
Wenn die besten Turnerinnen und Turner der Schweiz an den kommenden drei Wochenenden um die nationalen Titel kämpfen, geht es längst nicht mehr um grobe Patzer oder wackelige Landungen. Die Unterschiede liegen im Zehntelbereich – und selbst Wertungsrichter geraten an ihre Grenzen.
Die Leistungsdichte im Geräteturnen ist deutlich angestiegen. Einst war der Kreis der Medaillenanwärter überschaubar – heute gibt es viele Favoritinnen und Favoriten, kaum klare Sieger und Siegerinnen. Perfektion ist keine Ausnahme mehr, sondern eine Voraussetzung, um ganz vorne mitzumischen. Dies bestätigt auch Martin Hebeisen, langjähriger Wertungsrichter der Aktivkategorien. Er freut sich auf seinen bevorstehenden Einsatz am Gerät Sprung an den Schweizer Meisterschaften der Männer in Pfäffikon. «Die Übungen sind nicht schwieriger geworden – aber immer mehr Turnerinnen und Turner beherrschen die anspruchsvollen Elemente.» Es wird äusserst professionell trainiert – oft in Trainingsgemeinschaften, in denen Trainer und Athleten vereinsübergreifend voneinander profitieren. Der Austausch sei zentral, betont Hebeisen: Nur wer Fehler erkennt, kann sie korrigieren. Viele Turnerinnen und Turner trainieren bis zu viermal pro Woche, etwa an den Open-Trainings in der Turnwerkstatt Malters, wo sie an Details feilen.
Stets verbessern müssen sich auch die Wertungsrichterinnen und Wertungsrichter. «Ohne Leitererfahrung und technisches Fachwissen hat man kaum eine Chance, eine SM-Übung auf solch hohem Niveau fair und korrekt zu bewerten», so Hebeisen. Im Breitensport geht’s um Ehre statt Einkommen – und faire Noten sind die Währung. Das Wertungsgericht gibt alles dafür, dass Leistungen gerecht benotet werden. Fehler dort zu suchen, wo keine sind, gelte es zwingend zu vermeiden.
Ein Marco Odermatt in Turnschläppchen
Einige Athleten vom Verbandsgebiet Luzern, Ob- und Nidwalden reisen mit realistischen Titelchancen nach Pfäffikon. Allen voran Stefan Meier, Sieger des diesjährigen Eidgenössischen Turnfests (ETV) in Lausanne. Der Rickenbacher tritt zu seiner Dernière an. Nach der SM soll Schluss sein mit dem Einzelgeräteturnen. So kurz vor den nationalen Titelkämpfen macht sich Wehmut breit bei Meier: «Das Turnen macht mir unglaublich viel Spass. Dennoch werde ich im nächsten Jahr glücklich sein über diesen Entschluss und die Zeit mit meiner Familie umso mehr geniessen.» Sein Vereinskollege Simon Stalder ist – wie man so schön sagt – back in the game. Die Schulterverletzung ist auskuriert. Jüngst turnte er, als wäre er nie weg gewesen. Er ist quasi ein Marco Odermatt in Turnschläppchen – konsequent, fokussiert und kaum zu bremsen. Stalder selbst gibt sich wie immer bescheiden: «Vorderhand bin ich froh, die SM-Wettkämpfe überhaupt turnen zu können. Trainingsrückstand hin oder her.»
Nach einem ETF, das gar nicht nach seinen Vorstellungen verlief, peilt der amtierende Schweizer Meister Christian Hofstetter (STV Ettiswil) die Titelverteidigung in der Kategorie Herren an. Ebenso interessant werden dürfte der Mannschafts-Wettkampf vom Sonntag: Auch hier steht die Mission Innerschweizer Titelverteidigung ganz oben auf der Traktandenliste. Immer näher an die nationale Spitze turnt sich Laura Stütz (STV Rickenbach). «Ich freue mich riesig auf den Saisonhöhepunkt – diese Wettkämpfe sind einfach etwas Besonderes», sagt sie. «Die Atmosphäre mit Anspannung, Adrenalin und Teamgeist gefällt mir sehr. Ich will meine Übungen sauber zeigen, die Freude am Turnen spüren und die gute Stimmung aus dem Verein mitnehmen. Solange es mir Freude bereitet, ist alles gut.» Aus Obwaldner Sicht ist Mona Mathis die Hoffnungsträgerin. Die Saison-Dominatorin der Kategorie 5 kann auch national für eine Überraschung sorgen. Ihr Rezept: Locker bleiben und es einfach so nehmen, wie es kommt.
Die SM-Trilogie in der Übersicht: 1./2. November: Turner Mehrkampf/Mannschaften; 8./9. November: Turnerinnen Mehrkampf/Gerätefinals; 15./16. November: Turnerinnen Mannschaften/Sie+Er.


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