Als Giorgio Contini im vergangenen Dezember das Traineramt bei YB übernahm, waren die Vorschusslorbeeren gross. Nicht wenige schrieben ihm einen sehr grossen Anteil am Sommermärchen der Schweizer Nationalmannschaft zu, in welcher der gebürtige Winterthurer als Assistenztrainer von Murat Yakin eine gute Falle machte. Bei den Young Boys war die Aufgabe ganz klar: Er soll dem langjährigen Ligadominator wieder mehr Kontinuität und Stabilität auf der Trainerposition verleihen.

Nun ist Contini seit gut neun Monaten in Bern und es fällt einem schwer, eine klare Beurteilung über seine bisherige Amtszeit zu ziehen. Zu oft wechseln sich die Leistungen ab. Zwar war in der letzten Rückrunde resultatmässig ein leichter Aufwärtstrend in der Meisterschaft erkennbar, welcher letztlich auch zum 3. Schlussrang führte. Und doch waren die Auftritte selten überzeugend, man erinnere an das 0:5 in Luzern. Dazu kam noch das blamable Cup-Out gegen den Erstligisten FC Biel.
Contini zum ersten Mal angezählt
So war Continis Kredit bei den gelbschwarzen Anhägern vor der neuen Saison nicht mehr in gleichem Ausmass vorhanden wie noch ein halbes Jahr zuvor. Dies änderte aber wenig daran, dass Contini nie zur Diskussion stand und so auf diese Saison hin mit einem Kader, welches durchaus umgekrempelt wurde, in seine erste Sommervorbereitung ging.
Der Start in die neue Saison gelang mässig, eine klare Spielidee war selten erkennbar. Aber wie es YB unter Contini eben so macht, sie holten die Punkte gleichwohl immer wieder und standen so nach sechs Spieltagen auf Rang 4 der Tabelle. Alles gut also?

Mitnichten. Auf den Sieg in Luzern folgte mit dem Cup-Out in Aarau das zweite Ausscheiden gegen einen Unterklassigen binnen weniger Monate. Die Rehabilitation unter der Woche blieb ebenfalls aus. Zuhause verlor man gegen Panathinaikos Athen gleich 1:4 und so war Contini vor dem anstehenden Derby zuhause gegen Thun zum ersten Mal richtig angezählt.
65 Minuten zum Vergessen
Gegen aussen scheint dies Contini nicht gross zu kümmern. Vor dem Spiel meint er gegenüber dem TV-Sender «Blue», dass es gelingen müsse, über die Emotionen ins Spiel zu kommen. Emotionen, welche am Sonntagmittag gut 60 Minuten lang verschwunden bleiben. Es war ein rätselhafter Auftritt der Stadtberner, zur Pause hallten die ersten Pfiffe durch das Wankdorf.
Nach der Pause ging der kecke Aufsteiger aus Thun verdient in Führung. Christopher Ibayi entwischte der Berner Abwehr und schob zum 1:0 ein. Wer nun eine Reaktion von YB erwartete, wurde enttäuscht, Es waren viel mehr die Thuner, welche das zweite Tor verpassten und den «grossen Bruder» in dieser Phase an die Wand spielten. Das Stadion wurde immer leiser, der Weg in eine Krise schien unausweichlich.

In der 65. Minute kam dann jedoch der grosse Umschwung. Sergio Cordova brachte die Hauptstädter aus dem Nichts zurück in die Parte, nur zwei Minuten später doppelte Chris Bedia nach. Nochmals Bedia und Christan Fassnacht per Kopf sorgten letztlich für einen 4:2-Heimsieg, welcher Contini viele unangenehme Frage ersparte. Der Trainer sprach von einem Charaktertest, welcher die Mannschaft bestanden habe.
Es war einmal mehr die individuelle Klasse, welche am Ende dazu führte, dass YB nun tatsächlich das dritte Meisterschaftsspiel in Folge gewann und in der Spitzengruppe mit dabei ist. Doch die Art und Weise wirft nach wie vor Fragen auf. Da im Fussball aber letztlich nach wie vor Punkte die wichtigste Währung sind, hat sich Contini mit dem Derbysieg vorerst wieder Luft verschafft.
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