Das letzte richtige Heimspiel trug Schachtjor Donezk im Frühjahr 2014 aus. Nach dem Einmarsch der Russen auf die Halbinsel Krim flüchtete der 1936 von Bergbauleuten gegründete Klub in den Westen der Ukraine, erst nach Charkiw, dann nach Kiew, ehe 2022 nach dem Ausbruch des Kriegs im gesamten Land die an der ukrainisch-polnischen Grenze gelegene Stadt Lemberg die «Heimat» wurde. Seither muss Schachtjor zudem seine Europacup-Heimspiele ausserhalb der Kriegszone austragen - nach Warschau und Hamburg geniesst das Team in dieser Saison Gastrecht in Gelsenkirchen.
Ausgerechnet! Denn Stadionbesitzer Schalke 04 wurde von 2006 bis 2022 gesponsert vom russischen Staat – via dem staatlichen Erdgasunternehmen «Gazprom», das über 200 Millionen in Schalke pumpte. Schachtjor-CEO Sergei Palkin dazu: «Wir, ein ukrainisches Team, spielen an einem Ort, an dem Russland einst einflussreich war. Das ist symbolisch wertvoll.»
Durchaus ein spezielles Auswärtsspiel also, das die Berner Young Boys da erwartete. Auch wegen des Fakts, dass Schachtjor beim einzigen Verpassen der Champions League seit 2009 an...YB scheiterte. Zufälle gibts. Im Sommer 2016 war das. Die Berner damals noch nicht Schweizer Serienmeister, aber in einer besseren Verfassung als aktuell.
Nach null Punkten und ebenso vielen Toren aus den ersten drei Spielen hiess es für YB beim erneuten Wiedersehen mit Donezk: Verlieren verboten, soll in der Champions League das Flämmchen der Hoffnung aufs Weiterkommen nicht frühzeitig erlöschen.
Bei dieser Ausgangslage erstaunte dann der Blick auf die YB-Aufstellung: Nicht wegen des Goaliewechsels Marvin Keller statt David von Ballmoos. Sondern wegen der Absenz von Joël Monteiro in der Startelf. Der ist seit Saisonbeginn mit Abstand Berns gefährlichster Offensivspieler, war mit einem Pfosten- und einem Lattenschuss gegen Inter Mailand (0:1) und den FC Barcelona (0:5) Urheber der bislang wenigen YB-Torgefahr in der Champions League. Und vor allem: Monteiro ist in den nächsten zwei Super-League-Spielen wegen seines Schuhwurfes gegen den FCZ gesperrt.
Als Monteiro nach der Pause eingewechselt wird, steht das Endresultat bereits fest. YB ging nach einem Fehlpass im gegnerischen Aufbau durch Kastriot Imeri in Führung (27.), danach dreht Schachtjor innerhalb von zehn Minuten das Skore. Den ersten Treffer kassiert YB in Unterzahl, weil sich Loris Benito behandeln lassen muss.
Der Captain kehrt nicht mehr aufs Spielfeld zurück und droht mit einer Adduktorenverletzung länger auszufallen. Als achter (!) Abwehrspieler im proppenvollen YB-Lazarett. Wie soll das für die Berner am Wochenende gegen Super-League-Co-Leader Lugano gut gehen?
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