Andermatt wurde am Samstag, 22. November, zum Zentrum eines Elements, das alltäglich wirkt und doch unberechenbar bleibt. Rund 150 Personen aus mehreren Ländern folgten der Einladung von Gotthard-Connects zum internationalen Wassersymposium, wie der Verein Gotthard-Connects in einer Mitteilung schreibt. Alt Bundesrat Ueli Maurer eröffnete den Anlass und erinnerte daran, dass am Gotthard die grossen Ströme Europas entspringen. «Wir sind hier bei den Wurzeln unseres Landes, weil das wirklich die Wiege unseres Landes ist», wird er zitiert. Wasser verbinde Landschaften und Kulturen über Jahrhunderte hinweg. Die Schweiz trage Verantwortung, es sauber zu halten, «damit auch die Bewohner im Flachland davon profitieren können».
Während Maurer den historischen und politischen Rahmen setzte, sei im Programm bereits sichtbar geworden, wie breit das Element erforscht und interpretiert werde. Eine Virtual-Reality-Installation liess Besuchende «selbst Wasser sein», eine grosse Klangschale zeigte, wie Schwingungen Muster bilden, und «über 15 Aussteller präsentierten wissenschaftliche und praxisbezogene Zugänge», heisst es in der Mitteilung. Die Grundidee sei dabei konstant geblieben: Wasser lässt sich nicht nur messen, sondern auch erleben.
Experimente, Modelle und Perspektiven
In diese «offene Perspektive» fügte sich die Live-Demonstration der hängenden Wasserbrücke durch den Physiker Elmar Fuchs. Mittels elektrischer Spannung bildete sich ein schwebender Wasserfaden, der nach oben floss, spiralartige Strömungen zeigte und dennoch stabil blieb. Fuchs erklärte, Wasser entwickle hier Eigenschaften, «die normales Wasser nicht zeigt». Der Zustand wirkte weder eindeutig flüssig noch fest und machte sichtbar, wie stark sich das Element im Verbund anders verhält als im Einzelmolekül.
«Parallel dazu öffneten die Vorträge den Blick auf Strukturen, Grenzflächen und offene Fragen», heisst es weiter. Der US-Zellbiologe Gerald Pollack, der aufgrund eines Schlaganfalls nicht anreisen konnte, beschreibe in seiner Theorie einer «vierten Phase des Wassers» einen strukturierten Zustand an Grenzflächen. Rasmus Gaupp-Berghausen vertiefte, wie Wasser Energie aufnehmen, weitergeben und sich unter bestimmten Bedingungen neu organisieren könne. Die neuseeländische Forscherin Veda Austin zeigte in einem Interview ihre Kristallfotografien aus eingefrorenen Tropfen. Die klaren Strukturen lösten Staunen aus.
Im naturwissenschaftlichen Teil führte Prof. Dr. Rolf Kipfer (Eawag) durch die Anomalien des Wassers – von der enormen Wärmekapazität über die energieintensiven Phasenübergänge bis zur Dichteanomalie, die dafür sorgt, dass Eis schwimmt. Wasser habe seine höchste Dichte bei vier Grad, nicht bei null, und genau diese Ausnahme schütze Seen im Winter. Kipfer bezeichnete Wasser wegen seiner vielen Besonderheiten als «verrückt» und zeigte, wie eng Klima, Leben und physikalische Abweichungen miteinander verflochten seien.
Aus Österreich kam eine praktische Perspektive hinzu: Carl Waldstein stellte sein Projekt DesertGreener vor, das zeigt, wie Wasser degradierte Landschaften regenerieren kann, wenn traditionelle Methoden mit moderner Technologie verbunden werden. Damit wurde sichtbar, dass Wasser nicht nur erforscht, sondern gezielt gestaltet werden könne.
Zum Schluss blieb eine Einsicht, die alle Beiträge verband: Wasser sei weit weniger verstanden, als man meine. Am Symposium sei daran erinnert worden, dass bisher kein einzelnes H₂O-Molekül direkt gesehen wurde – ein Hinweis darauf, wie viel offenbleibe. Gemäss der Mitteilung wird der Anlass 2026 mit dem Fokus «Wasser und Gesundheit» weitergeführt. (zvg)





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