Fabinho hat nicht viel Zeit. Es geht auf die Lehrabschlussprüfung zu und er muss die Schulbank drücken. Im Sommer macht er nach drei Jahren das Examen zum Technischen Kaufmann. «Ich brauche viel Geduld, es ist auch wegen der Sprache schwierig für mich», sagt Fabinho. 37 Jahre alt ist er zwar bereits, doch als Vater einer Tochter und eines Sohnes ist der mit einer Schweizerin verheiratete Brasilianer verantwortlich für den Lebensunterhalt seiner Familie. «Ich bin froh, wenn ich dann etwas in der Hand habe», sagt Fabinho. Nach vielen Jahren als Fussballprofi lässt es sich vom Salär als Trainer des Zweitligisten FC Herisau nicht leben. «Dies ist eher ein Hobby», sagt B-Diplominhaber Fabinho, «aber wenn ich dann die nötigen Diplome habe, ist es schon mein Ziel, eines Tages in der Super League als Profitrainer zu arbeiten.»
Mit 16 schon Profi
Als Spieler hatte er es bis dort hin geschafft, dieser Fabio de Souza mit dem Künstlernamen Fabinho. Doch so richtig grosse Stricke hatte das einst so hoffnungsvolle Talent von Fluminense, das mit 16 Jahren Profi geworden war, nie zerrissen. «In Brasilien war ich Stürmer und habe viele Tore geschossen», sagt Fabinho.» Vermittelt hatte ihn sein Freund Jairo, der zu jenem Zeitpunkt bereits in der Schweiz engagiert war. «Eigentlich hätte ich ja zum FC Sion wechseln sollen», sagt Fabinho, «ich weiss bis heute nicht, weshalb ich zum FC Wil kam.» In der Schweiz wurde er dann im Mittelfeld eingesetzt, erzielte aber immer mal wieder einen Treffer.
Kaum aber einmal zwei in einem Spiel wie an jenem sonnigen Ostermontag 2004, der zum grossen Karrierehighlight des kleinen Mittelfeldspielers werden sollte. Es waren zwar «nur» zwei Penaltys, die der Captain des FC Wil gegen die Grasshoppers im 79.Schweizer Cupfinal verwandelte. Aber es waren die Tore vom 1:2 zum 3:2, welche den Ostschweizern sensationell den Sieg und den bisher einzigen Titel der Klubgeschichte bescherten. Und Fabinho vor 22500 Zuschauern zum grossen Helden im St.-Jakob-Park machten. Zuvor war er wochenlang verletzt gewesen, aber auf den Punkt genau zum Final fit geworden. «Ich war zwar vor beiden Penaltys extrem nervös», sagt Fabinho, «aber ich habe die Verantwortung übernommen». Zweimal hatte er mit voller Wucht in die Torhüterecke geschossen und Fabrice Borer keine Chance gelassen. «Er versenkte die beiden Penaltys mit einer Lockerheit, als spielte er Fussball an der Copacabana in seiner Heimatstadt Rio de Janeiro», schrieb das «St. Galler Tagblatt» tags darauf.
Chaos und wilde Wechsel
Es war die verrückteste Saison der Wiler Fussballgeschichte. Zuerst hatte der ukrainische Investor Igor Belanow den finanziell taumelnden Klub gerettet, sich später aber mit der Schweizer Fraktion im Klub um Präsident Roger Bigger zerstritten und sich schliesslich aus dem Klub gedrängt gesehen. Im St.-Jakob-Park hatte es sich Belanow aber nicht nehmen lassen, den Pokal zu berühren und den Spielern zu gratulieren. Es war die Spielzeit, in der Belanow den deutschen Trainer Joachim Müller gefeuert hatte, den Bigger aber wieder zurückholte – wohl wissend, dass Assistenztrainer Stephan Lehmann der bestimmende Mann war. «Das Fest in der Wiler Altstadt dauerte lange, es war ein Riesenereignis», sagt Fabinho und beteuert, er werde noch heute auf seine Tore angesprochen.
«Haut jetzt Cupheld Fabinho nach St.Gallen ab?» fragte der «Blick». Tatsächlich wechselte der damals 29-Jährige zum Kantonsrivalen, nachdem ihm in den letzten sieben Spielen für Wil – am Ende einer ganz schwachen Serie nach dem Cupsieg stand der Abstieg in die Challenge League – kein Tor mehr gelungen war. Auch beim FC St. Gallen sollte ihm in 38 Partien gerade mal noch ein Treffer glücken. Nach dem Transfer zum FC Schaffhausen riss er sich im Spiel gegen YB die Patellasehne, wurde operiert und fiel monatelang aus. Doch er wurde nicht mehr fit. «Ich hatte drei Operationen», erzählt Fabinho, «der Gesundheit willen aber hörte ich mit dem Fussball auf.»
Immerhin kann er als Trainer weiter seiner Leidenschaft frönen. Mit dem FC Herisau liegt er in der Spitzengruppe der 2.Liga, zum Aufstieg wird es aber kaum mehr reichen. Den Cupfinal in Bern hätte er gerne zwecks fussballerischer Weiterbildung besucht, doch reicht im Moment die Zeit nicht, um hinzufahren. «Für mich ist alles offen. Luzern hat sicher eine gute Chance, um Cupsieger zu werden», sagt Fabinho.
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