Josh Holden hat in den letzten Wochen einmal mehr für negative Schlagzeilen gesorgt: Für sein Foul gegen Fribourgs Christian Dubé wurde er vom NL-Einzelrichter für acht Spiele gesperrt. Dasselbe Schicksal blieb ihm für seinen Check gegen den Kopf des Davosers Sandro Rizzi vor Wochenfrist erspart. So oder so: Der Kanadier in Diensten des EV Zug hat ein Image-Problem. Dabei ist er alles andere als ein Bösewicht. Neben dem Eis ist der 33-jährige Vater von vier Kindern – Sohn Cody (17), Töchter Noa (11), Maren (9), Kapri (7) – ein sehr zuvorkommender und freundlicher Mensch.
Sie sind einer der besten Spieler unserer Liga. Und dennoch sind Sie häufig wegen Ihrer Fouls in den Schlagzeilen. Nervt Sie das?
Josh Holden: Das ist schon schwierig. Ich will ja keinen meiner Gegenspieler absichtlich verletzen. Mein Ziel ist es immer, hart zu spielen, dabei aber nie die Fairness-Linie zu übertreten.
Ist es für Sie nach den letzten Vorkommnissen besonders schwierig, diese Linie zu finden?
Ja. Ich versuche natürlich schon, meine Spielweise anzupassen. Die Gefahr ist aber gross, dass ich dann nicht mehr so effektiv bin, wie man das von mir erwartet. Dann habe ich schnell mal ein Problem mit dem Trainer (lacht).
Fühlen Sie sich manchmal wie Dr. Jeckyll und Mr. Hyde? Neben dem Eis freundlich und zuvorkommend, auf dem Eis der Bösewicht?
Früher war es viel extremer. In Nordamerika darf man ja auch mit den Fäusten kämpfen, wenn man frustriert ist. In Europa wird ein ganz anderer Stil gepflegt. Deshalb hatte ich in meiner ersten Saison in der Schweiz, in Fribourg, grosse Anpassungsschwierigkeiten. Dort sammelte ich weit über 100 Strafminuten. Ich habe das Gefühl, dass ich mich in den letzten paar Jahren in dieser Beziehung angepasst habe. Das, was in der laufenden Saison passiert ist, war in meinen Augen einfach Pech, aber niemals Absicht.
Wie erleben Ihre Kinder die Diskussionen um Ihre Person. Ist das ein Thema zu Hause?
Sicher. Mein Beruf ist ein Teil ihres Lebens. Meine drei Mädchen sind live im Stadion dabei oder schauen sich die Spiele zu Hause im Fernsehen an. Als ich gesperrt wurde und deshalb traurig war, waren sie auch traurig. Wir haben eine sehr enge Bindung in unserer Familie.
Wie haben sie auf das Foul gegen Dubé und die Sperre reagiert?
Vor den Spielen sprechen wir zu Hause gemeinsam immer ein kleines Gebet, dass sich niemand verletzen soll. Eines meiner Mädchen hat deshalb sogar geheult, weil Dubé vom Eis getragen werden musste. Ich erzählte ihnen danach die Wahrheit, dass es ein Unfall war und dass ich meine Strafe akzeptieren muss. Das war auch für sie eine Lektion. Wenn man einen Fehler macht, muss man die Konsequenzen tragen, aber auch weitergehen.
Und was meint Ihre Frau Janie dazu? Gibts am Zmorgetisch hie und da eine Moralpredigt?
(Lacht.) Nein. Sie kennt mich am allerbesten. Wenn so etwas passiert, weiss sie selbst, dass ich mich danach schlecht fühle.
Haben Sie das Gefühl, dass Sie oft auch ungerecht behandelt werden?
Nach dem Zwischenfall mit Dubé wusste ich, dass etwas passieren würde. Als ich das Urteil erfuhr, war das im ersten Moment schon hart. Aber ich habe den Hintergrund verstanden: Die Liga möchte Checks gegen den Kopf unterbinden – ob bei den Aktionen Absicht oder nicht dabei war, spielt da keine Rolle.
Klar ist aber, dass Sie nun mit Argusaugen beobachtet werden ...
Seit ich nach meiner Sperre wieder spiele, weiss ich, dass ich unter starker Beobachtung stehe. Man wartet förmlich darauf, dass ich wieder etwas tue. Ich versuche nun, vorsichtig und smart zu spielen. Aber das ist extrem schwierig. Ich möchte ja mit meiner Spielweise bewirken, dass sich der Gegner immer fragt, wo ich im Moment bin und was ich tue. Das ist ein Teil meiner Strategie.
Hatten Sie nach der Aktion gegen Sandro Rizzi Angst, dass es Sie wieder treffen könnte?
Ich wusste ehrlich gesagt nicht, was ich denken soll. Solche Zusammenstösse passieren während eines Spiels immer wieder, meistens an der Bande. Dabei verletzt sich eigentlich nie ein Spieler. In der Wiederholung habe ich gesehen, dass Rizzi den Kopf beim Versuch, mich zu stören, unten hatte. Als ich stoppte, habe ich ihn deshalb dort getroffen. Als er verletzt ausschied, war mir aber klar, dass die Leute sofort wieder eine Sperre fordern würden. Umso glücklicher bin ich, dass nichts passiert ist.
Eigentlich wären Sie ja prädestiniert gewesen für eine grosse NHL-Karriere. Sie wurden in der ersten Runde (1996 von den Vancouver Canucks) gedrafted, verfügen über spielerische Klasse, gepaart mit einer Portion Härte. Wieso hat es nicht geklappt?
Ich denke, dass ich zu Beginn meiner Profikarriere weder als Mensch noch als Spieler reif genug war. Ich habe nicht begriffen, dass ich jeden Tag, in jedem Spiel und in jedem Training alles geben muss. Erst in Europa, wo in den Trainings mehr Wert auf Technik und Taktik gelegt wird, habe ich mich zum kompletten Spieler entwickelt und wurde reifer.
Würden Sie im Nachhinein etwas anders machen, wenn Sie könnten?
Ich habe dieses Thema mit meiner Frau oft diskutiert. Und ich bin zum Schluss gekommen: Ich würde nichts anders machen (lacht). Ich bin sehr glücklich mit meiner Karriere und meinem Leben hier in der Schweiz.
Würden Sie Ihre sichere Existenz in der Schweiz eintauschen gegen eine letzte Chance, den Stanley-Cup gewinnen zu können?
Ich habe den Alltag in der NHL erlebt. Man verpasst dort als Spieler so viel vom Familienleben. Ich habe beispielsweise den ersten Geburtstag meiner ersten Tochter verpasst. Oder die ersten Schritte meiner zweiten Tochter. Das sind Dinge, die unbezahlbar sind.
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