notifications
Aus dem Land Rover, Teil 10

«Arabien im Wandel und wir mittendurch»

Die Sarner Michi Eberli und Nadia Federspiel reisen mit ihrem Land Rover «Buddy» durch den Nahen Osten. Die Heimat kommt immer näher.
Michi Eberli und Nadia Federspiel in Hegra, Saudi-Arabien.
Bild: Michi Eberli und Nadia Federspiel

Auf der Strasse überholt uns ein Saudi, fährt auf gleicher Höhe und lässt die Scheibe runter. Wir sollen ihm folgen, es gäbe Mittagessen. Von einer Einladung zur nächsten kommt man nur schleichend durchs Land. Doch das macht nichts. Die Saudis freuen sich über Besuch aus dem Ausland. Jeder Vierte, der uns anspricht, war schon mal in Luzern und zeigt stolz Fotos mit Sonnenbrille vor dem Pilatus. Jaja, das Zuhause rückt näher. Aber nicht ohne eine letzte Tee-Einladung, Datteln und Wüstensand im Gepäck, welchen wir wahrscheinlich nie mehr loswerden.

Unglaublich, wie gross Saudi-Arabien ist, und dementsprechend hat es auch viel zu bieten. Von der Wüste geht es in Richtung Berge. Ja, dieses Land hat sogar Berge! Die Strassen führen uns auf über 2000 Meter hohe Pässe, die so steil und kurvig sind, dass wir oft im 1. und 2. Gang hoch- und runtertuckern. Auf dem Weg nach Norden passieren wir Mekka. Für Nichtmuslime ist diese heilige Stadt nicht zugänglich, aber aus der Ferne können wir einige Blicke auf die imposanten Minarette erhaschen.

Vor einigen Jahren noch undenkbar

In Dschidda angekommen, wollen wir wieder mal tauchen. Ein bisschen ausserhalb der Stadt finden wir den Jachthafen, dort ankert das Tauchboot von Jasser, unserem Tauchguide. Schulungen bietet er nicht an, zu mühsam, sagt er. Er nimmt uns mit zu einem Wrack und zu den Korallengärten. Zu unserem Erstaunen sind auf unserem Boot mehr Frauen als Männer, Kopftücher gibt es keine, und vom Islam ist nichts zu spüren.

Vor einigen Jahren wäre es noch undenkbar gewesen, dass Frauen mit fremden Männern unverschleiert auf einen Tauchgang gehen. Der 39-jährige Kronprinz und Premierminister Mohammed bin Salman will sein Land weiterentwickeln, weg vom verschlossenen muslimischen Land hin zu einer Metropole, die für alle Welt geöffnet ist. Doch nicht alles ist Gold, was glänzt. Die Natur leidet unter dem Bauboom von Protzbauten. Auch Gastarbeiter aus Indien oder Pakistan haben nur wenig Rechte und werden ausgebeutet. Trotzdem ist Saudi-Arabien für uns eine der grössten Überraschungen auf unserer Reise.

Jordanier erinnern mehr an Italiener

Im Norden des saudischen Königreichs liegt Jordanien. Wir machen einen Schritt über die Grenze, und es fühlt sich komplett anders an. Jordanien ist ein sehr offenes Land mit weitsichtiger Politik. Die Menschen hier erinnern mehr an Italiener als an ein Volk des Mittleren Ostens. Anstelle des traditionellen Qamis (der typisch weisse arabische Umhang) tragen viele Jeans oder kurze Hosen.

In der historischen Stadt Petra treffen wir den Taxifahrer und Fremdenführer Fayez, der seit über 30 Jahren Touristen durch die Felsenstadt führt und mit Leidenschaft die Geschichte dieses Ortes verbreitet. Wir verbringen drei Tage im magischen Reich der Nabatäer und haben noch lange nicht alles gesehen. Die Architektur und das Handwerk aus dem 5. Jahrhundert vor bis zum 3. Jahrhundert nach Christus ist bis heute eine Meisterleistung der Menschheit und lädt zum Träumen über längst vergangene Zeiten ein.

Ein paar Tage später baden wir im Toten Meer. Das Gefühl, auf dem Wasser zu schweben, ist unbeschreiblich. Man kann einfach nicht untergehen, abtauchen schon gar nicht, und wenn man das Wasser auf der Haut trocknen lässt, sieht man nach kurzer Zeit aus wie ein gesalzener Fisch.

Michi Eberli und Nadia Federspiel sind am Toten Meer in Jordanien angelangt.
Bild: Michi Eberli und Nadia Federspiel

Der Irak auf dem Weg zum Frieden

Der Südosten des Iraks ist noch nicht sicher, und so begleitet uns das Militär bis nach Bagdad. An den unzähligen Checkpoints werden wir an den jeweils nächsten Konvoi übergeben. Dass wir an den Stopps so viel Spass haben, hätten wir nicht gedacht. Die Militärs sind begeistert und freuen sich über unseren Besuch, der zeigt, dass der Irak auf bestem Weg zum lange ersehnten Frieden ist. Wir werden neugierig befragt: von wo wir kommen und wie wir reisen. Wir zeigen, wie wir im Buddy leben und öffnen unsere Türen. Auch Selfies mit uns sind immer wieder ein Muss, wir in kurzen Hosen, sie vollbepackt mit Munition und Sturmgewehren.

Ein junger Touristenführer erzählt uns, dass im Irak nur 10 Prozent der archäologischen Stätten ausgegraben wurden. In Babylon besichtigen wir den Hügel, wo angeblich der berühmte Turm stand, welcher bis zum Himmel ragen sollte. Davon ist nichts zu sehen, stattdessen finden wir dort die Villa des einstigen Diktators Saddam Hussein.

Unser Weg führt uns in den Norden, in Richtung Mosul. Leider machen wir einen Fehler und campieren auf halber Strecke wie fast immer wild. Noch bevor wir richtig eingeschlafen sind, werden wir mit lautem Geschrei und Warnschüssen aus unserem Fahrzeug befohlen und abgeführt.

….. Fortsetzung folgt.

Michi Eberli, gelernter Metallbaukonstrukteur, und Nadia Federspiel, Geologin, aus Sarnen, entdecken in ihrem umgebauten Land Rover Afrika und den Nahen Osten. Entlang der Westküste reisten sie bis ins südliche Afrika, entlang der Ostküste geht es in Richtung Heimat zurück. Die beiden berichten regelmässig von ihrer Reise.

Kommentare (0)