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Flandern-Rundfahrt

Wout van Aert, der Alleskönner

Wout van Aert, der WM-Zweite im Strassenrennen und im Zeitfahren, in der Vergangenheit schon dreifacher Quer-Weltmeister, will seine starke Saison mit dem Triumph bei der Flandern-Rundfahrt krönen.
Wout van Aert (vorne) will am Sonntag als Erster über die Ziellinie fahren.
Bild: KEYSTONE/AP/ANDREW MEDICHINI

Gewänne Van Aert am Sonntag die 104. Ausgabe der "Ronde van Vlaanderen" und damit zugleich den letzten grossen Klassiker, schlösse sich in dieser aufgrund der Coronavirus-Pandemie extrem komprimierten Saison ein Kreis. Der Belgier hatte sich gleich beim Wiederbeginn der World Tour am 1. August beim Eintagesrennen Strade Bianche solo durchgesetzt. Eine Woche später bezwang er bei Mailand - Sanremo im Zweier-Sprint Julian Alaphilippe, was für Van Aert gleichbedeutend mit seinem ersten Sieg bei einem der fünf sogenannten Radsport-Monumente war.

Bei der Tour de France demonstrierte der 26-Jährige die ganze Palette seines Könnens. Er gewann zwei Etappen im Massensprint, obwohl er im Team Jumbo-Visma zumeist als Edelhelfer des nachmaligen Gesamt-Zweiten Primoz Roglic gefordert war. Einmal, in der Bergetappe zum Grand Colombier, schlug Van Aert während vielen Kilometern ein solch horrendes Tempo an, dass Kletterer wie Egan Bernal und Nairo Quintana nicht mehr mithalten konnten.

Am Sonntag, auf den 243 km von Antwerpen nach Oudenaarde, wird Van Aert auf harte Gegenwehr stossen. Als Hauptgegner zu nennen sind Weltmeister Julian Alaphilippe, Vorjahressieger Alberto Bettiol, Mads Pedersen - Weltmeister 2019 und am letzten Sonntag Sieger des Vorbereitungsrennens Gent - Wevelgem -, und nicht zuletzt der ebenso begabte Niederländer Mathieu van der Poel. Dessen Rivalität mit dem vier Monate älteren Van Aert erreichte zuletzt bei Gent - Wevelgem einen neuen Höhepunkt.

Wann immer der Belgier im sehr taktischen Finale einen Vorstoss wagte, reagierte Van der Poel, der selber schon früh in die Offensive gegangen war, umgehend. Die zwei stärksten Fahrer im Feld neutralisierten sich gegenseitig - mit der Konsequenz, dass sich ein Dritter über den Sieg freuen durfte. "Es gab einen Fahrer, der es nur auf mich abgesehen hatte. Er zog es vor, mich verlieren zu sehen, anstatt zu versuchen, das Rennen zu gewinnen", beklagte sich Van Aert über seinen Rivalen, gegen den er in Querrennen schon vor einem Jahrzehnt angetreten war. Diese Worte würden bei ihm einen schalen Geschmack hinterlassen, folgte die prompte Reaktion des Niederländers, denn "ich fahre immer, um zu gewinnen".

Die Siege von Van der Poel, dem amtierenden Radquer-Weltmeister, der auch im olympischen Cross-Country der Mountainbiker regelmässig brilliert, sind oft besonders spektakulär. Beim Amstel Gold Race im April 2019 lag er scheinbar schon vorentscheidend zurück, doch mit einem Effort stellte er den Anschluss ans prominente Führungsduo Alaphilippe/Jakob Fuglsang wenige 100 Meter vor dem Ziel wieder her. Schliesslich fand Van der Poel gar noch die Kraft zum langgezogenen Sprint. Oder Anfang diesen Oktober sicherte sich der 25-Jährige den Gesamtsieg bei der Benelux-Rundfahrt mit einem gewagten Soloritt über 50 km in der 5. und letzten Etappe.

Van der Poel wie Van Aert liessen nach Gent - Wevelgem verlauten, sie seien bereit für weitere Aufgaben. Für die 104. "Ronde" kündigt sich deshalb ein Spektakel an. Mit der Möglichkeit, dass sich die zwei favorisierten Rivalen erneut verpokern. (sda)

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