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Sportpolitik

Das Finanzdepartement bremst Antidoping Schweiz aus – jetzt klärt das Bundesgericht den Fall

Das Finanzdepartement erhebt seit 2012 Mehrwertsteuer auf die Subventionen des Bundes für die Stiftung Antidoping Schweiz. Davor waren diese von der Mehrwertsteuer befreit gewesen. Die Stiftung schreibt rote Zahlen und es geht um 700 000 Franken. Jetzt geht der Fall vor Bundesgericht.

Antidoping Schweiz hat zu wenig Geld. Knapp 210 000 Franken betrug das Defizit im letzten Jahr. Es ist der fünfte Aufwandüberschuss in Folge. Bald sind die Vermögensreserven der 2008 gegründeten privatrechtlichen Stiftung aufgebraucht. Der Schweizer Leichtathletikverband «Swiss Athletics» ging jüngst so weit, Antidoping Schweiz aus den eigenen Mitteln 30 000 Franken zur Verfügung zu stellen, «damit die international startenden Athleten umfassenden Dopingkontrollen unterzogen werden können».

Man spare bei der Prävention, der Forschung und Entwicklung und den Spezialanalysen von abgegebenen Dopingproben, sagt Direktor Matthias Kamber über die Folgen des unentwegten Kostendrucks seiner Organisation, welche für die Tests und Prävention von Schweizer Sportlerinnen und Sportlern verantwortlich ist.

Zumindest ein Teil des jährlichen Lochs könnte schon in den nächsten Wochen durch ein Urteil des Schweizer Bundesgerichts gestopft werden. Es wäre der Abschluss einer für Antidoping Schweiz mehr als ärgerlichen Angelegenheit. Zwar erhält die Stiftung jährlich vom Bund Subventionen von 2,7 Mio. Franken. Doch seit 2013 werden auf diesen Betrag Mehrwertsteuern erhoben. Mehr als 700 000 Franken bis zum heutigen Tag.
Dopingkampf als Staatsaufgabe?

Subventionen oder mehrwertsteuerpflichtiger Dienstleistungsaustausch?

Zuvor hatte die Eidgenössische Steuerverwaltung der Stiftung mehrmals schriftlich bestätigt, dass die Bundesgelder als Subventionen angesehen werden und sie deshalb nicht der Mehrwertsteuerpflicht unterstehen. Gemäss Steuerverwaltung änderte sich dies mit dem Inkrafttreten des neuen Sportförderungsgesetzes 2012. Nun argumentierte man, dass der Kampf gegen Doping durch das Gesetz zur Staatsaufgabe geworden ist und zwischen dem Bund und Antidoping Schweiz folglich ein mehrwertsteuerpflichtiger Dienstleistungs-Austausch stattfindet.

Direktor Matthias Kamber hat für diese Argumentation wenig Verständnis: «Eine Instanz des Bundes gibt uns Geld für den Kampf gegen Doping, eine andere nimmt es uns wieder weg. Wir erbringen eine Leistung gegenüber dem Sport und der Gesellschaft und nicht gegenüber dem Bund.» Antidoping Schweiz erhob zweimal erfolglos Einspruch bei der Steuerverwaltung, ehe man 2014 mit einer Einsprache ans Bundesverwaltungsgericht gelangte. Dieses gab in seinem Urteil vom 5. August 2016 Antidoping Schweiz vollumfänglich Recht und taxierte die Bundesgelder nach wie vor als Subventionen.

Doch die Steuerverwaltung anerkannte das Urteil nicht und zog es weiter ans Bundesgericht. «Man hat das Urteil eingehend geprüft und dabei festgestellt, dass es von der konstanten Rechtsprechung von Bundesgericht und Bundesverwaltungsgericht abweicht. Deshalb wurde es dem Bundesgericht zur abschliessenden Beurteilung vorgelegt», schreibt Roland Meier, Mediensprecher der Eidgenössischen Finanzdepartements, dazu.

Kein Stopp durch Ueli Maurer

Wieso hat Bundesrat Ueli Maurer, der als ehemaliger Sportminister und begeisterter Freizeitsportler auch grosse Sympathien für den Kampf um einen «sauberen Sport» hegt, nicht einfach ein Machtwort gesprochen und den vom Bundesverwaltungsgericht gefällten Entscheid akzeptiert? Die Antwort von Mediensprecher Meier lässt erahnen, dass Finanzminister Maurer über das Verfahren wohl gar nicht orientiert war: «Soweit Ämter der Bundesverwaltung beschwerdeberechtigt sind, sind sie nicht verpflichtet, vorgängig eine Zustimmung des Departementsvorstehers einzuholen.»

Meier gibt weiter zu bedenken, wieso eine Intervention von Ueli Maurer so oder so nicht einfach eine nette Geste gegenüber dem Sport gewesen wäre: «Es wird in der Regel nicht als sinnvoll betrachtet, mit einer solchen Weisung des Departementsvorstehers die Klärung einer strittigen Rechtsfrage zu unterbinden. Dies insbesondere, weil damit andere, ähnlich gelagerte Fälle präjudiziert werden könnten.»

Anwaltskosten von 100 000 Franken

Matthias Kamber indes hofft nun auf einen Sieg vor Bundesgericht. Er sei «sehr optimistisch». Es würde ihn angesichts des deutlichen Verdikts der Vorinstanz «stark erstaunen, wenn man in Lausanne zu einem anderen Schluss kommen würde». Für Antidoping Schweiz wäre es der Abschluss eines beinahe zehnjährigen Kampfes gegen die Steuerverwaltung, der viel Energie und auch viel Geld gekostet hat. Knapp 100 000 Franken gab die Stiftung für den juristischen Streit bisher aus.

Sollten die 700 000 Franken zurück in die Kasse von Antidoping Schweiz fliessen, könnte man die eigenen Reserven zumindest teilweise wieder äufnen. Das strukturelle Defizit hingegen bleibt im Umfeld des immer komplexer und kostenintensiver werdenden Kampfs gegen Doping bestehen. Zusätzliche Finanzspritzen von einzelnen Sportverbänden wie nun von Swiss Athletics sieht Matthias Kamber «nicht als Modell für die Zukunft».

Swiss Olympic soll mehr zahlen

Vielmehr möchte der in einem Jahr abtretende oberste Schweizer Dopingbekämpfer die Diskussion über die Relation der Subventionen von Staat und Sport anstossen. «Bei der Weltantidoping-Agentur ist das Verhältnis 50:50, in der Schweiz zahlt der Bund 2,73 Mio. Franken und der Sport-Dachverband Swiss Olympic 1,9 Mio. Franken.» Da man neu auch für die Dopingkontrollen des Eidgenössischen Schwingverbandes zuständig sei, möchte Kamber ein höheres finanzielles Engagement von Swiss Olympic ernsthaft diskutieren. Erst recht, da dieser Betrag seit 2012 definitiv von der Mehrwertsteuer befreit ist.

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