Für Mujinga Kambundji ging es gestern an der Athletissima in Lausanne für einmal nicht um Podestplätze. Sondern – auch wenn es langweilig tönt: um eine Standortbestimmung. Und um verschiedenste Fragen. Kann sie schmerzfrei laufen? Bringt sie den Sprint technisch sauber ins Ziel? Als die 31-jährige Athletin im Stade Olympique de la Pontaise im 100-m-Sprint erst nach 11,41 Sekunden als Letzte über die Ziellinie lief, dies eine halbe Sekunde langsamer als die ivorische Siegerin Marie-Josée Ta Lou, sah das dennoch ziemlich ungewohnt aus für sie, die sonst auch in der Diamond League ganz vorne mitmischt.
«Der Lauf war aber keineswegs eine Katastrophe, ich bin gar nicht so unzufrieden», sagte die Bernerin hinterher. Weil es gut getan habe, überhaupt wieder am Start zu stehen. Und weil ein Rennen eben mehr Antworten gebe als Trainings, in denen das Gefühl meist gut sei. Und doch ist eine Antwort des Diamond-League-Abends ernüchternd: «Nein, ich bin definitiv noch nicht schmerzfrei.»
Wie die Saisonplanung weiter geht, ist noch offen
Die nationale Rekordhalterin denkt also derzeit in anderen Dimensionen. Eine seit längerem schwelende Sehnenentzündung im Fuss verstärkte sich in diesem Frühjahr derart, dass sie ihr Training dosieren musste. Ein Forfait für die gesamte Saison kam für sie dennoch nicht in Frage – es reifte der Entscheid, auf 200-m- und Staffel-Rennen zu verzichten, um wenigstens die für den Fuss besonders belastenden Kurven zu vermeiden.
Die WM im August? Scheint in Gefahr – das gestrige Rennen in Lausanne soll ihr und ihrem Trainer Florian Clivas erste Hinweise geben, wie es weiter geht. Vielleicht mit einem Schonprogramm, bei dem der Fokus bereits auf dem noch grösseren Ziel, Olympia 2024, liegt?
Jason Joseph sprintet an Siegpremiere vorbei: «Ich war unkonzentriert»
Weit mehr als Mujinga Kambundji war gestern in Lausanne Simon Ehammer und Jason Joseph zuzutrauen. Bei den beiden Schweizern lag sogar die Hoffnung auf einen Meeting-Sieg in der Luft. Doch Hürdensprinter Joseph lief um eine winzige Hundertstelsekunde an seinem ersten Diamond-League-Sieg vorbei. Wieder – bereits zum vierten Mal – landete er in der Königsklasse auf Rang zwei. Es war der Japaner Shunsuke Izumiya, der ihn im Photofinish besiegte.
Der Baselbieter nervte sich nach dem Rennen über eine verpasste Chance und einen Lauf, bei dem er schlicht zu unkonzentriert gewesen sei. Nur schon diese Reaktion zeigt, welches Selbstverständnis der nationale Rekordhalter über 110 m Hürden unterdessen entwickelt hat. Immerhin lief er in starken 13,23 Sekunden ins Ziel.
Ehammer für einmal nicht auf dem Podest
Somit bleibt Simon Ehammers Meeting-Sieg in Oslo im Weitsprung der bisher einzige Diamond-League-Triumph eines Schweizer Mannes. Der 23-Jährige selbst kam in Lausanne nämlich nicht über den vierten Platz hinaus, dies mit einem besten Versuch von 7,97 m, hinter Sieger LaQuan Nairn (Bahamas) und dem Olympiasieger Miltiadis Tentoglou (Griechenland).
International wurde das Meeting unter anderem von Jakob Ingebrigtsens Sieg über 1500 m (3:28.72) sowie vom 5000-m-Lauf überstrahlt: Der Äthiopier Berihu Aregawi lief die fünf Kilometer mit der fünftbesten weltweit je gemessenen Zeit (12:40,45 min). Im selben Rennen versuchte Jonas Raess, den fast vierzigjährigen Schweizer Rekord von Markus Ryffel (13:07,54) anzugreifen, blieb aber um 15 Sekunden darüber.
Ebenfalls auf hohem Niveau unterwegs waren die Schweizerinnen Audrey Werro, die 19-Jährige aus Fribourg, die die 800 m abermals unter zwei Minuten lief, sowie Ditaji Kambundji, die über 100 m Hürden Fünfte wurde. Die Schweizer 4x100m-Staffel schliesslich lief zum Abschluss auf Platz drei, dies mit Lena Weiss, Salomé Kora, Sarah Atcho, Céline Bürgi – und eben: ohne Mujinga Kambundji.
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