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Eishockey-WM

Ach, wo wären wir ohne «Spielertrainer» Roman Josi

Der «Roger Federer des Hockeys» ist der Architekt des 6:5-Drama-Sieges gegen Österreich. Roman Josi trifft zweimal, Nico Hischier dreimal.
Verteidiger Roman Josi (links) zeigt gegen Österreich seine grosse Klasse.
Bild: Bild: Peter Schneider/EPA (Prag, 12. 5. 2024)

Hockey ist ein Mannschaftsspiel. Aber hin und wieder entscheidet ein Einzelspieler eine Partie. Nicht viele sind dazu in der Lage. Einer der wenigen ist Roman Josi. Er hat die Schweizer vor einer Jahrzehnt-Blamage bewahrt. Sie liegen gegen Österreich 0:2 und 1:3 im Rückstand und es ist Roman Josi, der dafür sorgt, dass die stotternde grosse helvetische Hockeymaschine doch noch in Gang kommt. Das 1:2 erzielt er im Powerplay. Zum 2:3 gibt er den entscheidenden Pass und dann trifft er zum 3:3. Damit sind seine Mitstreiter erst einmal aus dem Gröbsten hinaus und werden nicht mehr in Rückstand geraten.

Zum ersten Mal überhaupt treten die Schweizer in Prag mit einem Weltstar an. So wie die Schweiz auch schon vor Roger Federer ein paar aussergewöhnliche Tennisspieler hatte (u.a. Thedy Stalder, Heinz Günthardt, Jakob Hlasek oder Marc Rosset), so standen auch in der Vergangenheit herausragende Einzelspieler im WM-Aufgebot: Martin Gerber, Mark Streit oder Nino Niederreiter. Und natürlich schon achtmal Roman Josi.

Er war bereits 2013 im WM-Silberteam MVP des Turniers und gehörte zu den WM-Silberhelden von 2018. Aber ein Weltstar ist er erst nach seiner letzten WM-Teilnahme von 2019 geworden. Millionär und Captain in Nashville war er zwar schon vorher. Aber die Auszeichnung zum besten NHL-Verteidiger (Norris Trophy) hat er erst 2020 gewonnen und mehr als 60 Punkte in einer Saison sind ihm vor 2019 nie gelungen.

Verteidigerhandwerk mit Eleganz und Coolness

Bei uns mag er längst ein Superstar sein – weltweit ist er es nach 2019 geworden. Globale Ausstrahlung hat einer eben nur, wenn er in der NHL zu den Lichtgestalten gehört. Und zu den Hablichen: Roman Josi bis heute etwas mehr als 60 Millionen Dollar brutto verdient und sein Vertrag bringt ihm bis 2028 jährlich weitere gut 9 Millionen ein. Er kann es sich leisten, SCB-Mitbesitzer zu sein. Roman Josi ist nach 2019 so etwas ein Roger Federer des Eishockeys geworden. Nicht was seine Erfolge betrifft. Die wichtigste Trophäe (Stanley Cup) hat er noch nicht geholt.

Es ist sein Stil, der ihn im rauen Eishockey wie eine Lichtgestalt erscheinen lässt. Eigenschaften wie «böse» oder «einschüchternd», die eigentlich bei einem Verteidiger unerlässlich sind – erst recht in der NHL – pflegt er nicht. Braucht er nicht. Er interpretiert das Verteidigerhandwerk mit einer Eleganz und Coolness, die Franz Beckenbauer und Günter Netzer im Fussball mahnen: Er sieht vor allen Mit- und Gegenspielern die Lücken im gegnerischen Dispositiv und läuft mit der Scheibe in diese freien Räume: Ein Verteidiger, der «aus der Tiefe des Raumes» kommt. Ein stürmender Verteidiger.

Die Frage ist natürlich, wie weit es die Schweizer mit WM-Captain und «Spielertrainer» Roman Josi in Prag bringen werden. Er gehörte schon 2013 und 2018 zu den WM-Finalteams und bei seiner letzten WM-Teilnahme 2019 war das Scheitern zum bisher letzten Mal ruhmreich: Kanada schaffte den Ausgleich erst in der letzten Sekunde und gewann den Viertelfinal in der Verlängerung.

Die Frage nach dem «wie weit in diesem Turnier» scheint nach einem mühseligen gegen Österreich etwas arrogant. Aber es sind die Grossen, die am Anfang Mühe haben und sich dann zu steigern wissen. Wie wenig ruhmreich der Sieg gegen Österreich auch sein mag: Es ist nominell das beste Schweizer WM-Team des 21. Jahrhunderts und entscheidend ist, dass es eben doch noch gelungen ist, den Sieg zu erzwingen. Auch Nico Hischier kann Spiele entscheiden. Er erzielte drei Treffer, der dritte 51 Sekunden vor Schluss war das Siegestor – vorbereitet von Roman Josi. Und ab Mittwoch gegen Grossbritannien kommt auch noch Kevin Fiala.

Der Liveticker zum Nachlesen:

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