Mario Vassalli (15.03.1936–29.05.2025) wuchs in Zürich auf und besuchte ab 1948 die Stiftsschule in Engelberg. Hier wuchs nicht nur seine Verankerung im katholischen Glauben, sondern er lernte auch das Hochtal zu lieben und zu schätzen. Eine besondere Verbundenheit entwickelte er mit der dortigen Studentenverbindung GV Angelomontana, der er 1953 beigetreten war und die ihm später die Würde des Ehrenmitglieds verlieh. Nach Absolvierung der Matura 1956 studierte Mario Vassalli die Rechtswissenschaften an der Universität Zürich, wo er durch namhafte Professoren wie Zaccaria Giacometti oder Werner Kägi geprägt wurde. Parallel dazu engagierte er sich in der Studentenverbindung der AKV Kyburger, die in seinem Leben ebenfalls einen grossen Stellenwert einnahm. Unter seinem Studentennamen «Woyzeck» war er im ganzen Schweizerischen Studentenverein bekannt. Das Lizenziat der Rechte erwarb er 1960. Zwei Jahre später wurde er mit einer Dissertation im Zivilprozessrecht zum Doktor der Rechtswissenschaften promoviert.
Nach dem Studium begann Mario Vassalli seine Tätigkeit zunächst als Gerichtsschreiber am Bezirksgericht Zürich (1960-1962), als Untersuchungsrichter am Polizeirichteramt Zürich (1962-1964) und als Sekretär der Erziehungsdirektion Zürich (1964-1967). Nach Absolvierung des Anwaltspatents wirkte er während drei Jahren als Avocat Conseil an der dortigen Schweizer Botschaft, ehe er 1970 sein Anwaltsbüro in Zürich eröffnete. Rasch erwarb er sich in diesem Rahmen einen bekannten – und «berüchtigten» – Namen. Mario Vassalli kämpfte als Strafverteidiger gegen menschenunwürdige Praktiken an und stellte den Beschuldigten als Mensch ins Zentrum.
Parallel zu seiner beruflichen Tätigkeit wuchs auch seine Familie. Nachdem er 1961 Rita Gemperle geehelicht hatte, kamen im Laufe der Jahre drei Söhne zur Welt. 1983 zog die Familie schliesslich ganz nach Engelberg, wo er seine Anwaltspraxis eröffnete. Weil in jener Zeit kein Notar in Engelberg tätig war, absolvierte er zusätzlich die Notariatsprüfung. Das Patent dazu wurde ihm 1987 verliehen. In der Folge gehörte er zusätzlich der Obwaldner Notariatskommission an und nahm selbst Notariatsprüfungen ab.
Politisch beteiligte sich Mario Vassalli 1985 als Gründungsmitglied an der (Neu-)Gründung der CVP Engelberg. Schliesslich erfolgte die für ihn überraschende Anfrage, ob er sich zur Wahl als Kantonsgerichtspräsident II des Kantons Obwalden zur Verfügung stellen würde. An der Landsgemeinde 1989 wurde er in dieses Amt gewählt. Wie bereits während seiner Tätigkeit als Strafverteidiger war es ihm wichtig, den Menschen ins Zentrum der Rechtsprechung zu stellen. Insbesondere bei jungen Straftätern setzte er sich dafür ein, dass ihnen – bei Bewährung – eine zweite Chance gegeben wird, um sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Auf die Landsgemeinde 1998 hin trat er als Kantonsgerichtspräsident zurück, um sich wieder seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt und Notar in Engelberg zu widmen.
Einen besonderen Schwerpunkt seines Wirkens bildete der Einsatz für die Bildung, den Glauben und die Kirche. Nach zahlreichen regionalen und nationalen Tätigkeiten, insbesondere für die katholischen Schulen Zürichs und das Kloster Engelberg, wurde seine Tätigkeit auch von der Weltkirche anerkannt. 2001 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum «Gentiluomo di Sua Santità» (Edelmann seiner Heiligkeit). Damit wurde er Mitglied der päpstlichen Familie. Eine Ehrung, die bis heute nur sehr wenige Schweizer erhalten haben. Zusätzlich nahm ihn Papst Benedikt XVI. 2011 in den Orden des heiligen Papstes Silvester im Rang eines Commendatore (Komtur) auf.
In den vergangenen Jahren nahmen Mario Vassallis körperlichen Kräfte merklich ab. Im Glauben fand er während dieser Leidenszeit auch eine Sinngebung. Trotz seiner gesundheitlichen Beschwerden nahm er, unterstützt von seiner Familie, weiterhin am gesellschaftlichen Leben teil. Letztmals anlässlich des Vereinspapa-Jubiläums am 18. Mai 2025 (vgl. OZ vom 21.05.2025, S. 22), womit er sich von seinen Angelomontanen verabschieden konnte. Am Festtag Christi Himmelfahrt, passend zu seinem Leben und Wirken, durfte Mario Vassalli die letzte irdische Reise antreten, um der Anschauung Gottes teilhaftig zu werden.
Mike Bacher ist Talammann von Engelberg und verfasste diesen Nachruf.
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