41. Weltcupsiege – als Marco Odermatt die Zahl hört, lächelt er: «Früher waren mir solche Zahlen nicht wichtig.» Als Kind träumte er vom Sieg am Chuenisbärgli in Adelboden (mittlerweile hat er dort dreimal gewonnen). Dass er irgendwann der erfolgreichste Schweizer in der Geschichte des Weltcups werden will, stand hingegen nicht auf Odermatts Wunschzettel.
«Solche Zahlen sind als Kind viel zu weit weg», sagte Odermatt gegenüber SRF: «Doch als ich der Marke immer näher kam, spürte ich schon, dass sie zu einem Ziel wird.» Nun ist es so weit. Seit Sonntag ist der 27-Jährige der erfolgreichste Schweizer in der Geschichte des Ski-Weltcups (seit 1967).
Odermatt überholte Pirmin Zurbriggen, der in seiner beeindruckenden Karriere 40 Weltcuprennen gewann. Zum Schweizer Rekord reicht es dem Nidwaldner allerdings noch nicht: Den hält Vreni Schneider mit 55 Weltcupsiegen. Und auch Lara Gut-Behrami weist mehr Siege aus (45).
Mit Zurbriggens Sohn teilte sich Odermatt das Zimmer
Der Familie Zurbriggen ist Odermatt seit Kindheitstagen verbunden. Gegenüber CH Media erklärt er: « Ich kenne Pirmin inzwischen sehr gut. Wenn ich in Zermatt auf dem Gletscher trainiere, schaue ich bei ihm jeweils auf einen Kaffee vorbei.» Näher kennengelernt haben sich die beiden durch Zurbriggens Sohn Elia. Mit dem 34-Jährigen, der seine Karriere 2020 beendete, teilte sich Odermatt regelmässig das Zimmer.
«Dass ich Pirmin nun überholen durfte, ist ein Meilenstein für mich», sagt Odermatt. Allerdings dürfte es nur ein Zwischenstopp sein. Vor Odermatt liegen jetzt nur noch Ingemar Stenmark (86 Weltcupsiege), Marcel Hirscher (67), Hermann Maier (54), Alberto Tomba (50) und Marc Girardelli (46). «Wobei die Rekordmarke schon noch ganz weit weg ist», sagt Odermatt.
Die Schweizer Rekordmarke bei den Männern sicherte sich Odermatt mit einem bestechenden zweiten Lauf. Als Drittletzter gestartet, fuhr er auf der äusserst selektiven und stark gezeichneten Piste Laufbestzeit und damit zum Sieg. Während viele seiner Konkurrenten mit den vielen Löchern zu kämpfen hatten, schien Odermatt fast zu schweben. Er selbst sagte: «Man hat ja gesehen, dass man bei einem Übergang die Beine anziehen muss.»
Als wäre es ein Kinderspiel. Odermatts Auftritt im zweiten Lauf erinnerte an seine Leistungen in der vergangenen Saison, als er zwölf Riesenslaloms in Folge gewann. Gar nichts war zu spüren von einer vermeintlichen Verunsicherung, resultierend aus zwei Ausfällen zu Beginn dieser Saison.
Odermatt belustigten die Krisen-Diskussionen
«Ich habe gespürt, dass es ein Lauf ist, bei dem ich voll angreifen kann», sagte Odermatt, den die Diskussionen über seine Ausfälle zu Saisonbeginn sowieso belustigten: «In Sölden lag ich zum Zeitpunkt das Ausscheidens eine Sekunde in Führung. In Beaver Creek habe ich etwas mit dem Material versucht, das nicht aufging. Beides war sehr schnell abgehakt.»
Odermatts mentale Stärke zeigte sich bereits im ersten Durchgang. Die weiche Piste – die Fahrer sprachen davon, dass sie bei zahlreichen Toren gebrochen war, was es gefährlich machte – jagte einigen Fahrern Respekt ein. Thomas Tumler, der Sieger des Riesenslaloms von Beaver Creek, sagte es so: «Ich hatte fast ein wenig Angst, dass mir etwas passieren könnte.»
Auch Odermatt kritisierte nach der Besichtigung des ersten Laufs die Piste und sagte: «Ich bin mir nicht sicher, ob ein Rennen so Sinn macht.» Den Organisatoren war es in seinen Augen nicht gelungen, eine rennfertige Piste zu präparieren. Kurz vor dem Start trafen sich die Topathleten darum zu einer Besprechung. «Und rund 90 Prozent waren gegen ein Rennen», sagt Tumler. Doch die Verantwortlichen entschieden sich für einen Start.
Während das einige verunsicherte, fuhr Odermatt auf Zwischenrang drei. Er hatte sich blitzschnell auf die Entscheidung eingestellt und seinen Rennplan den Pistenverhältnissen angepasst. Zum Vergleich: Der verunsicherte Tumler, der im zweiten Lauf ausschied, fuhr nur auf Zwischenrang 15, 1,46 Sekunden hinter Halbzeitleader Filip Zubcic.
Ein Franzose verblüfft im zweiten Lauf alle
Der Kroate fiel in der Entscheidung noch auf Rang vier zurück, weil er auch noch von Alexander Steen Olsen auf Rang drei und Léo Anguenot überholt wurde. Beeindruckend war vor allem die Leistung des Franzosen. Anguenot, ein ehemaliger Wasserskifahrer, der zuvor noch nie in einem alpinen Einzelrennen die Top 10 erreichte, fuhr einen starken ersten (Zwischenrang 9 mit Nummer 24) und einen phänomenalen zweiten Lauf.
Die weiteren Schweizer hatten mit dem Sieg nichts zu tun. Loïc Meillard kommt im Riesenslalom weiter nicht auf Touren und belegte Rang 16. Einen Rang dahinter, aber weitaus zufriedener, klassierte sich Luca Aerni. Der ehemalige Slalomspezialist startet derzeit im Riesenslalom durch. Auch Gino Caviezel auf Rang 12 und Fadri Janutin (25.) holten Punkte.



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