Als er am Montag erstmals in diesem Jahr im Foro Italico in Rom spielte, waren 6000 Zuschauende zugegen. Sie begrüssten ihn mit Applaus, mit Sprechchören und das Fernsehen ging live auf Sendung. Die Euphorie um Jannik Sinner scheint in Italien grenzenlos, dabei trainierte er doch nur.
Auch die heimischen Gazetten begleiteten die Rückkehr des dreifachen Grand-Slam-Siegers mit fiebriger Berichterstattung. Die «Gazzetta dello Sport» schrieb, ihn erwarte eine «königliche Rückkehr. Ganz Rom, ganz Italien, erwartet ihn mit Herzklopfen.» Auch Sinner dürfte Herzklopfen spüren. Denn seit Ende Januar hatte er eine Dopingsperre verbüsst.
Sinner trennte sich von Physiotherapeut
Im März 2024 war er zweimal positiv auf das Steroid Clostebol getestet worden. Dafür wurde er zweimal für wenige Tage provisorisch gesperrt. Beide Male erfuhr die Öffentlichkeit erst nach Abschluss des Verfahrens davon. Die Substanz sei mit einer Creme bei einer Behandlung über die Hände seines Physiotherapeuten in seinen Körper gelangt. Inzwischen hat er sich von Giacomo Naldi und Athletiktrainer Umberto Ferrara getrennt.
Drei Monate musste Jannik Sinner zuletzt aussetzen. Beim Masters-Turnier in Rom, das am Mittwoch beginnt, kehrt der Italiener auf den Platz zurück.
Wenn Sinner über die letzten Monate spricht, dann zeigt er keine Reue. Es sei eine harte Zeit gewesen, in der er «unter grossem persönlichem Druck gestanden» habe, weil er nicht mit vielen Leuten darüber sprechen konnte, was wirklich passiert sei. Die Zwangspause habe er dann nutzen wollen, um Freunde bei Radrennen oder im Motorsport zu unterstützen, was nicht möglich war, weil die Sperre auch für den Besuch von Veranstaltungen gilt.
Kritik aus Spielerkreisen
Sinner sieht sich immer noch in der Opferrolle. Die Sperre sei für ihn schwer zu akzeptieren gewesen, denn er wisse, was genau passiert sei. «Manchmal müssen wir in einem sehr schlechten Moment das Beste auswählen», sagte der 23-Jährige zur Einigung mit der Welt-Doping-Agentur WADA. Diese folgte Jannik Sinners Argumentation, die verbotene Substanz sei unabsichtlich bei einer Behandlung in seinen Körper gelangt.
Aus Spielerkreisen wurden Stimmen laut, die eine Ungleichbehandlung beklagen. Zumal Ende 2024 bekannt geworden war, dass im Sommer mit Iga Swiatek die damalige Nummer 1 bei den Frauen ebenfalls positiv auf eine verbotene Substanz getestet worden und in der spielfreien Zeit für einen Monat gesperrt worden war. Kürzlich sagte Serena Williams dem «Time Magazine», sie hätte in der gleichen Situation «20 Jahre bekommen. Lasst uns ehrlich sein, man hätte mir die Grand Slams weggenommen.»
Immer noch die Nummer 1 der Welt
Sinner hat derartige Kritik immer zurückgewiesen. Obwohl er 2025 mit den Australian Open nur ein Turnier gespielt und dieses gewonnen hat, führt er die Weltrangliste noch immer an. Kontakt habe nur mit wenigen Spielern gepflegt. «Einige Botschaften haben mich positiv überrascht. Von andern hatte ich hingegen eine Nachricht erwartet, doch sie kam nicht.» Er sei guten Mutes, dass sich «mit der Zeit alles klären wird», sagte Sinner.
In seiner Abwesenheit sind die Hierarchien im Männertennis regelrecht erodiert, ohne dass sich neue Machtverhältnisse verfestigt hätten. In vier Turnieren der Masters-1000-Kategorie und sechs der nächsttieferen 500er-Serie gab es gleich zehn verschiedene Sieger, zuletzt in Madrid mit Casper Ruud. Weiter ohne Titel ist hingegen der erfolgreichste Spieler der Geschichte, Novak Djokovic. Er fehlt ohne Angabe von Gründen in Rom.
Und so kommt es, dass Sinner die Weltrangliste noch immer mit einem Vorsprung von 1645 Punkten Vorsprung auf Alexander Zverev anführt. Bis mindestens zu den French Open wird sich daran auch nichts mehr ändern.
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