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Nidwalden

Aufbruch vor Abbruch: Dieses Haus ist der Star einer Ausstellung

Bevor die Bagger auffahren, organisieren vier Künstlerinnen und ein Künstler aus Beckenried und Buochs im alten Büro- und Wohngebäude bei der Ober Sagi 1 in Stansstad eine Ausstellung.
Das baufällige Büro- und Wohngebäude der Ober Sagi in Stansstad ist Ort der Ausstellung. (Bild: Rafael Schneuwly (Stansstad, 24. August 2022))
Rita Murer im Medienzimmer. (Bild: Rafael Schneuwly (Stansstad, 24. August 2022))
Marlis Flühler zeigt unter anderem Werke aus Schwemmholz. (Bild: Rafael Schneuwly (Stansstad, 24. August 2022))
Angelika Fuchs präsentiert das Material, das sie für ihre Kurse braucht. (Bild: Rafael Schneuwly (Stansstad, 24. August 2022))
Die Keramikerin Cécile Donzé. (Bild: Rafael Schneuwly (Stansstad, 24. August 2022))
Ein Bild von «Minò» Pietro Tignonsini. (Bild: Rafael Schneuwly (Stansstad, 24. August 2022))

Rafael Schneuwly

Rafael Schneuwly

Rafael Schneuwly

Rafael Schneuwly

Rafael Schneuwly

Rafael Schneuwly

Im Gespräch mit der Gruppe kam die Rede immer wieder auf das alte Gebäude. Rita Murer aus Buochs, die Initiantin der Ausstellung, war traurig: «Ein Haus abbrechen ist schmerzhaft, denn es ist ein Raum für Schutz und Wärme. Es ist eine letzte Ehrung, eine Art Abdankung.» Der Hintergrund: Einige Kunstschaffende errichten im alten Büro- und Wohngebäude der Murer Holzwerke AG in Stansstad eine Ausstellung, bevor das Haus abgerissen wird.

«Minò» Pietro Tignonsini aus Beckenried, der in einem ähnlich alten Haus lebt, sprach von spürbarer Energie, vom Hausgeist, und wünschte dem Haus zum Abschied eine schöne Symphonie.

Die Tage sind gezählt

Das Gebäude diente der Murer Holzwerke AG als Büro- und Wohngebäude, wo während vieler Jahre Angestellte mit ihren Familien lebten. Von aussen sieht das Haus baufällig aus, viele Fenster sind verschlossen, und die Balkone können nicht mehr benützt werden. Dank der Renovierungsarbeiten im Innern verströmen die Zimmer immer noch einen heimeligen Charme.

Besonders schön sind die beiden Kachelöfen mit den Ofenkammern, die nicht mehr in Betrieb sind und sich deshalb als Ausstellungsräume für kleine Figuren eignen. Anbetracht des bevorstehenden Abbruchs kann sich die Künstlergruppe einen Stilbruch erlauben und die Preise einfach an die Wand schreiben. Ein neues Haus ist nicht geplant, denn der Platz wird als Lager- und Parkplatz gebraucht.

Ausstellung ist eine Zeitreise

Rita Murer zeigt eine Retrospektive durch ihr langjähriges Schaffen. Einst inspiriert von Niki de Saint Phalle, nimmt uns die experimentierfreudige Künstlerin mit auf eine Zeitreise, mit Bildern in Flächengestaltung sowie mit kleinen und grossen Skulpturen. Ein spezieller Ort ist das Medienzimmer, wo eine Frauengestalt auf einem Stuhl sitzt und die Zeitung liest. Im gleichen Raum steht auch ein Turm aus hartgepressten Zeitungen, und an den Wänden hängen Collagen mit Bruchstücken aus verschiedenen Materialien.

Marlis Flühler stellte 2016 und 2019 Werke aus, die sie in Stansstad nun erneut zeigt: Büsten und Köpfe aus Pappmaché, Holz und Sagex sowie Blumencollagen auf Holz. Auch die Gesichter mit dem roten Mund fehlen nicht. In diesem Jahr sammelte die Buochserin viel Schwemmholz, das sie trocknete und mit Acryl bemalte. Die meisten dieser neuen Plastiken sind nicht figurativ; abgesehen von einem schwarzen Schuh und einem Holzstück mit einer goldenen Krone, das an einen Vogel erinnert und den Titel «König der Lüfte» trägt.

Unterrichten gewann mehr an Bedeutung

Als die Buochserin Angelika Fuchs vor vierzig Jahren begann, sich intensiv mit Kunst zu beschäftigen, hat sie sich in erster Linie kunsthandwerklich betätigt. Vor allem mit Bilderweben und mit Papierarbeiten. Heute malt sie mit Vorliebe Aquarelle und Acrylbilder und arbeitet gern mit der «Nass in Nass»-Technik. Einige Beispiele sind in Stansstad ausgestellt. Noch wichtiger als das eigene künstlerische Schaffen wurde das Unterrichten, das Weitergeben von angewandter Aquarelltechnik in Kursen.

Ein weiteres Spektrum der Kunst deckt Cécile Donzé mit ihrer Keramik ab. Im obersten Stock des Gebäudes zeigt sie unter anderem eine Gruppe von metallisch schimmernden Gegenständen, bei denen man eher an Metall als an Keramik denkt. Das Geheimnis ist die Glasur. Erst beim zweiten Brenndurchgang entwickelt diese die gewünschte Färbung. Deshalb nennt Cécile Donzé das Auftragen der farblosen Glasur vor dem Brennen «blind malen». Innovativ sind auch die Blumenbilder, die aus Keramikabfall hergestellt sind.

«Minò», Maler und Dichter aus Beckenried, offeriert den Besuchern in seinen Räumen eine Welt voller Farben, Musik und Gerüchen. Im «Blauen Zimmer» kreierte er eine Rauminstallation mit einem Glasschrank, auf dem «Bitte öffnen» steht. Die Besucherin wird gebeten, Platz in einem Stuhl vor dem Schrank zu nehmen und sich das Bild durch die offene Türe anzuschauen. In einem anderen Raum zitiert «Minò» Gedichte aus seinem Bildband «Liebeserklärung an Beckenried».

Rita Murer, Angelika Fuchs, Marlis Flühler, Cécile Donzé und «Minò» Pietro Tignonsini zeigen im alten Büro- und Wohnhaus bei der Ober Sagi in Stansstad vom 3. bis 18. September eine Auswahl ihrer Werke. Offen an Samstagen und Sonntagen von 11 bis 17 Uhr.

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