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Esaf 2025

Das Schwinger-ABC, damit Sie  mitreden können

Alle drei Jahre bricht das Schwingen mit Wucht über die Schweiz herein. Weil man seit dem letzten Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest vielleicht einiges wieder vergessen hat oder wenn jemand neu Fan werden will, gibt es hier eine Einführung.

A wie Abputzen

Bild: Keystone

Der Sieger wischt dem Unterlegenen das Sägemehl vom Rücken. Ein Zeichen des gegenseitigen Respekts und der Fairness.

B wie Böser

Bild: Keystone

So werden im Schwingen die Guten genannt. Wer am Eidgenössischen einen Kranz gewinnt, ist ein Böser – selbst dann, wenn er eine Gemütsmohre ist.

C wie Vitamin C

Bild: Keystone

Gibt es dann am Montag wieder. Grundnahrungsmittel an Schwingfesten sind Bratwurst, Cervelat, Hörnli mit Ghackets, Bier, Wein, Suure Moscht und Kafi Luz. Zudem dürfte die Dichte an Chrumme- und Stumpen-Rauchern wohl nirgends auf der Welt so hoch sein wie an den zwei Tagen in Mollis.

D wie Diskussionen

Bild: Keystone

as Ziel beim Schwingen ist es, seinen Gegner auf den Rücken zu legen. Wobei es zwei Arten gibt, zu siegen. Der Verband schreibt es so:

«Ein Gang gilt als entschieden, wenn ein Schwinger mit dem Rücken ganz oder bis Mitte beider Schulterblätter (vom Kopf oder Gesäss, von linker oder rechter Seite her) gleichzeitig den Boden berührt. Das Resultat ist nur gültig, wenn beide Schulterblätter innerhalb des Sägemehlringes zu liegen kommen.»

Zuletzt gab es ausgerechnet bei den Schlussgängen der Eidgenössischen lange und durchaus hitzige Diskussionen über die Kampfrichterentscheide. 2019 wurde Christian Stucki Schwingerkönig, obwohl sein Gegner Joel Wicki nicht regulär auf dem Rücken lag. Wickis Pech glich sich drei Jahre später aus, als er siegte, obwohl er beim entscheidenden Schwung keine Hand an der Hose von Matthias Aeschbacher hatte.

E wie Eidgenosse

Bild: Keystone

Wer am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest, dem alle drei Jahre stattfindenden wichtigsten Anlass des Sports, zu den Besten gehört und einen Kranz gewinnt, darf sich Eidgenosse nennen. Es ist das Ziel von jedem ambitionierten Schwinger. Wer ihn gewinnt, zeigt das häufig an, indem er mit dem Finger über dem Kopf kreist, wie im Bild der 136-fache Kranzgewinner Hans-Peter Pellet.

F wie Fest

Bild: Keystone

Dafür steht das «F» in ESAF. Das volkstümliche Leben wird rund um ein Schwingfest ebenfalls zelebriert, mit Jodlern, Alphornbläsern und Fahnenschwingern. Am Sonntag ist die Arena in Mollis nach dem 5. Gang des Eidgenössischen eine ganze Stunde für den offiziellen Festakt reserviert.

G wie Gestellter

Bild: Keystone

Ein Gang, so nennt man die Kämpfe im Sägemehlring, muss nicht zwingend Sieger und Verlierer haben. Er kann auch unentschieden ausgehen – oder eben in der Schwingersprache: gestellt.

H wie Hemd

Bild: Keystone

Es gibt zwei Tenues. Sennenschwinger tragen dunkle Hosen und ein einfarbiges oder ein Edelweisshemd. Turnerschwinger treten ganz in weiss an. Historisch gesehen kommen die Sennen aus ländlichen, die Turner aus städtischen Gebieten.

