Seit sie als Zweijährige erstmals ein Racket in die Hand genommen hat, träumt sie von einem Grand-Slam-Titel. Am liebsten in Wimbledon. Nun steht Belinda Bencic dort erstmals im Viertelfinal, nach einem 7:6 (7:4), 6:4 gegen die 30-jährige Russin Ekaterina Alexandrowa (WTA 18).
Es war eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Erst verspielte die 28-Jährige eine 5:3-Führung, dann machte sie im Tiebreak einen 3:0-Vorsprung wett. Noch dramatischer verlief der zweite Satz, in dem Bencic das Break zum 5:3 schaffte, dann aber fünf Matchbälle liegen liess.
Erinnerungen an 2023
Erinnerungen wurden wach an das Jahr 2023, als die Schweizerin im Achtelfinal gegen Iga Swiatek zu zwei Matchbällen gekommen war – und den Platz am Ende doch als Verliererin hatte verlassen müssen.
Nicht diesmal. Beim Stand von 5:4 und Aufschlag der Russin kam Bencic zum sechsten Matchball, den sie zum Einzug in den Viertelfinal nutzte. «Es war unheimlich stressig für mich. Mein Körper hörte nicht darauf, was mein Kopf wollte. Für mich geht ein Traum in Erfüllung», sagt Bencic.
Erster Viertelfinal in Wimbledon
Erst vor 15 Monaten war Tochter Bella zur Welt gekommen. Seither ist ihr eine bemerkenswerte Rückkehr gelungen. Gleich zu Beginn des Jahres erreichte sie den Achtelfinal der Australian Open , im Februar gewann sie in Abu Dhabi zum neunten Mal ein Turnier.
Bencic steht zum vierten Mal im Viertelfinal eines Grand-Slam-Turniers, aber zum ersten Mal in Wimbledon, wo sie 2013 als Juniorin gewonnen hatte. Am nächsten kam sie dem Titel 2019, als sie bei den US Open den Halbfinal erreichte.
2015, 2018 und 2023 hatte Bencic in Wimbledon jeweils im Achtelfinal verloren, nun nimmt sie die Hürde erstmals. Am Mittwoch trifft sie erneut auf eine Russin, die erst 18-jährige Mirra Andreewa (WTA 7). Es wird das erste Duell.
Erster Grand-Slam-Titel als Mutter?
Nur sieben Frauen haben als Mütter die Australian Open, die French Open, in Wimbledon oder bei den US Open gewonnen. In Wimbledon, beim Lieblingsturnier von Bencic, ist das bisher nur einer Frau gelungen: Evonne Goolagong 1980. Nur Margaret Court und Kim Clijsters haben als Mütter mehr als ein Grand-Slam-Turnier gewonnen.
Doch alle sieben Frauen haben eines gemeinsam: Sie gewannen schon vor der Geburt ihres ersten Kindes ein Grand-Slam-Turnier, Belinda Bencic war dies bisher nicht vergönnt. Es ist ein Kunststück, das nicht einmal Serena Williams gelang. Zwar war die 24-fache Grand-Slam-Siegerin in der achten Schwangerschaftswoche, als sie 2017 bei den Australian Open gewann. Nach der Geburt ihrer Tochter Alexis Olympia erreichte sie noch vier weitere Finals, konnte aber keinen davon für sich entscheiden.
Mässiger Erfolg für Osaka und Kerber
In jüngerer Vergangenheit haben sich mit der Deutschen Angelique Kerber und der Japanerin Naomi Osaka zwei mehrfache Grand-Slam-Siegerinnen daran versucht, als Mütter an ihre Erfolge anzuknüpfen. Kerber schaffte es in ihrer zweiten Karriere zwar auf Rang 99 der Weltrangliste, gewann bei Grand-Slam-Turnieren aber keine Partie mehr und trat Mitte 2024 nach den Olympischen Spielen in Paris und einem halben Jahr zurück.
Die vierfache Grand-Slam-Siegerin Osaka kehrte vor etwas mehr als einem Jahr zurück, erreichte in Paris, Wimbledon und New York jeweils die zweite Runde, stand Anfang dieses Jahres in Auckland im Final und bewegt sich in der Weltrangliste an der Schwelle zu den Top 50.
Nur eine Mutter ist besser klassiert
Über drei Jahre pausierte Caroline Wozniacki, ehe sie im Herbst 2023 als zweifache Mutter wieder einstieg. Die Australian-Open-Siegerin von 2019 und frühere Nummer 1 der Welt liegt auf dem 167. Rang der Weltrangliste. Im April gab sie bekannt, dass sie ihr drittes Kind erwartet.
Mit Elina Switolina (WTA 13) ist nur eine Mutter derzeit besser klassiert als Bencic. Sie und der Franzose Gaël Monfils wurden im Oktober 2022 Eltern von Tochter Skai. Seither stand die 30-jährige Ukrainerin viermal im Viertelfinal eines Major-Turniers und 2024 in Wimbledon im Halbfinal.
Belinda Bencic steht noch am Anfang ihrer zweiten Karriere als Mutter. Gut möglich, dass in Wimbledon, bei ihrem Lieblingsturnier, ihr grosser Lebenstraum in Erfüllung geht.
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