«Ich liebe Meisterschaften», sagte Ditaji Kambundji vor dem EM-Final. Und wie die 22-jährige Bernerin diese besonderen Herausforderungen erst meistert. Dank Nerven aus Stahl und Beinen wie Dynamit stürmt sie in Apeldoorn zum EM-Titel. Es ist ihre erste internationale Goldmedaille bei der Elite.
Noch verblüffender als dieser Titel, den man aufgrund der aktuellen Leistungsstärken im Vorfeld für möglich hielt, ist Kambundjis Zeit. Sie pulverisiert ihre bisherige Bestmarke um nicht weniger als 13 Hundertstelsekunden und läuft in 7,67 Sekunden neuen Europarekord. Niemand weltweit war in diesem Winter im Hürdensprint auch nur annähernd so schnell unterwegs. Zum Weltrekord fehlten zwei läppische Hundertstel.
Ditaji Kambundjis erste Gedanken im Ziel gelten der Goldmedaille. Sie braucht lange, bis sie auch realisiert, was für eine Fabelzeit sie soeben gelaufen ist. «Ich konnte die Bedeutung dieser Zeit zuerst gar nicht einschätzen. Auch jetzt checke ich sie wohl noch nicht richtig. Und ich hätte nie geglaubt, dass ich eine solche Zeit laufen kann», sagte die 22-Jährige eine halbe Stunde nach ihrem Rennen.
Und wie erklärt sich die neue Europameisterin die herausragende Fähigkeit, im entscheidenden Moment ihre beste Leistung abrufen zu können? Ditaji Kambundji sagt, sie verspüre vor diesen Meisterschaftsrennen pure Freude. «In diesen Momenten das Beste aus mir herausholen zu wollen, hat mich schon immer angetrieben. Ich will nicht irgendwo schnell laufen. Ich will im Final einer Meisterschaft schnell laufen. Es ist ein Antrieb und eine Erwartung, die ich an mich selber stelle.»
Die jüngere Schwester von Mujinga Kambundji sagt, sie habe inzwischen eine grosse Sicherheit in den Rennen. «Ich konnte eine Stabilität aufbauen, die mir das Vertrauen und die Kontrolle über die Hürden gibt.» Das Erfolgsrezept sei einerseits eine mentale Gelassenheit und Ruhe, die sie in den vergangenen zwei, drei Jahren aufbauen konnte sowie eine Gewissheit, dass ihre Läufe technisch auf solidem Fundament stehen. Die Mischung daraus ergibt die derzeit beste Hürdensprinterin der Welt. «Ich freue mich riesig auf die WM in China», tönt es in den Worten von Ditaji Kambundji.
Skotheim überflügelt Ehammer im Hochsprung
Das erwartet spannende Duell zwischen dem Schweizer Hallen-Weltmeister Simon Ehammer und Europarekordhalter Sander Skotheim aus Norwegen offenbart der Siebenkampf. Nach einem perfekten Kugelstossen mit traumhaften 15,15 m und dem erhofften Supersatz auf 8,20 m im Weitsprung sah es lange danach aus, als würde der Appenzeller nach dem ersten Tag als Leader ins Bett steigen.
Doch Skotheim konterte mit einem wahrhaften Höhenflug in seiner Paradedisziplin Hochsprung. Er übersprang sagenhafte 2,19 m und nimmt damit 42 Punkten Vorsprung in den zweiten Tag mit. Beide Athleten sind aktuell auf Kurs Richtung Europarekord.
Ehammer traut sich aufgrund seiner Trainingsleistungen am Samstag ein Feuerwerk mit drei persönlichen Mehrkampf-Bestleistungen zu. Vielleicht wird dieser Wunsch auch zur Pflicht, will sich der Schweizer die anvisierte Goldmedaille sichern. «Es bleibt spannend. Ich muss mich auf mich konzentrieren», sagte der 25-Jährige mit Blick auf Tag 2.
Joseph enttäuscht und bleibt gnädig mit sich
Es gibt wohl keinen Schweizer Leichtathleten, der bei sportlichen Enttäuschungen in der Analyse gnadenloser mit sich ist als Jason Joseph. So gesehen überraschten die Worte des Schweizer Hürdensprinters an der Hallen-EM beinahe mehr als sein vorzeitiges Ausscheiden. Als Titelverteidiger blieb der 26-jährige Baselbieter im Halbfinal sang- und klanglos hängen.
Doch anstatt Selbstzerfleischung betrieb Joseph Psychohygiene. Er spüre keinen grossen Frust, habe alles gegeben und sich nichts vorzuwerfen, sagte er. «Es gibt im Halbfinal immer einen Favoriten, der rausfällt. Diesmal war es dummerweise ich.» Aktuell kämpfe er nach einem hervorragenden Wintertraining und spürbar mehr Energie auf der Bahn noch mit dem Feintuning und der Konstanz. «Ich bin gerade daran, meinen Körper neu kennenzulernen», sagte er. Und offensichtlich auch eine gewisse Sanftmut sich selbst gegenüber.
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