I wie Interlaken

Der Ort im Berner Oberland – oder noch präziser: die dort gelegene Unspunnenmatte – gilt als Wiege des Schwingens. Vor über 200 Jahren fand dort das erste Schwingfest, über das berichtet wurde, statt. Heute findet das Unspunnen-Schwinget alle sechs Jahre statt und ist einer von nur drei nationalen Anlässen (die anderen sind das ESAF und das Kilchberger Schwinget, das ebenfalls nur alle sechs Jahre ausgetragen wird).

J wie Jahreswertung

Bild: Keystone

Einst von der Schwingerzeitung «Schlussgang» eingeführt, wird die Jahreswertung mittlerweile auch vom Verband anerkannt. Resultate aller Feste werden analysiert und addiert, um den besten Schwinger der Saison zu küren. Zuletzt war das zwei Mal der Berner Fabian Staudenmann (Bild), vor ihm zwei Mal der Ostschweizer Samuel Giger. Beide zählen in Mollis zu den Topfavoriten.

K wie Kranz

Bild: Keystone

Für die besten Teilnehmer eines Fests gibt es einen Kranz aus Eichenlaub, der ihnen von einer Ehrendame aufs Haupt gesetzt wird. Jeweils die besten 15 bis 18 Prozent aller Teilnehmer gewinnen Kränze, in Mollis werden das etwa 40 bis 45 Schwinger sein.

L wie Lockerheit

Bild: Keystone

Beim Schwingen geht es in aller Regel gemütlich zu und her. Man ist per Du, steht am Pissoir vielleicht plötzlich neben einem Bundesrat, und Polizisten sieht man höchstens als Parkplatz-Einweiser.

M wie Muni

Bild: Keystone

Der Schwingerkönig erhält kein Preisgeld, sondern einen prächtigen Stier. In Mollis heisst er «Zibu», er wird als Muni mit einem zahmen und wenig schreckhaften Charakter beschrieben, weshalb er durch die Arena mit rund 50’000 Fans geführt wird. Vor hundert Jahren gewann der Schwingerkönig noch ein Schaf, mit der Zeit wurden die Lebendpreise immer grösser.

N wie Noten

Bild: Keystone

Die Notengebung ist eine Besonderheit, denn im Schwingen wird Offensivgeist belohnt. So können die Kampfrichter einem, der aktiv geschwungen, aber verloren hat, ebenso die Note 8,75 geben wie einem, der passiv kämpfte und stellte. Für einen gewonnenen Gang gibt es bei einem Plattwurf die Maximalnote 10, wenn der Sieg durch Nachdrücken am Boden erfolgt, erhält der Sieger eine 9,75. Dieses «Vierteli» entscheidet oft darüber, wer es in den Schlussgang schafft.

O wie 0

Wir machen kein X für ein U vor, aber aus einem O ein 0, also eine Null. In der Rangliste findest du nämlich diese Symbole:

+ = Sieg: 9,75 oder 10,00 Punkte
- = Gestellter: 8,75 oder 9,00 Punkte
0 = Niederlage: 8,50 oder 8,75 Punkte

P wie Preisgeld

Bild: Keystone

Gibt es beim Schwingen nicht. Zumindest nicht offiziell, denn Lebendpreise werden oft noch an Ort und Stelle dem Züchter verkauft. Am Eidgenössischen darf sich jeder Teilnehmer im Gabentempel einen Preis aussuchen, der von Sponsoren gespendet wurde. In Mollis war man als Spender ab einem Betrag von 750 Franken dabei und erhielt dafür das Recht, ein Ticket zu kaufen.

Q wie Qualifikation

Bild: Keystone

Für das Eidgenössische qualifiziert man sich innerhalb der fünf Teilverbände, so dass die besten Schwinger des Landes zusammenkommen. Die Innerschweizer stellen in Mollis 78 Schwinger, die Nordostschweizer 67, die Berner 63, die Nordwest- und die Südwestschweizer jeweils 30.

R wie Regenschirm

Bild: Keystone

Selbst im grössten Sauwetter sind Regenschirme beim Schwingen tabu. Weil man in den Reihen dahinter nichts sehen würde, trägt man eine Pelerine und erträgt den Regen mit stoischer Gelassenheit. Dafür sind, anders als in anderen Stadien, Rucksäcke zugelassen – samt Messer, um den mitgebrachten Landjäger in kleine Rädli zu schneiden.

