. Die übrigen 13'000 Kubikmeter sind Altholz, beliefert von der Zimmermann Umweltlogistik AG in Alpnach. Es sind Überreste eines abgebrochenen Holzhauses oder eines entsorgten Möbels. «Der Obwaldner Wald würde genug Holz für unseren Wärmeverbund hergeben», sagt Peter Seiler, Geschäftsleitungsmitglied der von der Korporation Freiteil, Kanton und Gemeinde getragenen Holz-Fernwärme Sarnen AG. Seiler, der auch Sarner SVP-Kantonsrat ist, erklärt:
«Doch wir fanden, dass auch Obwaldner Altholz in der Region verwertet werden soll. Zudem hilft es uns, den Energieträger Holz konkurrenzfähig zu machen.»
Altholz aus dem eigenen Kanton
Die beiden Heizkessel wurden extra auf das Verbrennen von Altholz ausgelegt. Insbesondere sei die Filteranlage besser, da Altholz auch kleine Mengen Fremdstoffe enthalte. Nachteile wie der etwas höhere Verschmutzungsgrad würden durch den niedrigeren Feuchtigkeitsgehalt wettgemacht. Dieser betrage beim Altholz nur noch 12 Prozent, was als trocken gelte. Beim frischen Holz aus dem Wald könne dieser das Dreifache betragen. Peter Seiler ist sich bewusst, dass der Nachschub dieses Energielieferanten Schwankungen unterliegen kann. Das Lager, das rund 2500 Kubikmeter fasst, dient dabei als Puffer. Denn im Sommer fällt mehr Altholz an, das Holzheizkraftwerk läuft jedoch im Winter auf Hochtouren, wenn in den Wohnungen geheizt wird. Generell prognostiziert Peter Seiler einen Rückgang an Altholz, dies weil die Zahl der alten Holzhäuser, die abgebrochen werden, zurückgehe. «Dann würden wir kontinuierlich vermehrt auf Holz aus dem Wald zurückgreifen».
Auch im Sommer herrscht Betrieb im Holzheizkraftwerk, weil ja auch in dieser Jahreszeit Warmwasser gebraucht wird. Allerdings ist der grosse Kessel ausser Betrieb und der kleinere läuft etwas auf Sparflamme. Ein Blick ins Innere lohnt sich trotzdem. Flammen lodern und wandeln die Holzschnitzel, die die Anlage vom Lager zuliefert, spürbar in Hitze um. Das Wasser, das durch die Rohre im Ofen fliesst, wird zwischen 74 und 85 Grad heiss in die rund 7,4 Kilometer lange Fernwärmeleitung eingespeist. Bei den Wärmekunden fliesst nicht etwa dieses aufgeheizte Wasser durch die Hahnen und Rohrer der Heizkörper, wie Peter Seiler erklärt.
«Unser Wasser gibt die Wärme in einem Metall-Plattentauscher an den geschlossenen Kreislauf des zu beheizenden Hauses ab, eine Vermischung findet nicht statt.»
Ansonsten könnten Verunreinigungen wie Kalk oder rostiges Wasser das jeweils das jeweils andere System in Mitleidenschaft ziehen.
Rechnung gehe ökologisch und finanziell auf
Das Altholz wird geschreddert und sortiert, mit Lastwagen angeliefert, das Holzheizkraftwerk braucht nicht wenig Strom: Trotzdem spricht Peter Seiler von einer sehr guten Ökobilanz mit dem Brennstoff aus dem eigenen Kanton. Zudem würden Stickstoffdioxide durch das Eindüsen von Flüssigharnstoff in den Heizkessel minimiert. Und nach dem Verbrennen werde der Rauch einerseits durch ein Schleudersystem und andererseits durch einen Elektroabscheider von schädlichen Partikeln befreit. Die Asche werde danach staubfrei in der Deponie Cholwald in Ennetmoos eingebaut. Bleibt noch das CO2, das noch nicht herausgefiltert werden kann. Peter Seiler hält fest:
«Da der Baum zeit seines Lebens CO2 gebunden hat, funktioniert unsere Heizzentrale weitgehend CO2-neutral.»
Und mittelfristig könnte es gar technisch möglich werden, mittels einer CO2-Synthese das Treibhausgas ebenfalls herauszufiltern. Als nächster Schritt soll die Installation einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach geprüft werden, um zumindest einen Teil des eigenen Strombedarfs decken zu können.
Mit 94 angeschlossenen Liegenschaften ist der Verbund noch lange nicht an der Kapazitätsgrenze angelangt. 4,4 Megawatt Wärmeleistung fliessen zu Spitzenzeiten durch den Verbund, die Fernwärme-Hauptleitung wäre auf 12 Megawatt ausgelegt, hält Peter Seiler fest. Und falls die beiden Öfen an ihre Grenze kämen, könnte man einen dritten Ofen in die Heizhalle stellen. Das könnte dereinst nötig sein. So habe auch schon die Wohnsiedlung Bitzighofen ihr Interesse bekundet. Auch würden erste Gespräche laufen, um das Türlacher-Quartier mit Migros und Coop in Sarnen ans Netz zu nehmen.
Nach Ansicht von Peter Seiler lohne sich der Anschluss an den Wärmeverbund mit Vollkosten von rund 2500 bis 3000 Franken pro Jahr für einen Einfamilienhausbesitzer nicht nur ökologisch, sondern auch finanziell.
«Bei Mehrfamilienhäusern liegt die finanzielle Belastung pro Wohnung merklich tiefer.»
Hinweis: In der Sommerserie Energiepioniere stellen wir innovative Projekte in der Energiegewinnung und die Köpfe dahinter vor.