«Ob ich sie bringen soll? Das frage ich mich auch»: Sundhages Gedankenspiele rund um Nati-Captain Lia Wälti

Es sind gute Neuigkeiten, wenn eine angeschlagene Spielerin am Tag vor einem Spiel an einer Medienkonferenz auftaucht. Normalerweise deutet das darauf hin, dass die Spielerin am kommenden Tag spielen wird.

Und so ist es schon eine positive Nachricht, als Lia Wälti am Dienstagabend den vollgepackten Medienraum im Basler St. Jakobpark betritt. Ihre Knieprobleme haben noch in der letzten Woche einen Einsatz beim Testspiel gegen Tschechien verhindert, nun aber lächelt sie auf die Frage, wie es ihr gehe. «Mir geht es gut. Ich habe hart daran gearbeitet, dass ich gegen Norwegen auf dem Platz stehen kann», so die 32-Jährige. «Ob ich dann auch spiele, entscheidet die Trainerin.»

Pia Sundhage hält viel von ihrer Führungsspielerin, lobt Wälti wenige Minuten später in den höchsten Tönen. «Wenn ich das beste Team aufstellen will, muss Lia natürlich immer spielen. Sie macht das ganze Spiel besser», sagt sie. Dennoch lässt sie einen Einsatz von Wälti im EM-Startspiel offen. «Es geht für uns um die Frage, ob wir in diesem Eröffnungsspiel Lia auf dem Platz haben – oder ob wir ihr noch ein bisschen mehr Zeit geben möchten, damit sie dann im zweiten und dritten Spiel bei vollen Kräften ist.»

Es ist also eine philosophische Frage für die schwedische Trainerin: Wie wichtig ist das Startspiel gegen jenes Team, das als stärkstes in der Gruppe gilt? Oder sind vielleicht die Spiele gegen Island und Finnland, in denen ein Sieg erwartet wird, noch wichtiger?

Mit Bachmann und Bühler fehlt Erfahrung

Für einen Einsatz Wältis gegen Norwegen spricht die Wichtigkeit eines Startspiels und auch die Tatsache, dass die Aufmerksamkeit derzeit auf diesem Eröffnungsspiel liegt. Noch nie in der Geschichte des Schweizer Fussballs lag auf dem Frauen-Nationalteam ein so grosser Druck wie in diesem Spiel gegen Norwegen.

Lia Wälti mit ihren 127 Länderspielen und der jahrelangen Erfahrung bei Champions-League-Sieger Arsenal käme dem Schweizer Team deshalb gelegen. Mit Ramona Bachmann und Abwehrchefin Luana Bühler sind bereits zwei Führungsspielerinnen verletzt ausgefallen für das Turnier. «Wir haben in den letzten Tagen und Wochen enorm viel Erfahrung verloren», stellt Wälti fest. «Deshalb war es für mich besonders wichtig, dass ich fit wurde.»

Auch für die so erfolgreiche Lia Wälti wird die Heim-EM als Captain der Schweizerinnen zum Höhepunkt ihrer Karriere. «So was konnte ich mir als Kind nicht erträumen. Jetzt hier zu sitzen, braucht auch enorm viel Glück», sagt sie. «Wir wollen die Nation inspirieren und alles geben, damit wir auch in Zukunft erfolgreich sein können.»

An die Zukunft denkt Nationaltrainerin Pia Sundhage derweil noch nicht. «Ich lebe im Hier und Jetzt und freue mich unglaublich auf dieses Eröffnungsspiel», sagt sie. «Diese Partie ist der Grund, weshalb ich in die Schweiz gekommen bin», so Sundhage. «Das wird so viel mehr als nur ein Spiel sein.» 2013 war sie an der Heim-EM Schwedens bereits Nationaltrainerin der Gastgeberinnen, nun erlebt sie das nochmals. «Für mich war die EM 2013 unglaublich – obwohl wir den Titel nicht geholt haben», blickt sie zurück.

Wer Sundhage und Wälti am Tag vor diesem EM-Eröffnungsspiel lauscht, spürt nichts mehr von den vielen Turbulenzen in den Vorbereitungen. «Es wurde viel geschrieben und wir haben die Resultate nicht gebracht», sagt Wälti. «Aber ich sehe tagtäglich, was in unserem Nationalteam steckt. Das wollen wir zeigen.» Mit oder ohne die absolute Führungsspielerin.

