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Neuer Bundestrainer

«Gute Gespräche»: Julian Nagelsmann soll Deutschland an Heim-EM führen

Julian Nagelsmann soll Medien zufolge neuer Bundestrainer werden. Die persönlichen Gespräche zwischen Verbandsführung und dem Ex-Bayern-Coach sind angelaufen. Der Zeitrahmen scheint klar abgesteckt.
Julian Nagelsmann soll Deutschland an die Heim-EM führen.
Bild: Bild: Keystone

Julian Nagelsmann ist beim DFB auf dem Weg zum Projektarbeiter. Ein halbes Jahr nach seinem plötzlichen Aus beim FC Bayern soll der 36-Jährige zum zweitjüngsten Nationaltrainer der deutschen Geschichte werden und die Heim-EM 2024 als Zielpunkt einer zehn Monate langen Reise verantworten. Laut «Bild» und «Kicker» ist eine Einigung bereits erzielt und eine Verkündung des neuen Bundestrainers Nagelsmann nah. Der Deutsche Fussball-Bund verwies am Dienstag auf ein erstes persönliches Treffen von Präsident Bernd Neuendorf und Sportdirektor Rudi Völler mit Nagelsmann und liess zurückhaltend verlauten: «Wir sind in guten Gesprächen.» Diese sollen in den kommenden Tagen fortgesetzt werden.

Auch ohne Verbands-Bestätigung einer Einigung scheint die Richtung klar: Die EM im eigenen Land wird zu einem Nagelsmann-Projekt mit klar festgelegtem vertraglichen Ende - genauso, wie Jürgen Klinsmann die später als «Sommermärchen» titulierte Heim-WM 2006 als Projekt sah, an deren Ende er mit Platz drei und viel Euphorie das Amt an Joachim Löw übergab.

Der DFB kann in diesem Szenario mit dem in der Branche hochgeschätzten Nagelsmann die EM in Angriff nehmen und will sich in den heimischen Stadien für die Turnier-Misserfolge 2018, 2021 und 2022 rehabilitieren. Nagelsmann würde das Nationalteam nach dem WM-Aus und weiteren schweren Rückschlägen ziemlich am Tiefpunkt übernehmen. Für den DFB böte sich zudem die Möglichkeit, ab 2024 doch noch ein Langzeitprojekt mit Liverpools Jürgen Klopp, der als Wunschlösung gilt, anzugehen. Die Debatte über einen Nachfolger nach dem Heimturnier könnte in diesem Szenario aber auch die Monate bis zur EM massiv prägen.

Nagelsmann verzichtet auf viel Geld

Nagelsmann würde wie beim FC Bayern 2021 auf Hansi Flick folgen, sein bis Sommer 2026 gültiger Vertrag bei den Münchnern soll demnach aufgelöst werden. Der deutsche Meister würde auf eine Ablöseforderung verzichten, sich aber auch nicht an Nagelsmanns DFB-Gehalt beteiligen. Dieses soll laut «Bild» deutlich niedriger ausfallen als beim FC Bayern.

Hansi Flick musste Anfangs September nach einer Blamage gegen Japan seinen Posten räumen.
Bild: Bild: Marcus Brandt / dpa

Viel Zeit wird Nagelsmann auf dem Weg zur Heim-EM, die den gebürtigen Oberbayern am 14. Juni mit der DFB-Auswahl wieder nach München bringen würde, nicht haben. Schon im Oktober steht die immer wieder diskutierte Amerika-Reise mit Spielen gegen die USA und Mexiko an.

Danach folgt zum Jahresabschluss das Spiel gegen Österreich. Die Alpenrepublik wird seit Juni 2022 von Ralf Rangnick trainiert, der in Leipzig ein grosser Förderer von Nagelsmanns Trainer-Karriere war. Das gross gefeierte 2:1 über Vize-Weltmeister Frankreich vor einer Woche unter dem einmaligen Interimscoach Völler soll nach dunklen Monaten unter Flick stimmungsmässig der neue Massstab sein.

Der Fakt, dass der DFB früh und offen die Gespräche mit Nagelsmann bestätigt, deutet an, dass andere Kandidaten wie Routinier Louis van Gaal oder Stefan Kuntz keine grossen Optionen für das EM-Projekt waren. Nagelsmann wäre nach Otto Nerz der zweitjüngste Bundestrainer der DFB-Geschichte und soll nach Stationen bei der TSG Hoffenheim, RB Leipzig und dem FC Bayern nun das Krisenkind Nationalmannschaft aus der tiefen Krise führen.

Alte Bekannte aus der Bayern-Zeit

«Natürlich kann er das», sagte Thomas Tuchel, der im Frühjahr als Nachfolger Nagelsmanns Job in München übernahm, schon vergangene Woche. «Er ist ein herausragender Trainer», an «fachlicher Qualität oder Skills» werde es nicht scheitern. Auch Bayerns Ehrenpräsident Uli Hoeness traut Nagelsmann den Job grundsätzlich zu, hob aber in der «Süddeutschen Zeitung» nach schwierigen Monaten die Grösse der Herausforderung hervor: «Der DFB könnte jetzt den Kaiser von China holen, der würde es auch schwer haben.» Hoeness’ pragmatischer Ratschlag: Laptop weg und «erst einmal über die Emotion kommen».

Also ganz wie Völler, dem nach dem schmachvollen 1:4 gegen Japan unter Flick eine spektakuläre Umkehr von Tristesse in Begeisterung gelang. Doch Nagelsmanns Reise, die am 14. Oktober (21.00 Uhr) in East Hartford beim WM-Gastgeber 2026 beginnen würde, hätte einige Tücken mehr. Nach dem dreimaligen Scheitern bei grossen Turnieren scheint eine ganze Spielergeneration um Joshua Kimmich massiv angezählt. Die Spiele nach dem WM-Flop von Katar machten dabei kaum Hoffnung auf Besserung.

DFB-Sportdirektor Rudi Völler betreute die DFB-Auswahl im Testspiel gegen Frankreich. Er hat von Anfang an klargemacht, dass er nicht als Trainer infrage komme.
Bild: Bild: Christopher Neundorf / EPA

Nagelsmann träfe beim DFB auch auf den Bayern-Block, mit dem er in München knapp zwei Jahre zusammengearbeitet hatte. Kimmich und Leon Goretzka könnten die grossen Gewinner des Trainerwechsels sein und auch im DFB-Team wieder zu der zentralen Achse werden, die sie unter Nagelsmann - und teilweise auch auf dem Weg zum Triple 2020 unter Flick - bildeten. Im DFB-Team wurde Kimmich zuletzt nach rechts geschoben, Goretzka nicht einmal mehr nominiert und Triple-Sieger Ilkay Gündogan zum Captain erklärt.

Auch wie ein derzeit ohnehin nicht absehbares Comeback von Ex-Weltmeister Manuel Neuer verläuft, wäre spannend zu beobachten. Die Bayern und Nagelsmann hatten sich Anfang des Jahres zur grossen Enttäuschung Neuers von dessen Torwarttrainer Toni Tapalovic getrennt. Der langjährige Ersatzmann und Herausforderer Marc-André ter Stegen meldete noch unter Flick seinen deutlichen Anspruch auf einen EM-Stammplatz an. «Ja, ich bin die Nummer eins im Moment. Ich habe lange auf diesen Moment gewartet und glaube, dass ich den Moment nutzen kann. Ich werde alles dafür tun, dass ich den Status behalte», sagte Ter Stegen. (dpa)

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