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WM-Qualifikation

Angst vor einer Eskalation: Israels Fussballer stehen vor Spiessrutenlauf in Norwegen und Italien

Während im Nahen Osten Hoffnung auf Frieden keimt, bleibt die Lage für Israels Fussballer bei Länderspielen angespannt. Für die Spieler wird jede Hymne, jedes Auflaufen im Stadion, jeder Pass zum Politikum.
Norwegens Stürmer Erling Haaland empfängt am Samstag Israel im Rahmen der WM-Qualifikation.
Bild: Fredrik Varfjell

Im Nahen Osten keimt Hoffnung auf Frieden. Auch im Sport verfolgt man die Entwicklung im Gazastreifen mit Spannung. Immer lauter, immer vehementer, immer entschlossener wurden in den letzten Wochen die Proteste und Forderungen, Israel auszuschliessen. Jüngst musste die letzte Etappe der Spanien-Rundfahrt abgebrochen werden.

Spaniens Präsident Pedro Sanchez sagte danach: «Solange die Barbarei anhält, sollten weder Russland noch Israel an internationalen Wettbewerben teilnehmen.» Er respektiere die Athleten aus Israel. Das spanische Volk aber bewundere er, «weil es sich für eine gerechte Sache, die Sache Palästinas, einsetzt.» Der Ton war damit gesetzt.

Schon Mitte September kam es vor dem Ullevaal-Stadion in Norwegens Hautpstadt Oslo zu Demonstrationen.
Bild: Gorm Kallestad

Und nun? Die Proteste gegen Israel werden vorerst wohl weitergehen, selbst wenn die Kampfhandlungen wie erhofft eingestellt werden sollten. Das bestätigt auch das «Norwegisch-Palästinische Komitee» gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Stadion wird zur Hochsicherzeitszone

Israels Fussballer stehen vor einem Spiessrutenlauf. Am Samstag spielt die Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation in Oslo gegen Norwegen, drei Tage später in Udine gegen Italien.

Norwegen bereitet sich seit Wochen darauf vor. Das Ullevaal-Stadion wird zur Hochsicherheitszone. Nur rund 3000 Zuschauer dürfen ins Stadion. Strassen werden weiträumig gesperrt, Demonstrationen wurden bewilligt, doch die Behörden fürchten «nicht kontrollierbare Szenen».

Lise Klaveness vom norwegischen Fussballverband sprach sich in der Vergangenheit für einen Ausschluss Israels aus.
Bild: Cornelius Poppe

Die Präsidentin des norwegischen Fussballverbandes, Lise Klaveness, fordert seit Monaten den Ausschluss Israels. «Wir können nicht einerseits Russland suspendieren und andererseits gegenüber Israel schweigen», sagte sie.

Ein Boykott des Spiels schloss sie aus, weil das ein Verstoss gegen das Fifa-Reglement wäre und wohl Norwegens Ausschluss von der WM zur Folge hätte.

Spiel ohne Zuschauer abgeschmettert

Auch in Italien wachsen die Bedenken. Der Bürgermeister von Udine, Alberto Felice De Toni, sprach von einem «unmöglichen Umfeld» und regte eine Austragung ohne Zuschauer an.

Das israelische Team reist unter massivem Schutz. Seit Wochen trainiert es abgeschirmt, Medien haben nur eingeschränkten Zugang. Spieler und Betreuer sprechen kaum öffentlich. Auf die Frage, wie er mit den Protesten umgehe, sagt Kapitän Eli Dasa: «Wir sind hier, um Fussball zu spielen.»

Eli Dasa im November 2023 mit dem Schuh des entführten Bub Nave Soham.
Bild: Toto Marti

Kurz nachdem die Hamas im Oktober 2023 Israel angegriffen hatte, hielt Dasa vor einem Spiel einen Kinderschuh in die Höhe. Er gehörte Nave Shoham und war das Einzige, was vom Achtjährigen geblieben war, nachdem er, zusammen mit sieben Mitgliedern seiner Familie, in den Gazastreifen entführt worden war. Drei weitere sind ermordet worden.