Der Ticker von der Medienkonferenz mit Lia Wälti und Pia Sundhage zum Nachlesen:

Das wars!

Damit ist die Pressekonferenz vor dem Spiel beendet. Hier folgt bald ein ausführlicher Bericht. Danke fürs Mitlesen.

Bleibt Sundhage auch nach der EM?

«Wenn es um die Zukunft geht - ich geniesse den Moment. Das kann ich sehr gut. Der nächste Monat, das nächste Jahr, die WM in Brasilien 2027... daran denke ich gar nicht. Ich kann gar nicht so weit voraus denken. Ich denke an morgen, daran, wie wir das Tor zum 1:0 gegen Norwegen schiessen. Daran, wie ich gerade hier mit euch sitze. Aber ich denke nicht weiter.»

Ist die Schweiz bereit für die EM?

«Ich denke wir haben das herausfordernde gemacht, hoffentlich werden wir morgen belohnt. Alles was wir machen ist mit einem lächeln, die Trainings waren phänomenal. Ich denke ja, wir sind bereit für morgen.»

Was wird im Eröffnungsspiel ausschlaggebend sein?

«Der Mix morgen wird wichtig sein. Wir sind seit einer Weile über den morgigen Tag am sprechen. Es werden sicher zwei weitere Spiele kommen, hoffentlich ein viertes. Es braucht Erfahrung, aber das braucht es in allen Spielen. Der Mix ist wichtig. Lia hat vorhin über die jungen Spielerinnen gesprochen. Die Schweiz hat eine fantastische Zukunft, wunderbare Spieler. Diese müssen sich aber morgen auch an der Erfahrung der anderen Spielerinnen anlehnen können.»

Wälti macht das Team besser - wie?

«Ich könnte für immer darüber sprechen. Sie rennt viel, 12 Kilometer, das heisst andere müssen weniger rennen. Und sie behält den Ball, spielt sich aus Schwierigkeiten raus. Das sind die Momente, in denen man sie braucht. Aber es ist die Frage: Lassen wir sie morgen spielen oder geben wir ihr mehr Zeit und schauen, dass sie für die beiden weiteren Spiele fit ist.»

Wird Wälti morgen Spielen?

«Wir haben eine Entscheidung zu treffen. Entweder sie spielt morgen, oder sie spielt gegen Island und Finnland. Das ist eine schwierige Entscheidung. Wenn ich das beste Team aufstellen will, muss Lia spielen. Aber es geht auch ein wenig um taktieren.»

Kann diese EM der Schweiz helfen, Diversität weiter zu stärken?

«Das ist eine schwierige Frage. Es kann der Gesellschaft sicher helfen. Aber es geht um Fussball. Geht in die Ränge des Stadions, sprecht über Formationen. Das würde ich lieben. Ja, es geht um die Gesellschaft, aber es geht mehr um Taktik, die Physis, um Fussball.»

Hat die negative Publicity Pia Sundhage beeinflusst?

Wälti ist durch, nun kommen die Fragen an die Nati-Trainerin.

«Ich denke nicht, dass das was geschrieben wurde, mich negativ beeinflusst hat. Es ist gut, wenn die Menschen Meinungen haben, und diese auch schreiben. Ich denke wenn wir unsere jetztige Situation zum ersten Spiel vergleichen, das ich hier hatte, haben wir viele Fortschritte gemacht und ich bin stolz auf die Spielerinnen.»

Was stimmt Wälti vor dem Eröffnungsspiel positiv?

«Wir haben sehr viel Erfahrung gesammelt. Wir haben viele junge Spielerinnen die ihr Talent Tag für Tag unter Beweis stellen. Ich weiss, in der Vergangenheit wurde viel gesagt, wir haben die Resultate nicht gebracht. Aber ich sehe tagtäglich was im Team steckt. Und das wollen wir zeigen. Wir haben keinen Druck, sind nicht in der Favoritenrolle für den Turniersieg oder das Spiel morgen. Ich hoffe, wir können frei aufspielen.»

Wälti spricht über die verlorene Erfahrung durch die Verletzen

«Wir haben immer noch sehr viel Erfahrung her. Aber mit Ramona Bachmann erlitten wir sicher einen grossen Verlust. Wichtig ist, dass wir unsere Erfahrung teilen. Es kommen immer wieder die Jüngeren, die fragen, wie es den sei vor 50'000 Menschen zu spielen. Es ist aber wichtig, dass wir ihnen gar nicht zu viel verraten. Denn wir brauchen ihre frische, sie sollen uns ihren Druck abgeben können und einfach frei aufspielen können.»

