Pius: Beat Feuz habe ich zweimal verschlafen. Dario Colognas Goldmedaille habe ich auf der Fahrt ins Geschäft im Radio mitbekommen. Ebenso Wendys Silber. Es ist furchtbar und ich habe schon fast ein schlechtes Gewissen. Aber diese Spiele ziehen – televisionär – bislang an mir vorbei.
David: Das geht mir und wohl auch vielen anderen Menschen in der Schweiz ähnlich.
Flavio: Mir nicht. Ich kriege ziemlich viel mit. Und vor allem entdecke ich viel Neues.
François: Was zum Beispiel?
Flavio: Mir war gar nicht bewusst, dass wir in Italien Curling spielen – bis wir bei Olympia die Schweizer bezwungen haben. L’Italia s’è Nesta, la, la, lala ...
Pius: Schade, hören wir diese Hymne nächsten Sommer bei der Fussball-WM nicht.
Flavio: Das sagt ausgerechnet einer, der fast eine Woche auf den ersten Sieg warten musste, während wir längst im Goldrausch waren. Und den ausgerechnet einer unserer Fratelli erlöst hat.
Pius: Fratelli?
Flavio: Logisch. Colognas Eltern sind aus Italien eingewandert, haben sich nur einen Kilometer hinter der Grenze niedergelassen und beantragten erst viele Jahre später für sich und die Kinder den Schweizer Pass. Ein Italiener ist der erfolgreichste Wintersportler der Schweiz. Ausserdem hat Cologna in Italien Fussball gespielt.
Pius: Ihm war wohl schon früh bewusst, dass er es mit der Squadra Azzurra nicht weit bringen würde.
François: Trotz wenig TV-Konsum scheint das Olympia-Fieber ziemlich ungebrochen.
Tobias: Bei mir nicht wirklich.
François: Also ein weiteres Argument, Sion 2026 zu unterstützen. Allein schon, um die Männerabfahrt zu einer christlichen Zeit schauen zu können.
David: Das Problem ist nur, dass die nächsten Olympischen Spiele auch in Asien stattfinden. 2020 in Tokio, 2022 in Peking. Das Problem ist: Falls ich es schaffe, meinen Tagesablauf den Spielen in Asien anzupassen, laufe ich Gefahr, die Wettkämpfe 2026 in Sion zu verschlafen. Quasi innere olympische Uhr.
Tobias: Das heisst aber auch, man könnte im «No Billag»-Streit einen Kompromiss schliessen. Die Billag-Gebühren werden so lange ausser Kraft gesetzt, bis Olympische Spiele wieder in unserer Zeitzonen stattfinden. Denn ich frage mich schon, wofür ich Billag sonst bezahlen soll, wenn nicht für die Live-Berichterstattung von grossen Sportanlässen.
Flavio: Apropos: Nach dem Goldmedaillengewinn von Dario Cologna kam es beim Schweizer Fernsehen zu einer skurrilen Szene.
David: Wie? Was?
Flavio: Unser Appenzeller Local-Hero Paddy Kälin hat quasi die Hosen runtergelassen.
David: Wie, vor laufender Kamera?
Flavio: Ja, Kälin hat sich enerviert, weil Cologna sein erstes Siegerinterview Eurosport gegeben hat. Dazu sagte er: «Natürlich ist das SRF nicht der allergrösste Player weltweit. Deshalb müssen wir auch mal hinten anstehen. Obwohl es ein Gentlemen’s Agreement gibt, das besagt, dass der Olympiasieger jeweils zuerst zum Landesfernsehen geht.»
David: Das lässt zwei Schlüsse zu. Entweder ist Cologna ein «No Billag»-Mann. Oder Eurosport will künftig in der Schweiz Service public bieten.
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