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Fussball

Debüt in der höchsten Klasse im 21.Trainerjahr

Der 53-jährige Tessiner Pierluigi Tami arbeitet seit drei Wochen für die Grasshoppers und ist gespannt darauf, wozu sein Team gegen Basel fähig ist.

Es gibt Angenehmeres, als bei dieser garstigen Bise auf einem Fussballfeld zu stehen. Die Spieler können wenigstens rennen und sich warm halten, für die Trainer aber ist es eine Tortur. «Nein», sagt Pierluigi Tami, «ich geniesse jeden Tag, den ich auf dem Platz stehen kann.»

Mehr als elf Jahre lang ist der 53-Jährige Verbandstrainer gewesen. «Die Pausen zwischen den Zusammenzügen waren jeweils sehr lang; oft zu lang», sagt Tami. Ein Fussballbesessener wie er möchte arbeiten, arbeiten, arbeiten. «Jetzt bin ich glücklich, dass ich dies tun kann.» Dass er sein Trainercomeback im Klubfussball ausgerechnet beim Rekordmeister geben darf, erfüllt ihn mit Stolz. Auch wenn vom einstigen GC-Glanz nicht mehr viel zu sehen ist. «Aber der Klub setzt auf junge Spieler, und diese Philosophie gefällt mir», sagt Tami, der Wunschtrainer von Sportchef Axel Thoma. «Ich wollte mit Pierluigi einen Kulturwechsel herbeiführen, weg von einem deutschen Trainer», sagt Thoma.

Vor drei Wochen hat Tami die Verantwortung der ersten Mannschaft übernommen. Er hat sie im Trainingslager in Südspanien kennen gelernt und schwärmt vom Einsatz, den die Spieler in der Vorbereitungszeit auf die zweite Saisonhälfte an den Tag gelegt haben: «Alle haben 100 Prozent gegeben.»

Profi durch und durch

Schöne Worte, die allerdings nach jedem Trainerwechsel zu hören sind. Wenn die Karten neu gemischt werden und sich jeder Spieler sputet, um dem neuen Chef zu imponieren. Und natürlich wissen auch die Profis nur das Beste über den neuen Mann zu berichten. Wie Daniel Pavlovic, der sagt: «Ich habe mich sehr gefreut, als bekannt wurde, dass Tami der Nachfolger von Michael Skibbe wird. Ich habe unter ihm in der U21-Nati gespielt und ihn als ruhigen, sachlichen und höchst professionellen Trainer kennen gelernt.» Der Captain sagt auch, er sei beeindruckt von dessen Videoanalysen der Trainings und wie sehr Tami auf jedes Detail achte. In eine ähnliche Kerbe hatte einst auch Dany Ryser, ein langjähriger Weggefährte beim Fussballverband, gehauen, als er Tamis ganz spezielle Fähigkeiten bei der Spielanalyse hervorstrich. Kein Wunder, ist Tami bei Turnieren für die A-Nationaltrainer Köbi Kuhn und Ottmar Hitzfeld jeweils als fundierter Scout im Einsatz gewesen.

Nachdem der gelernte Zeichner für Gebäudetechnik und frühere Halbprofi bei Locarno, Bellinzona, Lugano und Chiasso nach einem Cupsieg 1993 mit den Bianconeri seine aktive Karriere beendet hatte, ging er seine Trainerlaufbahn behutsam an. Seine Tätigkeiten bei Gordola in der dritten Liga und die acht Jahre als Assistenz- oder Cheftrainer bei Locarno und Lugano bildeten die Grundlage für sein Engagement beim Verband. Hier arbeitete er bei jüngeren Nachwuchsteams jahrelang im Hintergrund, ehe er die U21 bei der EM 2011 in Dänemark in den Final gegen Spanien (0:2) führte und ein Jahr später an die Olympischen Spiele nach England. Seither existiert der «Trainer des Jahres 2011» auf dem Radar der Fussballöffentlichkeit. 2014 wäre der Mann aus Minusio gerne Nachfolger von Hitzfeld als A-Nati-Coach geworden, musste aber Vladimir Petkovic den Vortritt lassen.

Dass er nun seinen sicheren Job beim SFV aufgibt – GC musste ihn aus dem bis 2017 laufenden Vertrag lösen – und bei den Zürchern für anderthalb Jahre unterschrieb, ist nicht frei von Risiko. Sein Vorgänger bei der U21, Pierre-André Schürmann, war nach seinem Wechsel in den Vereinsfussball schon nach zehn Monaten nicht mehr Xamax-Trainer. Andrerseits hatte zuvor Bernard Challandes bewiesen, dass ein solcher «Switch» auch gelingen kann, wurde der Romand doch mit dem FCZ Meister.

Tami fragt sich: «Wie schlagen wir uns wohl?»

Dieses Ziel kann Tami, dessen Ehefrau und die Tochter im Sommer nach Zürich nachkommen, mit GC derzeit nicht haben. Die sechstklassierten Zürcher haben nur sechs Punkte Reserve auf den Abstiegsplatz. Und jetzt kommt zu Tamis Einstand ausgerechnet der FC Basel in den Letzigrund. Den Wirbel um Vero Salatics Wechselgelüste zum FC Sion mag der erste Tessiner GC-Trainer nicht kommentieren: «Alle Kräfte müssen auf das Spiel gegen Basel gerichtet sein. Wir wollen etwas zeigen.» Bemerkenswert: Erst in seiner 21. Saison als Trainer gibt Tami sein Debüt in der höchsten Spielklasse. Er sagt: «Ich bin sehr gespannt darauf, welches Niveau wir gegen die beste Schweizer Mannschaft erreichen.»

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