Laut Ex-Trainerin Inka Grings rumort es im Team - «Stimmt nicht», sagt Wälti

«Es ist immer spannend, was da alles rauskommt. Aber wir haben eine super Stimmung bei uns. wir sind sehr extrovertiert, tanzen, lachen und freuen uns gemeinsam. Gestern war wegen Luanas Abreise ein schwieriger Tag, weil wir alle sehr mit ihr gelitten haben. Aber im Team haben wir eine sehr gute Stimmung, deswegen weiss ich nicht, woher diese Gerüchte kommen. Es hat uns immer ausgezeichnet, das wir es gemeinsam gut haben.»

Wäre Wälti auch abgereist, hätte es nicht gereicht?

Wenn ich nicht fit genug gewesen wäre, meine Verletzung zu schlimm gewesen wäre, dann wäre ich auch abgereist. Ich habe viel riskiert, aber versucht, nicht zu viel zu trainieren. Bei Luana Bühler hat es leider nicht gereicht, aber sie hat trotzdem enorm viel zu unserer Vorbereitung beigetragen.

Weshalb ist Pia Sundhage überhaupt in die Schweiz gekommen?

«Der Grund, weshalb ich hier bin, ist der morgige Tag. Das wird so viel mehr als nur ein Spiel sein. In Schweden hatte ich im Jahr der Heim-EM eines meiner besten Jahre in meiner Trainer-Karriere überhaupt. Ja, die Schweiz hat nicht so viele Spielerinnen und einen kleineren Staff als andere Teams die ich gecoached habe. Aber es war fantastisch für mich, hier bei der Schweiz zu lernen. Wir haben verloren und gewonnen. Und morgen, hoffe ich, kommt ein weiterer Sieg dazu.»

Pia Sundhage spricht über die Vorbereitung

«Das Schweizer Nationalteam ist phänomenal, wenn es darum geht, eine Bubble zu kreieren. Ich bin sehr stolz darauf, wie sie die Macht, anders zu sein, Regeln zu brechen, umgesetzt haben. Für morgen denke ich sind alle bereit. Es ist viel Druck, aber das werden wir zu unserem Vorteil nutzen. Ich bin sehr stolz auf jede einzelne Spielerin.»

«Man kann von jeder Spielerin lernen. Es sind alle extrem unterschiedlich, wir kommen von verschiedenen Klubs und haben unterschiedliche Level. Aber letztendlich bringen alle etwas mit», ergänzt Lia Wälti.

Wie ging Wälti mit den verschiedenen Ausfällen und ihrer Verletzung um?

«Es ist einfach so. Man muss viel Glück haben, um an so einem Turnier dabei zu sein. Wir wussten, dass einige Spielerinnen die EM verpassen werden. Man muss individuell alles dafür geben, positiv eingestellt sein. Das habe ich versucht. Auch wenn es für mich keine einfache Vorbereitung war, ich habe mir das schon anders vorgestellt.»

Was bedeutet diese EM und die Captain-Rolle für Wälti?

«Ich hätte mir das nie vorstellen können, hier zu sitzen, vor dem Eröffnungsspiel der EM bei uns in der Schweiz. Wir wollen die Nation inspirieren, und alles geben, damit wir erfolgreich sein können, auch in der Zukunft.»

Wie geht es Lia Wälti?

«Mir geht es gut. Ich habe hart daran gearbeitet, dass ich morgen auf dem Platz stehen kann. Die Trainerin wird dann entscheiden. Mental war es nicht einfach. Jede Spielerin möchte an diesem Turnier dabei sein. Ich denke, ich hatte genug Erfahrung, um zu wissen, worauf es ankommt. Ich freue mich, dass ich hier und heute dabei sein darf. Ich schätze es unglaublich, dass ich hier bin.»

Herzlich willkommen

Am Dienstagabend treten Schweizer Nati-Captain Lia Wälti und Trainerin Pia Sundhage vor die Medien. Ob Wälti, die zuletzt verletzt ausfiel rechtzeitig fit wird und was Sundhage vom Spiel gegen Norwegen am Mittwochabend erwartet lesen Sie hier, live im Ticker.