S wie Steinstosser

Bild: Keystone

Die zweite Sportart am Eidgenössischen fristet an diesem ein Schattendasein. Der Final mit dem 83,5 Kilogramm schweren Unspunnenstein steigt indes am Sonntagnachmittag in der grossen Arena. Die Besten stossen diesen Brocken, der über den Kopf gehoben wird, um die vier Meter weit. Der Rekord, aufgestellt 2004 von Markus Maire, steht bei 4,11 m.

T wie Täfelibueb

Elektronische Anzeigetafeln sind nun wirklich keine Erfindung, die erst vor wenigen Monaten gemacht wurde. Doch nach wie vor sehen Zuschauer bloss zwei (Start-)Nummern, wenn sie auf die Tafel neben einem Sägemehlring blicken. Dass den Täfelibueben die Arbeit ausginge, ist wohl kaum die Wahrheit. Näher liegt man da schon mit der Vermutung, dass so viele Zuschauer eine Teilnehmerliste kaufen (müssen).

U wie USA

Bild: Keystone

Es gehört zur Tradition, dass fürs ESAF Auslandschwinger eingeladen werden, in der Regel kommen sie aus Nordamerika. In Mollis werden vier Schwinger aus den USA und zwei aus Kanada starten. In den 1970er-Jahren gab es drei Eidgenossen aus dem Ausland, mittlerweile kämpfen sie mangels Wettkampferfahrung auf höchster Stufe eher aussichtslos.

V wie Vorname zweitrangig

Bild: Keystone

Beim Schwingen werden die Athleten traditionsgemäss als Abderhalden Jörg oder Forrer Arnold aufgerufen. Weshalb das so ist, kann niemand mit Sicherheit sagen. Der Nachname hat tatsächlich eine Bedeutung. Zum einen trägt derjenige, dessen Name früher im Alphabet auftaucht, helle Zwilchhosen (im Beispiel Abderhalden), der andere dunkle.

Zum anderen entscheidet der Nachname bei Punktegleichstand über die Rangierung. In ungeraden Jahren, wie jetzt in Mollis, wird alphabetisch absteigend sortiert: Forrer läge somit bei gleich vielen Punkten vor Abderhalden.

W wie Würfe

Bild: Keystone

Das Lehrbuch kennt über hundert Schwünge, um den Gegner zu bodigen. Die Realität zeigt, dass häufig die gleichen fünf, sechs Schwünge zum Einsatz kommen. Bekannt sind etwa der Kurz, der Brienzer, der Hüfter oder der Gammen – und natürlich der technisch anspruchsvolle Wyberhaken.

X wie X-Beine

Bild: Keystone

Die Fehlstellung, bei der die Knie nach innen zeigen, wirkt sich beim Schwingen eher nachteilig aus. Schliesslich sind Stabilität und Standfestigkeit gefragt, wenn ein anderes Schwergewicht an einem zieht und zerrt.

Y wie Young Boys

1998 fand das ESAF im Wankdorf-Stadion der Berner Fussballer statt, 1977 war man in Basel ebenfalls in einem Fussballstadion zu Gast, als der Schwingerkönig ermittelt wurde. Davon abgesehen wird jeweils eine temporäre Arena für rund 50’000 Fans installiert. Für zwei Tage haben die Schwinger deshalb das grösste Stadion der Schweiz.

Z wie Zwilchhose

Bild: Keystone

Zwilch ist ein besonders reissfestes Gewebe, aus dem die Hosen genäht werden. Wer einen Gang gewinnen will, muss stets eine Hand an der Hose des Gegners haben. Sie sind kein persönlicher Ausrüstungsgegenstand, sondern werden vom Schwingfest gestellt. Zur besseren Unterscheidung der Schwinger trägt einer eine helle und der andere eine dunkle Zwilchhose.

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