Riola Xhemaili zaubert mit der Hacke, spielt den Ball in den Lauf von Géraldine Reuteler, sie versenkt den Ball wunderbar im tschechischen Tor. Der Treffer zum 2:1 kurz vor der Pause dieser EM-Hauptprobe ist ein Gedicht. Er zeigt: Diese Frauen in rot, die können tatsächlich das, was in den letzten Tagen und Wochen in Frage gestellt wurde: Richtig gut Fussball spielen.
Nicht alles glänzt an diesem Abend in Winterthur. Aber vieles schimmert gut genug, um die Vorfreude auf die Heim-Europameisterschaft wieder zu wecken. Natürlich handelt es sich lediglich um ein Testspiel gegen ein Team das die Qualifikation für die Europameisterschaft verpasst hat und das gegen die Schweiz von bescheidener Qualität ist. Dennoch ist der Auftritt der Schweizerinnen der beste dieses durchzogenen Jahres. Das macht Mut.
Der Sieg hätte sogar noch höher ausfallen können
Die Schweizerinnen gewinnen das Spiel gegen Tschechien schliesslich mit 4:1. Neben Xhemaili und Reuteler können sich Smilla Vallotto und Svenja Fölmli in die Torschützenliste eintragen lassen. Dabei zeigen die Nationalspielerinnen angetrieben vom Publikum schöne Spielzüge – und abgesehen von dem schwach verteidigten Gegentor eine solide Defensivleistung.
Der Sieg an diesem Sommerabend hätte gar noch etwas höher ausfallen können. Durch die eingewechselten Sydney Schertenleib und Leila Wandeler hat die Schweiz weitere Topmöglichkeiten, drückt in der zweiten Hälfte auf weitere Tore. Ausser dem späten Treffer durch Svenja Fölmli bleiben die Schweizerinnen aber jeweils an der tschechischen Torhüterin oder dem Pfosten hängen.
Neben dem Wecken der Vorfreude dient die Testpartie sechs Tage vor dem Eröffnungsspiel auch dazu, offene Fragen zu beantworten. Jene nach der Nummer 1 im Schweizer Tor etwa. Zwar trägt Livia Peng die Rückennummer 12, sie steht aber gegen Tschechien zwischen den Pfosten und hat wie in den letzten Tagen vermutet wurde das spezielle Duell um die Nummer 1 im Schweizer Tor für sich entschieden. Die 23-jährige Bündnerin kann beim Gegentor nicht eingreifen und hat bei einem Ball in der ersten Hälfte Mühe, zeigt aber ansonsten auch durch ihr offensives Mitspielen weshalb sie schliesslich doch zurecht zwischen den Schweizer Pfosten steht.
Derweil sind andere Positionen noch nicht vergeben. So ist noch offen, wer im von Nationaltrainerin Pia Sundhage bevorzugten 3-5-2-System Aussenpositionen besetzt. In der ersten Hälfte dürfen sich Nadine Riesen und Iman Beney versuchen, danach spielen die routinierteren Ana-Maria Crnogorcevic und Meriame Terchoun. Ähnlich umkämpft ist die Situation bei der mittlere Position der Innenverteidigerinnen. Abwehrchefin Luana Bühler kommt erst nach der Pause, zuletzt hatte die Luzernerin in Diensten von Tottenham mit Verletzungen zu kämpfen, weshalb Sundhage zunächst Julia Stierli die Möglichkeit gab sich zu präsentieren.
Die Frage nach Wältis Fitnesszustand
Die grösste Baustelle hat das Schweizer Team aber zweifelsohne dort, wo die Position seit Jahren eigentlich fix vergeben ist: im defensiven Mittelfeld. Captain Lia Wälti hat an diesem Abend in Winterthur nur einen ganz kurzen Auftritt – und den noch vor Anpfiff. Sie wird für ihre 125 Länderspiele für die Schweiz geehrt. Dabei trägt sie das Ausgangstenü der Schweizerinnen, an ihren Füssen hat sie Sneakers montiert.
Zwar hatte Nati-Trainerin Pia Sundhage noch am Tag vor der Partie behauptet, Wälti sei fit und würde zum Einsatz kommen. Die Realität sieht aber offenbar wenige Tage vor dem Eröffnungsspiel anders aus. Wälti nimmt danach nicht einmal auf der Bank Platz, sondern verfolgt das Spiel auf der Tribüne neben Nati-Sportkoordinator Johan Djourou.
Knieprobleme zwangen die Champions-League-Siegerin mit Arsenal zuletzt dazu Trainings auszusetzen. Für die Schweiz wäre der Ausfall der Schlüsselspielerin vor dem Heimturnier eine Hiobsbotschaft, nachdem mit Ramona Bachmann bereits eine andere über Jahre prägende Figur für die Europameisterschaft Forfait geben musste.
Vertreten wird Lia Wälti in Winterthur von einer Spielerin, der die Zukunft gehört. Noemi Ivelj, die nach der EM zu Eintracht Frankfurt wechselt, spielt auf der Sechs vor der Abwehr eine starke Partie. Der 18-Jährigen gehört genau so wie anderen Toptalenten im Schweizer Team – Sydney Schertenleib und Iman Beney – die Zukunft im Schweizer Nationalteam. Der Auftritt in Winterthur aber zeigt, dass sie bereits an der Heim-Europameisterschaft eine prägende Rolle einnehmen könnte im Schweizer Spiel.
Nach dem Spiel ist klar: Die Stimmung an diesem Abend in Winterthur ist deutlich positiver als in den letzten Tagen. Als das Spiel abgepfiffen wird, erheben sich auch auf der Haupttribüne die Zuschauenden von den Sitzen und applaudieren den Schweizerinnen. Plötzlich denkt man sich doch ein wenig: Die Heim-EM kann kommen.
Telegramm
Schweiz – Tschechien 4:1 (2:1)
Stadion Schützenwiese, 7778 Zuschauende.
Tore: 24. Xhemaili 1:0.27. Cvrckova 1:1. 42. Reuteler 2:1. 56. Vallotto 3:1. 90. Fölmli 4:1.
Schweiz: Peng; Calligaris, Stierli (46. Bühler), Maritz; Beney (46. Terchoun), Mauron (46. Fölmli), Ivelj, Vallotto (65. Schertenleib), Riesen (46. Crnogocevic); Reuteler, Xhemaili (65. Wandeler).
Bemerkungen: Schweiz ohne Wälti (angeschlagen). Länderspieldebüt für Wandeler.
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