Wäre Buchhalter Nötzli Eishockeytrainer geworden – er hätte wohl Aussehen und Charisma von Roger Bader gehabt. Und vielleicht ist das ja gerade das Erfolgsgeheimnis des 61-jährigen Winterthurers: Wohl nur ein nüchterner «Buchhalter-Typ» vermochte aus der Operetten- und Kaffeehaus-Kultur des österreichischen Eishockeys eine ernst zu nehmende Hockey-Macht zu formen. Mit einem Gespür für Ironie pflegt er zu sagen: «Wir Schweizer gelten in Österreich als nüchtern und sachlich. Das hilft mir. Ich muss hier immer wieder Bescheidenheit anmahnen.»
Er vollbringt Hockey-Wunder, die in seinem Heimatland kaum Beachtung finden. Obwohl Kloten nach wie vor sein Wohnsitz ist. Drei von vier Wochen verbringt Roger Bader in Wien. 2014 zügelte er dorthin und seit 2016 ist er in der Doppelfunktion Sportdirektor/Nationaltrainer der mächtigste und wichtigste Mann des österreichischen Hockeys. Er hat nach dem Grundsatz «Raus aus dem Kaffeehaus, rein in den Kraftraum» den Österreichern den grössten Professionalisierungs- und Leistungsschub der Geschichte beschert.
Seit 2017 hält sich Österreich in der höchsten WM-Klasse und fordert inzwischen die Grossen auf Augenhöhe: Vor zwei Jahren ist Tschechien besiegt, vor einem Jahr Finnland gebodigt worden. Gegen Schweden führten Baders Männer soeben in der ausverkauften Arena in Stockholm bis zweieinhalb Minuten vor Schluss 2:1, ehe sie unglücklich 2:4 verloren. Nach dem Penalty-Sieg gegen die Slowakei sind die Viertelfinalchancen intakt.
Warum Del Curto auf die WM verzichtet
Was Ralph Krueger und Patrick Fischer in unserem Eishockey, das hat Roger Bader in Personalunion in unserem Nachbarland bewirkt. Er legte das Fundament der Professionalität (wie Krueger) und sorgt nun auch für die Weiterentwicklung (wie Fischer). Aber die mediale Beachtung verdankt er hierzulande eigentlich Arno Del Curto. Zu Roger Baders Coaching-Team gehörte bei der WM 2022, 2023 und 2024 sein Freund Arno Del Curto. Auf die aktuelle WM hat der ehemalige ZSC- und HCD-Kulttrainer wegen einer Hüftoperation verzichtet.
Erst im Windschatten seines charismatischen Assistenten kam Bader in den letzten drei Jahren ein wenig zu eidgenössischer Medienpräsenz. Nun funktioniert er in Stockholm auch ohne Del Curto. Das freut ihn ein wenig und mit Sinn für Ironie fügt er an: «Sonst heisst es wieder: Dank Arno …»
Bader ist in der Schweiz während seiner ganzen Karriere unter dem Radar geflogen. Erst war er Del Curtos Assistent und «Schattenmann» beim ZSC und der bis dahin grössten Playoff-Sensation 1992 (Triumph gegen Lugano). Dann arbeitete er jahrelang als Assistent von Wladimir Jursinow in Kloten und als Junioren-Nationaltrainer abseits des Scheinwerferlichtes. Bevor er in Österreich zum Hockey-Kaiser aufgestiegen ist, war er nur einmal Chef: Während sieben Jahren in Uzwil.
Baders Vertrag läuft in einem Jahr aus. Die WM 2026 in Zürich und Fribourg beschert ihm doch noch einen Auftritt auf der grossen Bühne in unserem Land. Er schliesst nicht aus, dass Del Curto für ein «letztes Hurra» dann noch einmal dabei sein wird. Bader würde dann halt wieder nur Arnos «Schattenmann» sein. Aber daran hat er sich ja gewöhnt.
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