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Sport

Joel Wicki in Sörenberg gefeiert: Der Erstgekrönte ist ein Entertainer

Schlussgang-Teilnehmer Joel Wicki wurde in Sörenberg herzlich und feierlich empfangen.

Kurz nach der Abzweigung Richtung Sörenberg wird zum ersten Mal sichtbar, wer hier der König ist. «Bravo Joel» steht auf einer Holztafel über der Strasse, hochgehalten von zwei Kranen. Bis hinauf nach Sörenberg folgen ­etliche weitere Gratulationsbekundungen in Form von Schildern, auf Siloballen, Verkehrstafeln, an Bushaltestellen. «Hopp Joel» leuchtet auf den Anzeigetafeln der Postautos zwischen Schüpfheim und Sörenberg.

Im Entlebuch drücken sie Joel Wicki schon lange die Daumen, spätestens seit seinem ­ersten Kranzfestsieg 2015, vielleicht auch schon seit seinem Sieg am Eidgenössischen Nachwuchs-Schwingertag 2012. Seine Erfolge sind mit ein Grund, weshalb der Entlebucher Schwingerverband schweizweit am meisten Jungschwinger in seinen Reihen hat – 80 an der Zahl. Der Schwingsport ist hier Teil der Kultur, hundertjährig ist der Schwingerverband bereits.

Wicki gehört zu den beliebtesten Sportlern der Innerschweiz. Seit Sonntag, seit seinem nahezu perfekten Auftritt am Eidgenössischen Schwingfest in Zug, seit seinen explosiven Kurzzügen und dem sympathischen Interview nach dem Schlussgang kennt die ganze Schweiz sein Gesicht. Wicki, der Erstgekrönte, hat viele Sympathien gewonnen.

Doch seine grössten Fans hat Joel Wicki in Sörenberg, im südlichsten und hintersten Teil des Kantons Luzern, der im Winter wegen seines Skigebiets von Tausenden Schneesportlern heimgesucht wird, wo der Volg täglich bis 19 Uhr geöffnet haben darf und wo Wicki fest verwurzelt ist.

Hier ist er mit seinem Bruder Kevin aufgewachsen, hier geht er im Herbst mit seinem Vater Herbert auf die Jagd, hier kann er beim Heuen auf dem Hof seines Göttis oder beim Fischen am Eisee abschalten. Hier geniesst er die Ruhe, wenn das Handy mal keinen Empfang hat. Hier kennt er alle, alle kennen ihn. «Hier hinten bin ich zu Hause. Hier werde ich auch bleiben», sagte er.

Rind Greth fest im Griff

Und hier, auf dem Dorfplatz von Sörenberg, wurde der Erstgekrönte am Dienstagabend feierlich empfangen. Wie es sich für das Entlebuch gehört, kamen viele, womöglich gar mehr, als in der 2000-Seelen-Gemeinde Flühli wohnen. Der Verkehr zumindest kam kurzzeitig nur stockend ­voran. «Wir Entlebucher feiern halt gerne», sagte Sabine Wermelinger, die Gemeindepräsidentin von Flühli, in ihrer Ansprache, «und wir hoffen, dass wir das wegen Joel noch mehrmals können.» Es wären wohl noch mehr Leute erschienen, wären am Dienstag in Ruswil, Stans und Cham nicht noch andere Kranzgewinner geehrt worden.

Der Gefeierte erschien mit seinem Lebendpreis, dem Rind Greth, an der Leine. Richtig, jenes Rind, das am Samstag in der Arena kurz ausgebüxt war und für einen Schreckmoment gesorgt hatte. Wicki hingegen bekundete kaum Mühe, das Rind im Zaum zu halten, obwohl es auch auf der Rothornstrasse gerne davongerannt wäre.

Später dann Glückwünsche von Regierungsrat Fabian Peter, von Peter Achermann, dem Präsidenten des Innerschweizer Schwingerverbandes, und Franz Murpf, dem Präsidenten des Entlebucher Schwingerverbandes. «Der ganze Kanton ist stolz auf dich», sagte Peter, «du hast uns alle tief beeindruckt», sagte Achermann.

Am Mikrofon fühlt er sich wohl

Wicki selbst wirkte zunächst etwas nervös und taute erst richtig auf, als er das Mikrofon in die Hände bekam. «Auf einen Kampf kann ich mich besser vorbereiten als auf einen solchen Anlass. Ich wusste nicht, was mich erwartet», erklärte er. Zunächst aber wählte er Worte, die den erst 22-Jährigen so sympathisch machen.

Bevor er über sich sprechen wollte, über seine Emotionen, seine Leistung, bedankte er sich bei seiner Familie, seinem ­Umfeld, seinem Trainer Daniel Hüsler und den Freunden und Bekannten, die all die Plakate für ihn gestaltet haben. Es waren nicht leere Worte. Nein, sie ­kamen von Herzen. «Ohne ein perfektes Umfeld, das viel Verständnis für meinen Trainingsaufwand hat, wäre ich nicht so weit gekommen», sagte Wicki mit Nachdruck.

Der Erstgekrönte war an diesem Dienstagabend fast der Alleinunterhalter, rhetorisch hervorragend beantwortete er alle Fragen. Wicki scherzte: «Ich habe noch nie so viele Briefe erhalten – und in keinem war eine Rechnung drin.»

Bereits früh, als 17-Jähriger, stand er im Rampenlicht. Er wirkte zuweilen etwas verschlossen, sagte aber auch offen, dass er mal Schwingerkönig werden wolle. Die Erwartungshaltung war dementsprechend gross, vielleicht zu gross. «Ich habe einige Rückschläge erlebt und musste wieder aufstehen. Ich bin als Person gewachsen», sagt er auf seine neue Offenheit angesprochen. Sein Ehrgeiz kam beim eher demütigen Schwingervolk nicht überall gut an. Am Wochenende in Zug sah man einen anderen Wicki: einen ­fokussierten Athleten, der auf grosse Jubeleinlagen verzichtete und ein grosses Ziel vor Augen hatte. Am Dienstag sah man den Entertainer Wicki, gelöst und überwältigt von dem grossen Aufmarsch seinetwegen.

Bald geht’s mit der Freundin in die Ferien

Als er vor drei Jahren das Eidgenössische verletzungsbedingt verpasst hatte, musste Joel ­Wicki lernen, andere Dinge zu schätzen. Am Dienstag sagte er: «Das Leben neben dem Schwingen ist auch sehr wichtig. Dafür will ich mir jetzt Zeit nehmen.» Kein Schwingen, kein Training, sondern Ferien mit seiner Freundin stehen nun an. Zunächst musste er aber noch etliche Autogramme schreiben und für Fotos posieren. Wie ein König.

Die schönsten Bilder des Eidgenössischen Schwingfests:

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