Adi Hütter sieht mitgenommen aus. Die Turbulenzen bei den Young Boys mit den Verabschiedungen von Sportchef Fredy Bickel und CEO Alain Kappeler haben den Trainer beschäftigt und die Vorbereitungen auf den Start in die Europa League gegen Olympiakos Piräus massiv gestört. «Unser Fokus lag auf diesem Spiel, auf eine solche Entwicklung waren wir nicht gefasst», sagt Hütter. «Es ist aber unsere Pflicht, uns bestmöglich vorzubereiten.» Der Österreicher sagt, es tue ihm leid für Bickel, er habe ein gutes Jahr mit ihm erlebt.» Yvon Mvogo sagt: «Es tut weh, dass Fredy gehen muss. Er hat einen super Job gemacht.» Vielleicht hat der Torhüter damit auch gemeint: Er hat mir einen üppigen Vertrag gegeben ...
Eine halbe Stunde zuvor hatten auf demselben Podium die zwei YB-Verwaltungsräte Hanspeter Kienberger und Peter Marthaler zu erklären versucht, wie das tags zuvor verschickte Communiqué gemeint war. «Unsere Hauptaufgabe ist die langfristige und nachhaltige Unternehmenssicherung», sagte der VR-Präsident Kienberger. «Wir müssen uns selber finanzieren, was für die Mittelverwendung bedeutet: nicht mehr ausgeben als einnehmen.»
Will auch heissen: Nach Auffassung der Besitzer Andy und Hansueli Rihs hatte Bickel viel zu viel Geld in die Mannschaft gesteckt und die Spieler mit zu hoch dotierten Verträgen ausgestattet. Das jährliche Defizit bei einem Etat von 48 Millionen Franken soll sich bei 8 Millionen Franken bewegt haben. «Wir sind nicht zufrieden mit der wirtschaftlichen Entwicklung», sagte Kienberger. «Die Gebrüder Rihs sehen sich nicht als Mäzene, sondern als Investoren.»
Bei YB muss nun also kräftig gespart und das Lohnbudget massiv gesenkt werden. Schwarze Zahlen müssen her. Die Berner wollen noch mehr als bisher auf den eigenen Nachwuchs setzen. Immerhin lobt Kienberger Bickel dafür, dass in dieser Beziehung gut gearbeitet worden sei.
Im Oktober wird der neue «Leiter Sport» präsentiert. Dieser könne aus arbeitsrechtlichen Gründen − kommt er aus dem Ausland? − noch nicht vorgestellt werden, sagt Kienberger. Aufgrund der Sparvorgaben ist nicht davon auszugehen, dass dieser einen grossen Namen trägt. Er wird nach der Zusammenlegung des kommerziellen und sportlichen Bereichs zwar dem neuen CEO Wanja Greuel unterstellt sein, vor allem aber nach der Pfeife des in Basel lebenden Verwaltungsrats Urs Siegenthaler tanzen und in Bern dessen Statthalter sein.
Kienberger lässt durchblicken: Siegenthaler wird bei YB im sportlichen Bereich die Richtung vorgeben. «Man kann auch günstiger den zweiten Platz erreichen», hat Siegenthaler der «Berner Zeitung» gesagt. Und: «YB braucht gar keinen Sportchef. Diese Stelle kann man einsparen.»
Ja, was nun?
Auch wenn Kienberger dies in Abrede stellt, ist die neue YB-Strategie ein Eingeständnis, dass es keinen Sinn macht, weiterhin den Herausforderer des FC Basel zu geben. Fakt ist: GelbSchwarz hat vor Rot-Blau kapituliert. Auf «Blick online» hat Siegenthaler zugegeben: «Dass in der Vergangenheit gesagt wurde, man wolle den FCB angreifen, ist völlig unrealistisch. Ja, ich habe ihnen (den Besitzern; die Red.) gesagt: Vergesst das!»
Hütter sagt: «Ich trage den Weg von YB mit.» 2015 hatte er Salzburg verlassen, weil dort künftig vermehrt auf den Nachwuchs gesetzt werden sollte. «Ich sagte damals, dass ich mich nicht als reinen Ausbildungstrainer sehe», sagt Hütter, «aber ich habe bewiesen, dass ich gut mit Jungen arbeiten kann. Ich fühle mich jetzt nicht vor den Kopf gestossen.»
Nach den Grasshoppers muss nun mit den Youngs Boys ein weiterer Traditionsverein kleinere Brötchen backen, erfreulich ist dies nicht für den Schweizer Fussball. Mal schauen, wie YB heute gegen den 43-fachen griechischen Meister Piräus mit diesen ernüchternden Nachrichten umgeht.
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