Nicht in Paris, sondern drei Autostunden entfernt in Châteauroux feiert die Schweiz die erste Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 2024. Die Aargauerin Chiara Leone gewinnt im Dreistellungsmatch über 50 Meter mit dem Gewehr und beerbt damit Nina Christen, die vor drei Jahren in Tokio in der Königsdisziplin der Schützinnen triumphiert hatte.
Beim letzten Schuss steht Leone neben der amerikanischen Favoritin Sagen Maddalena. Und sie behält die Nerven, schiesst eine 10,8 – die zweithöchste Wertung. Und dann darf sie die Faust ballen und ihre Emotionen rauslassen. Obendrauf gibt es noch den Olympiarekord, den zuvor Nina Christen gehalten hatte.
Qualifiziert hatte sich Leone erst auf den letzten Drücker. Im Mai holte sie sich im kroatischen Osijek die EM-Goldmedaille. Spannend dabei: Sie vergass zuhause ihre Schiessausrüstung. Ihre Eltern nahmen dann eine 14-stündige Autofahrt auf sich, um ihr die Tasche nachzuliefern. Zum Glück, muss man sagen. Sonst wäre Leone heute gar nicht in Paris gewesen.
Mit dem Schiessen begonnen hatte Leone erst als 9-Jährige, am 1.-August-Schiessen der Fricker Schützen. Mit 14 nahm sie erstmals Mal an Schweizer Meisterschaften teil, zwei Jahre später kam sie ins Nationalkader. 2023 wurde Leone fünffache Weltmeisterin. Obwohl sie den Lebensmittelpunkt vor einigen Jahren nach Biel und Magglingen verlegt hat, nimmt sie noch immer an Mannschaftsschiessen der Fricker teil.
Sportkanti und Sportler-RS
Ihre Disziplinen sind das Luftgewehr (10 Meter) und das Kleinkaliber (50 Meter). «Meine erste Liebe war das Luftgewehr. Heute bereiten mir beide Disziplinen viel Freude», sagt die 26-Jährige, die in Aarau die Sportkanti besuchte und im Winter 2019/20 die Spitzensport-RS in Magglingen absolvierte. Seit 2020 wohnt sie mit anderen Schweizer Schützinnen in einer WG im Seeland – nur 200 Meter von der Schiessanlage entfernt.
Obwohl das Schiessen ihr Beruf ist, arbeitete Leone daneben in einem 50-Prozent-Pensum beim Schiesssportverband. Dass sie in Paris bei der Vergabe der Medaillen eine Rolle spielen könnte, hatte sich Ende Mai abgezeichnet, als sich Leone im kroatischen Osijek EM-Gold im Dreistellungsmatch über 50 Meter mit dem Gewehr sicherte. Dazu holten Leone, Emely Jäggi und Nina Christen im Team mit Europarekord die Goldmedaille.
Ein Zufall ist das nicht, sagte Nationaltrainer Daniel Burger damals: «Es beweist, dass die jahrelange, intensive Förderung, unsere Strukturen sowie unser System funktionieren.» Tatsächlich ist es bereits die 25. Schweizer Olympia-Medaille im Schiessen, gleich viele wie im Radsport. Nur im Kunstturnen (49) gab es noch öfter Edelmetall. Am Sonntag hatte Audrey Gogniat (21) mit Bronze mit dem Luftgewehr über 10 Meter für die erste Schweizer Medaille in Paris gesorgt – oder eben in Châteauroux.
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