Nave ist nach 50 Tagen in Geiselhaft freigelassen worden, wie seine Mutter Adi und Bruder Yahel. Vater Tal blieb hingegen weiter in Gefangenschaft. Erst im Februar 2025 kam der israelisch-österreichische Doppelbürger frei, nach 505 Tagen in Geiselhaft.

Uefa prüfte Ausschluss Israels

Während die Uefa den Ausschluss von Maccabi Tel-Aviv prüfte, hielt die Fifa ihre schützende Hand über Israel.

«Wir setzen uns dafür ein, die Kraft des Fussballs zu nutzen, um Menschen in einer gespaltenen Welt zu vereinen. Unsere Gedanken sind bei denen, die unter den vielen Konflikten weltweit leiden. Die wichtigste Botschaft, die der Fussball vermitteln kann, ist die des Friedens und der Einheit», sagte Fifa-Präsident Gianni Infantino in Zürich.

Für Fifa-Präsident Gianni Infantino war ein Ausschluss Israels nie ein Thema.
Bild: Fabrizio Corradetti

«Heil-Hitler»-Rufe vor dem Stadion

Auch Einzelsportler aus Israel bewegen sich seit der Eskalation im Oktober 2023 in einem schwierigen Umfeld. Bei den Olympischen Spielen in Paris waren sie Feindseligkeiten ausgesetzt: «Heil-Hitler»-Rufe, Palästina-Flaggen, Drohungen gegen Athleten.

Schon im Vorfeld hatten arabische Staaten und Palästina den Ausschluss Israels gefordert. Die Begründung: Wie Russland in der Ukraine begehe das Land im Gaza-Streifen einen Genozid.

Das Internationale Olympische Komitee IOC hatte dafür kein Gehör. An einem Anlass im Maison Suisse sagte der damalige Präsident Thomas Bach: «Wir alle wissen, dass es Kräfte gibt, die uns spalten wollen. Aber wir werden ihnen hier die Botschaft vermitteln, dass sie damit keinen Erfolg haben werden.»

Israels Athletinnen und Athleten bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris.
Bild: EPA

Morddrohungen gegen Athleten

Es blieb Wunschdenken. Es begann bei der Eröffnungsfeier auf der Seine, wo Palästinas Fahnenträger, Wasim Abusal, ein Hemd zur Schau trug, auf dem Kampfjets aufgestickt waren, die Bomben auf ein Fussball spielendes Kind abwerfen. Der Boxer bezeichnete das als «Botschaft des Friedens».

Noch bevor das olympische Feuer entzündet worden war, erhielten drei israelische Athleten anonyme Morddrohungen. Frankreichs damaliger Innenminister Gérald Darmanin leitete daraufhin eine Untersuchung ein.

Nach der Eröffnungsfeier wurden die Landesfahnen gehisst. Der Irak, im Alphabet ein Nachbar, forderte beim IOC, die Flagge mit dem Davidstern zu verschieben oder zu entfernen, damit die eigene nicht daneben weht.

Beim Spiel zwischen Mali und Israel (1:1) bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris kam es zu Ausschreitungen.
Bild: EPA

Bei einem Fussballspiel zwischen Israel und Mali schwenkten Zuschauer palästinensische Fahnen und skandierten «Heil Hitler» in Richtung der israelischen Anhänger. Draussen gab es Proteste. Hunderte Polizistinnen und mit Maschinengewehren bewaffnete Soldaten sicherten das Stadion.

Die israelische Delegation reist mit eigenen Sicherheitskräften nach Oslo und nach Udine. Für Israels Captain Eli Dasa und seine Mitspieler wird jede Reise, jede Nationalhymne, jedes Spiel vor Publikum zum Politikum. Was am 7. Oktober 2023 und danach geschah, wirkt nach. Auch im Sport.

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