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Fussball

Zeitenwende im Sponsoring: Was Borussia Dortmund mit dem Rüstungskonzern Rheinmetall verbindet

Der deutsche Champions-League-Finalist lässt sich künftig von dem boomenden Waffenhersteller sponsern. Aus den Reihen der Dortmunder Fans ertönt Kritik. Clubchef Watzke redet, als wäre er ein Verteidigungsminister auf einer Nato-Tagung.

Wenige Tage vor dem Champions-League-Final gegen Real Madrid, zweifellos einem der wichtigsten Spiele in Borussia Dortmunds Vereinsgeschichte, erregt der Bundesligist mit einer Nachricht Aufsehen, die allenfalls indirekt mit dem sportlichen Geschehen zu tun hat: Der Rüstungskonzern Rheinmetall, so wurde am Mittwoch bekannt, wird für die kommenden drei Jahre Sponsor der Dortmunder.

Gut bezahlte Kriegsgewinnler? Dortmund-Profis Nico Schlotterbeck (links) und Gregor Kobel beim Champions-League-Halbfinal am 7. Mai in Paris. 
Bild: Bild: Christophe Petit Tesson/EPA

Dass die Mannschaft um den Schweizer Nationalgoalie Gregor Kobel demnächst mit der Darstellung eines Panzers auf der Brust auflaufen wird, wie Kommentatoren in sozialen Medien spotteten, wird nicht vorkommen, ja nicht einmal der Schriftzug «Rheinmetall» wird auf den Trikots zu lesen sein: Als einer von mehreren «Champions Partners» des BVB erkauft sich der Düsseldorfer Konzern lediglich «Werbeflächen, Vermarktungsrechte sowie Event-Angebote» in und um das Stadion; fällig wird dafür laut «Handelsblatt» ein einstelliger Millionenbetrag.

Selbst Grünen-Politiker haben keine Berührungsängste mehr

Für Rheinmetall ist dies keine grosse Summe: Der Umsatz des Unternehmens soll dieses Jahr 10 Milliarden Euro erreichen und wäre damit fast doppelt so hoch wie vor dem russischen Einmarsch in der Ukraine; der Aktienkurs hat sich seither verfünffacht.

Der Deal zwischen Dortmund und Rheinmetall ist wohl nur im Kontext der «Zeitenwende» zu verstehen, die Kanzler Scholz nach Putins Überfall konstatiert hat: Dass ein deutscher Fussballclub in der Öffentlichkeit mit einer Waffenschmiede in Verbindung gebracht werden will, wäre noch vor wenigen Jahren kaum vorstellbar gewesen. Ein Geschäft, das lange als unmoralisch galt, wird nun zumindest als notwendiges Übel anerkannt.

Wie sich die Zeiten geändert haben, zeigt eine Äusserung von Wirtschaftsminister Robert Habeck, in dessen Partei pazifistische Positionen einst weit verbreitet waren: «Wir wissen, dass wir in einer anderen, bedrohlicheren Welt sind», kommentierte der Grünen-Politiker die Vorstellung des neuen Dortmund-Sponsors. «Die eingeübte und auch so verständliche Zurückhaltung» im öffentlichen Umgang mit der Rüstungsbranche sei da nicht mehr haltbar.

Erwartbare Kritik ertönte hingegen aus den Reihen der Linkspartei, wo man ein «böses Foulspiel» sieht, aber auch aus Teilen der Dortmunder Anhängerschaft: Von einem «neuen Tiefpunkt auf einer anscheinend nach unten offenen Geldgier-Skala» spricht Jost Peter, der Chef der Fan-Gruppierung «Unsere Kurve».

Als wollte er eine Dortmunder Wehrkundetagung etablieren

Tatsächlich muss man kein Pazifist sein, um sich zumindest an manchen Begleitumständen des Deals zu stören. Befremdlich wirkt vor allem die Art, wie BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke die Zusammenarbeit mit Rheinmetall begründet.

Zynismus-Vorwürfe entkräften: Fussballfunktionär Watzke. 
Bild: Bild: Friedemann Vogel/EPA

Der Sportfunktionär redete, als wäre er ein Minister auf einer Nato-Tagung: Er halte es für richtig, sich «sehr intensiv damit zu beschäftigen», wie Sicherheit und Verteidigung als «elementare Eckpfeiler unserer Demokratie» geschützt werden könnten, dozierte er. Eine weitere Ankündigung Watzkes tönte, als wollte der BVB demnächst eine Alternative zur Münchner Sicherheitskonferenz etablieren: «Wir öffnen uns als Borussia Dortmund ganz bewusst für einen Diskurs.»

Werden Kamala Harris, Wolodimir Selenski und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bald schon auf einer Dortmunder Wehrkundetagung sprechen, vielleicht vor 80’000 Zuschauern im Signal Iduna Park? Wohl kaum. Sollte Watzke seine Worte ernst meinen, spräche dies für ein beachtliches Mass an Selbstüberschätzung. Die Wahrheit dürfte banaler sein: Durch seine Redseligkeit versucht der Funktionär, allfällige Zynismus-Vorwürfe proaktiv zu entkräften. Überzeugend wirkt dies nicht. Einzuräumen, dass es wie bei jedem Sponsorendeal letztlich ums Geld geht, wäre ehrlicher und auch klüger gewesen.

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