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Deutschland

Füllkrug ist plötzlich ein Hoffnungsträger

Mit 29 Jahren wurde Niclas Füllkrug auf diese WM hin erstmals für die Nationalmannschaft aufgeboten. Der Spätzünder bringt Qualitäten mit, die dem deutschen Team zuletzt gefehlt haben.
Bild: KEYSTONE/DPA/ROBERT MICHAEL

Wer für eine WM aufgeboten wird, ohne vorher je ein Spiel für die Nationalmannschaft bestritten zu haben, der darf sich normalerweise keine Hoffnungen auf viel Einsatzzeit machen. Anders ist es bei Niclas Füllkrug. Seine starken Leistungen in dieser Saison gepaart mit den Umständen im deutschen Team führen dazu, dass Trainer Hansi Flick kaum um den bulligen Stürmer herumkommen dürfte.

Wer ist Niclas Füllkrug?

Füllkrug ist geborener Hannoveraner, wurde als 13-Jähriger von Werder Bremen entdeckt und verbrachte die folgenden Jahre im Vereins-Internat. Schnell galt er als grosses Stürmertalent und erhielt Aufgebote für die U-Nationalmannschaften Deutschlands.

2012 wurde er in Bremens 1. Mannschaft berufen und erhielt von Teamkollege Marko Arnautovic aufgrund seiner Zahnstellung den wenig schmeichelhaften Spitznamen "Lücke". Diese beim Zahnarzt schliessen zu lassen, hat Füllkrug lange nicht ausgeschlossen. Doch mittlerweile hat der Namen Kultstatus erreicht und wird von Fans wie auch in den Medien liebevoll verwendet ("Mut zu Lücke", zum Beispiel in "Der Spiegel"). Als Füllkrug vor drei Jahren gefragt wurde, ob er lieber mit Niclas oder mit Lücke angesprochen werde, entschied er sich für Letzteres. Alternativ wird der verheiratete Vater einer 2019 geborenen Tochter auch "Fülle" genannt.

Was zeichnet ihn aus?

Als Miroslav Klose, Deutschlands Rekordtorschütze, 2018 gefragt wurde, wer ihn auf seiner Position beerben könnte, nannte er Niclas Füllkrug. "Er bringt einfach vieles mit, was einen Mittelstürmer ausmacht", sagte er damals in einem Interview.

Füllkrug ist gross (1,89 m) und trotzdem schnell, durchsetzungsfähig und wendig. Und wie jeder gefährliche Stürmer verfügt er über den "Strafrauminstinkt", er weiss genau, wo er stehen oder wohin er laufen muss.

In der letzten Saison kam er in 24 Einsätzen auf 19 Treffer, diese Saison steht er bei 14 Spielen und 10 Toren und wird in der Bundesliga einzig von Leipzigs Christopher Nkunku übertroffen (12 Tore). Kein anderer deutscher Stürmer, ob in der Bundesliga oder sonst wo, kommt auf eine solche Ausbeute.

Weshalb flog er so lange unter dem Radar?

Als Klose vor ziemlich genau einem Jahr darauf angesprochen wurde, dass er Füllkrug als seinen Nachfolger genannt hatte, räumte er ein: "Da lag ich wohl ganz schön daneben." Damals spielte Füllkrug mit Werder Bremen dort, wo er die meiste Zeit seiner Karriere verbracht hatte: in der 2. Bundesliga. Seine Stationen nach seinem Werder-Debüt 2012 lauteten Greuther Fürth, Nürnberg und Hannover, ehe er 2019 nach Bremen zurückkehrte.

Dass er nicht mehr Einsätze in Deutschlands höchster Liga erhielt, geschweige denn ein Aufgebot für die Nationalmannschaft, lag in erster Linie an einigen schweren Verletzungen. Ein erster Knorpelschaden im Knie warf ihn zu Beginn seiner Karriere zurück. Ein zweiter kam 2018 inmitten seiner bis dato besten Phase, als er bei Hannover unter dem späteren FCZ-Trainer André Breitenreiter zum Toptorschützen avancierte.

Nach seiner Rückkehr zu Bremen erlitt er dann auch noch einen Kreuzband- und Aussenmeniskusriss, der ihn erneut lange ausser Gefecht setzte.

Wie stehen seine Chancen auf WM-Einsätze?

Eigentlich ist es kaum vorstellbar, dass Hansi Flick auf einen Spieler setzt, den er vor dieser Kampagne noch nie aufgeboten hat. Dennoch scheint es nicht abwegig, dass Füllkrug zumindest als Edeljoker eingesetzt werden könnte. Dies liegt in erster Linie am Ausfall von Timo Werner. Der Leipzig-Stürmer war zuvor auf der Position des zentralen Angreifers gesetzt.

Flick setzte auf dieser Position auch schon Kai Havertz ein, der allerdings ebenfalls hinter der Spitze agieren kann. Im einzigen Testspiel vor der WM gegen den Oman stellte der Trainer Havertz hinter dem seit kurzem 18-jährigen Youssoufa Moukoko auf. Dortmunds Sturmtalent konnte jedoch nicht überzeugen und wurde in der zweiten Halbzeit durch Füllkrug ersetzt. Dieser sorgte in der 80. Minute prompt für den einzigen Treffer der Partie. "Das ist ein Mittelstürmer", schwärmte der TV-Kommentator. In der Analyse darauf angesprochen, meinte Flick: "Man hat seine Präsenz auf dem Platz klar gespürt, wir sind sehr zufrieden mit seinem Einstand."

Füllkrug erlitt danach einen grippalen Infekt und fehlte bei der ersten Trainingseinheit. Inzwischen steht er jedoch wieder auf dem Platz und scheint fit zu sein, an dieser WM eine Rolle zu spielen, die ihm noch vor wenigen Monaten niemand zugetraut hätte. (sda)

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