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Eishockey

Drei sogenannte «Anti-Pantöffeler» prägen den Schweizer Hockey-Herbst

Luca Cereda, Thierry Paterlini, Christian Wohlwend: Drei Schweizer Trainer mit einer ganz ähnlichen Hockey-DNA haben in der ersten Meisterschaftsphase drei Wunder vollbracht.
Ambri-Trainer Luca Cereda. 
Bild: Bild: Michela Locatelli/Freshfocus

Ein Trio prägt den Hockey-Herbst: Luca Cereda (42), Thierry Paterlini (48) und Christian Wohlwend (46). Drei Schweizer Trainer, die in Ambri, Langnau und Ajoie für die erstaunlichsten Resultate der bisherigen Saison sorgen. Sie mögen vom Temperament her unterschiedlich sein. Aber ihre Hockey-DNA ist erstaunlich ähnlich. Sie stehen als Beispiel dafür, dass eigene Trainer am besten geeignet sind, eine Hockeykultur zu entwickeln. Finnland ist in allererster Linie mit eigenen Trainern die erfolgreichste Hockeynation der letzten Jahre geworden.

Unser Eishockey ist durch den «Import» ausländischer Hockeyphilosophien entstanden. Die stärksten Einflüsse kamen seit 1908 aus England, Nordamerika, Tschechien und Skandinavien. Erst im Laufe der 1990er Jahre ist es gelungen aus diesen Einflüssen eine eigene Philosophie zu entwickeln.

Thierry Paterlini, Headcoach der SCL Tigers. 
Bild: Bild: Michela Locatelli/Freshfocus

Noch im November 2000 gab es in der höchsten Liga bloss einen einzigen Schweizer Trainer: Arno Del Curto. Ein Pionier und gerade deshalb als Exot und Unikum populär. Das Nationalteam wurde vom charismatischen Nordamerikaner Ralph Krueger geführt. Inzwischen prägen die Schweizer unser Hockey. Nicht nur Nationaltrainer Patrick Fischer und Meistertrainer Jan Cadieux. Mindestens so grossen Einfluss haben Luca Cereda, Thierry Paterlini und Christian Wohlwend.

Luca Cereda steht vor der ersten Nationalmannschaftspause mit 32 Punkten sogar noch um sechs Punkte besser da als im Herbst 2018. Damals erreichte er die Playoffs auf dem 5. Platz. Die Langnauer haben in der zweiten Saison mit Thierry Paterlini erstmals seit der Saison 2018/19 realistische Playoff-Chancen und Christian Wohlwend hat mit Ajoie nun sechsmal hintereinander (in Davos, Biel und Bern und auf eigenem Eis gegen Lugano Kloten und die Lakers) gepunktet. Klubrekord.

Wenn der Schuh drückt, legen sie nicht Pantöffeli an

Die beste Charakterisierung für alle drei Trainer: «Anti-Pantöffeler». Was das heisst? Im Jahre 1841 (!) klagte der Pfarrer und Schulkomissär Albert Bitzius in einem erhalten gebliebenen Brief über eine zunehmende Verweichlichung in Worten, die erstaunlich aktuell tönen: «Das Aushalten ziert den Mann, drauslaufen kann jedes Kind. Zum Aushalten wird man aber nicht mehr erzogen, das Ding geht jetzt weicher an, und wenn ein Kind der Schuh gäb wie leise drückt, so legt man ihm Pantöffeli an.»

Christian Wohlwend, Chef an der Bande beim HC Ajoiel.
Bild: Bild: Anthony Anex/Keystone

Luca Cereda, Thierry Paterlini und Christian Wohlwend haben während mehreren Jahren mit Junioren-Nationalteams Erfahrung gesammelt. Sie wissen, wie die neue Spielergeneration tickt. Aber sie sind keine «Spielerversteher», die eine weiche Linie fahren. Sie pflegen einen modernen, kommunikativen und doch konservativen Führungsstil, fördern und fordern ihre Spieler. Wenn also der Schuh in Ambri, Langnau oder Ajoie drückt, dann legen sie nicht Pantöffeli an, sondern lassen die Schlittschuhe fester binden. «Anti-Pantöffeler» eben. Um es salopp zu formulieren: Sie haben die «Miserablen» in die «Respektablen» verwandelt.

Die Fortschritte sind zu allergrösstem Teil auf die Ausbildungsarbeit der Trainer zurückzuführen. Die ist so gut, dass während der Amtszeit von Luca Cereda zwei Spieler (Michael Fora, André Heim) Schnupper-Offerten aus der NHL erhalten haben. In Langnau hat sich Stéphane Charlin unter Thierry Paterlini vom trainingsscheuen Lottergoalie zum Helden entwickelt, der nacheinander Biel und Tabellenführer Gottéron zur Verzweiflung gebracht hat. Und in Ajoie sind mit Christian Wohlwend an der Bande fast alle ein bisschen grösser, schwerer, schneller und selbstsicherer geworden. 2023 ist der Hockeyherbst dieser drei Schweizer Trainer. Sie haben Wunder vollbracht.

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