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WM-Qualifikation

Frei, Vogel, Stiel, Henchoz: Wie die Fussball-Promis die Qualitäten der Schweizer Nati einschätzen

Die Entscheidung naht. Am Samstag gegen Ungarn, am Dienstag in Portugal – die letzten zwei Spieltage entscheiden, ob sich die Schweiz direkt für die WM qualifiziert. Zwei Remis reichen sicher. Sollte aber Portugal seine beiden letzten Spiele gewinnen, muss die Schweiz in die Barrage.

Doch wie gut ist dieses Team von Nationaltrainer Vladimir Petkovic wirklich? Die «Nordwestschweiz» hat mit ehemaligen Nationalspielern über das Team gesprochen. Jörg Stiel (21 Länderspiele), Stéphane Henchoz (72), Johann Vogel (94) und Alex Frei (84) waren allesamt über Jahre Teamstützen. Ihr Eindruck der Nati ist fast durchweg positiv.

Jörg Stiel - Die Torhüter

Auf der Goalieposition müssen wir uns für die nächsten Jahre keine Sorgen machen. Yann Sommer, Roman Bürki und Marwin Hitz haben alle enorme Stärken. Über Schwächen mag ich gar nicht sprechen, weil ich kaum welche sehe.

Sommer ist vom Mitspielen her wie ein elfter Feldspieler. Er ist eine grosse Persönlichkeit und präsent im Spiel. Obwohl er kein Lautsprecher ist, spürt man ihn. Er hat einen starken Reflex und dank seiner Sprungkraft auch eine gute Strafraumbeherrschung.

Bürki hat eine enorme physische Präsenz. Er ist sehr stabil. Auch er ist eine Persönlichkeit, ein positiver Typ und stark im 1:1. In Situationen, in denen andere am Boden liegen, steht Roman immer noch. Das sieht man selten. Das ist eine Riesenstärke. Für seine Grösse von gegen 1,90 Meter ist er sehr beweglich, auch mit dem Fuss stark.

Marwin Hitz hat eine extrem gute Entwicklung gemacht. Er ist ein ganz anderer Goalietyp als die anderen zwei. Von den Bewegungen her ist er viel ruhiger. Das kann einer Mannschaft einen extremen Rückhalt geben.

Yvon Mvogo hat Potenzial, ist aber die klare Nummer 4. Er braucht Zeit, und es wäre gut, wenn er Spielpraxis hätte. Gerade bei einem jungen Goalie ist es heikel, wenn er nicht spielt.

Stéphane Henchoz - Die Verteidigung

Beginnen wir mit der Betrachtung im grossen Bild: Drei Gegentore in acht Spielen, das ist eine exzellente Bilanz. Ok, es waren auch sehr schwache Gegner dabei. Aber dann verweise ich auf die EM, da waren die Gegner stark – doch unsere Verteidigung hat trotzdem gehalten.

Vor der EM hatte ich Angst wegen unserer Defensive. Jetzt bin ich überzeugt, dass sie bereit ist für den grossen Test in Portugal. Es ist ein Test, den die Schweiz nun seit über einem Jahr nicht mehr hatte. Wir dürfen also gespannt sein. Interessant scheint mir vor allem, dass sowohl Djourou als auch Schär im Nationalteam viel besser sind als in ihren Klubs.

Warum? Die beiden ergänzen sich offensichtlich ziemlich gut. Die beste Innenverteidigung besteht häufig nicht aus den beiden individuell besten Akteuren. Sondern aus jenem Paar, das am besten harmoniert. Und genau das tun Djourou und Schär.

Dazu kommt mit Manuel Akanji eine hoffnungsvolle Ergänzung. Das ist wichtig, gerade mit Blick auf ein grosses Turnier. Bleiben die Aussenverteidiger. Ricardo Rodriguez hat an der WM in Brasilien einmal gesagt, die Schweiz habe die besten Aussenverteidiger der Welt. Nun, man muss vielleicht nicht gerade übertreiben. Aber für das Duo Lichtsteiner/Rodriguez gilt das Prädikat ‹Weltklasse› durchaus.

Johann Vogel - Das Mittelfeld

Unser Mittelfeld ist stark. Alle spielen Woche für Woche in Topligen auf hohem Niveau. Ob Xherdan Shaqiri, Granit Xhaka, Valon Behrami, Admir Mehmedi oder Blerim Dzemaili: Alle bringen viel Erfahrung mit. Sie haben vielleicht in der Nati nicht immer so brillant gespielt, dass man ihnen die Note 6 hätte geben müssen, dafür aber mit einer aussergewöhnlichen Konstanz.

Genau das braucht es in einer Qualifikation. Ich betrachte Xhaka schon lange als Chef im Schweizer Mittelfeld. Er bestimmt und variiert das Spiel mit kurzen oder langen Pässen und ist aufgrund seiner Einsätze in der Premier League in der Lage, das Tempo vorzugeben. Behrami ist der Oldie, hat aber einen hohen Stellenwert. Er ist der Puncher und kann den Gegner abbeissen.

Es ist sehr schade, dass er nicht dabei ist, er ist schwierig zu ersetzen. Aber vielleicht kann ja Dennis Zakaria in seine Rolle schlüpfen, ihm traue ich das durchaus zu. Dass Dzemaili in den USA spielt, betrachte ich nicht als Nachteil. Hauptsache, er hat Spielpraxis. Und die Major League Soccer ist ja auch nicht so schlecht. Er hat einen guten Schuss, ist gefährlich im Sechzehner. Generell hat die Schweiz eigentlich immer ein gutes Mittelfeld, das war nie das Problem.»

Alex Frei - Der Angriff

Haris Seferovic hat einen tollen Lauf. Man lebt als Stürmer vom Selbstvertrauen. Und wie holt man das? Über die Leistungen im Klub. Indem man Tore schiesst. Wenn das Selbstvertrauen nur gespielt ist, merkt man das spätestens nach zehn Minuten auf dem Platz. Generell gesehen fehlt mir bei den Stürmern die Beständigkeit.

Auch die Fähigkeit, Widerstand zu akzeptieren. Man sollte sich Ziele setzen, eine gewisse Anzahl Tore erreichen wollen, auch einmal im Torschützenklassement einen vorderen Rang belegen. Und nicht immer beim ersten Widerstand den Klub wechseln. Vielleicht zweimal überlegen, wenn es einem irgendwo gut geht. Das sind die Fragen, die ich mir stelle – und auch den Junioren weitergeben möchte.

Man muss am Widerstand wachsen, sonst hat man keine Chance. Generell betrachtet gefällt mir die aktuelle Mannschaft unglaublich gut. Die nackten Zahlen sprechen dafür. Und das Team ist sehr gut organisiert. Sehr stilsicher und spielsicher. Zum Schluss: Ich wünschte mir, dass Behrami und Lichtsteiner über diese Kampagne hinaus weitermachen. Das sind zwei Elemente, welche die Mannschaft zusammenhalten.»

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