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FC Basel

Die Schlussphase in der Endlosschlaufe: die Spuren einer denkwürdigen Nacht

Das Weiterkommen in der Europa League gegen Saint-Étienne versetzt Basel in einen Freudentaumel – und nimmt Druck von Trainer Urs Fischer.

Nach dem Pressemarathon noch ein kleiner Umtrunk mit dem Trainerstaff, dann fiel Urs Fischer tief in der Nacht auf Freitag ins Bett. Doch es blieb beim Wunsch, nach den Strapazen des Herzschlag-Dramas gegen Saint-Étienne zu schlafen und Kraft zu tanken. Plötzlich lag Fischer hellwach da, an Schlaf nicht zu denken. Für den FCB-Trainer der endgültige Beweis, dass sich Stunden zuvor Aussergewöhnliches abgespielt hatte. Denn: «Ich habe eigentlich nie Mühe mit Einschlafen. Aber dieses Mal war ich einfach zu aufgewühlt.»

Quasi in der Endlosschlaufe lief die Schlussphase vor Fischers innerem Auge: Die 90. Minute, in der Saint-Étiennes Sall von einem unglücklichen Ausrutscher von Tomas Vaclik profitiert und den FCB mit dem 1:1 ins Tal der Tränen stürzt. Der unbändige Jubel der Franzosen mit ihren Fans, der die Basler in ihrem Stolz verletzt und der sie neuen Mut fassen lässt. Die 92. Minute, in der Michael Lang eigentlich aufs Tor köpfeln will, ihm dies aber misslingt und der Ball nur deswegen den Fuss von Luca Zuffi findet, der aus dem Gewühl überlegt zum 2:1 trifft. Die Jubelexplosion, wie sie der St. Jakob-Park schon lange nicht mehr erlebt hat. Der Schlusspfiff nach 94 Minuten.

15 Stunden später blickt Fischer nochmals zurück auf sein bislang bewegendstes Spiel als FCB-Trainer. Die Nacht hat Spuren hinterlassen. Sichtlich abgekämpft und mit müder Stimme spricht der 50-Jährige.

Bjarnasons gebrochene Hand

Aber Fischer wirkt auch erleichtert. Mit gutem Grund: Denn er kann jetzt auch vorweisen, was seine Vorgänger auf dem FCB-Trainerstuhl vorweisen konnten: Die offiziellen Ziele des Vereins übertroffen zu haben. Meister werden und zumindest in der Europa League überwintern. Nun steht Rot-Blau auch in dieser Saison im Europacup in den Achtelfinals – notabene zum fünften Mal in Serie. Und in der Meisterschaft ist es eh nur eine Frage der Zeit, bis Basel den siebten Titel in Folge eintütet.

Fällt da Druck ab von einem? Fischer lässt sich nicht aus der Deckung locken, sagt: «Druck hat man als FCB-Trainer in jedem Spiel. Wir waren nach dem Schlusspfiff gegen Saint-Étienne alle erleichtert, doch noch die Wende geschafft zu haben.»

Im Geiste eines Marco Streller

Beim Versuch zu erklären, wie das kaum mehr für möglich gehaltene Comeback gelang, verweist Fischer auf den Geist seiner Mannschaft. Diese hat im Sommer mit Marco Streller ihren Anführer verloren, der in scheinbar aussichtslosen Momenten dafür besorgt war, die Kollegen wieder aufzurichten und mitzureissen. Wer hat diese Aufgabe von Streller übernommen? Fischer: «Es sind jetzt alle zusammen, die Schulter an Schulter immer vorwärtsblicken, immer positiv sind.» Um seinen Spielern nochmals zu verdeutlichen, welch grossartigen Effort sie da geleistet hatten, zeigte Fischer ihnen gestern nochmals die entscheidenden Szenen. Vor allem imponierte Fischer der Moment unmittelbar nach dem 1:1, als Vaclik statt die Hände zu verwerfen den Ball aus dem Netz holt und so das Zeichen zur Auferstehung gibt.

Es sei, so der FCB-Coach weiter, im Rückspiel insofern anders gewesen als eine Woche zuvor in Saint-Étienne, als dass die Franzosen dieses Mal das Spielgeschehen dominiert hätten. Warum Saint-Étiennes später Ausgleich dennoch für die Katz war? «Vielleicht waren sie nach dem Jubeln einen Moment lang zu wenig konzentriert. Wie sich ein Team nach einem Tor verhält, egal, auf welcher Seite es gefallen ist, ist entscheidend für den weiteren Verlauf des Spiels. Dies ist eine Frage der Erfahrung. Und davon hat meine Mannschaft auf internationaler Ebene in der Vergangenheit mehr gesammelt als Saint-Étienne.» Und sie hatte am Donnerstagabend ein grosses Kämpferherz: Gestern kam heraus, dass Birkir Bjarnason in der zweiten Halbzeit mit gebrochener Hand spielte und mit diesem Handicap die Flanke vor Zuffis Siegtreffer schlug. Der Isländer wurde bereits operiert, fällt die nächsten drei Wochen aus. Ein teurer Preis. Den Fischer und der FCB jedoch gerne bezahlten für die Achtelfinalqualifikation.

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