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Stadt versus Land – das Battle

Bild: Reto Tuchschmid

Schiedsrichter: Liebe Battle-Teilnehmende. Bevor das Battle beginnt, möchte ich Sie an die Spielregeln erinnern:

– Das Battle dauert fünf Minuten
– Es spricht entweder Stadt oder Land
– Pro Argument 20 Sekunden
– Es wird nicht unterbrochen
– Es wird nicht ausgelacht
– Es wird nicht beleidigt
– Am Ende geben wir uns die Hände.

Sind Sie bereit?

Stadt: Jaaahaaa!

Land: Äso denn!

Schiedsrichter: Die Stadt hat mehr Fans vor Ort mobilisiert und beginnt!
3-2-1 – los!

Stadt: Um gleich zu Beginn Klarheit zu schaffen: Gemäss Bundesamt für Statistik BfS ist eine Stadt dann eine Stadt, wenn sie eine gewisse Dichte in ihrem Kern ausweist und mindestens 10 000 Bewohner zählt. Eine absurde Definition, denn kaum eingemeindet, entsteht eine Ansammlung zersiedelter Gebiete, die sich mit dem Status «Stadt» brüsten, aber nicht im Ansatz etwas Städtisches an sich haben. Very ridiculous!

Land: Hafechäs. Wer will schon freiwillig eine Stadt sein?

Stadt: (lacht schnippisch).

Schiedsrichter: Regelverstoss Stadt, ein Punkt Abzug!

Land: Wir sind überschaubare Orte, bauen aus Stein und Holz. Die Häuser haben angenehme zwei, allerhöchstens drei Geschosse, schöne ziegelbedeckte Giebeldächer, und die Kirchenturmspitze ist und bleibt baulich der höchste Punkt. Die Baubewilligungen gehen blitzschnell. Wenn es staut, bauen wir halt einen Kreisel, oder auch einen Doppelten. 

Stadt: Genau, zuerst die Strassen, dann der Rest. Platz habt ihr ja genug! Während bei uns 88 Prozent der Bevölkerung auf 40 Prozent der Siedlungsfläche lebt, belegt ihr mit 12 Prozent den Rest der Fläche! Unsere Behördengänge mögen länger dauern, aber immerhin sorgen wir für städtebauliche und architektonische Qualität. Alles wird aufeinander abgestimmt. Sogar Holzhochhäuser können wir, und schauen dem Güggel oder halt Kreuz direkt in die Augen, very urban!  

Schiedsrichter: Fünf Sekunden überzogen. Regelverstoss Stadt, ein Punkt Abzug.

Land: Lauter Geschwätz. Wir brauchen Platz für Vieh und Garten. Tragen der Natur Sorge. Euch brauchen wir nicht, denn wir haben alles, was es braucht: Beiz, Bank, Post hatten wir, Migrolino, Schule, Friedhof und Bus, Gymnasium in der Nachbarsgemeinde, Spital in der Nachbarsgemeinde, Altersheim in der Nachbarsgemeinde, Kino in der Nachbarsgemeinde.

Stadt: Genau, und den Grosseinkauf macht ihr im städtisch gelegenen Einkaufszentrum, und auch für kulturelle Angebote und Shoppingtouren ist die Stadt recht, alles mit dem Diesel, versteht sich. Und wer trägt die von euch verursachten Kosten? Wir natürlich. Thank you very much!

Land: Tja, wenn die ÖV-Verbindungen bei uns höher getaktet wären, könnten wir uns durchaus vorstellen, vermehrt die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen, aber das gibt es ja nur bei euch Mehrbesseren.

Stadt: Und was glaubt ihr, warum das so ist? Ihr seid nicht dicht! Wenig Leute, wenig Bus! Nie werdet ihr freiwillig auf das Auto verzichten, ihr liebt es. Wir hassen es. Zu unökologisch, zu teuer, zu langsam, zu stressig. Deshalb haben wir bei uns einen Strassenanteil pro Einwohner von gerade mal 2 m, der 2500 Franken kostet, während er bei euch ganze 17 m beträgt und 23 000 Franken kostet, also zehnmal mehr! No words!

Land: Gott sei es gedankt! Wir kommen gar nicht erst auf die Idee, in die Stadt zu reisen, geht alles online mit Zalando, Amazon und Galaxus. Und unsere Mehrzweckhalle bietet Kultur auf höchster Ebene. Stadt bedeutet Stress, gefährlich, stickig, laut, wild, ermüdend und gschämig! Bei uns ist es schön, unaufgeregt, friedlich und ghörig.

Stadt: (Gähnt lautstark).

Schiedsrichter: Regelverstoss Stadt, ein Punkt Abzug.

Stadt: Dieser ewige Heidi-Mythos, ich mag es nicht mehr hören. Aber eben, im Tal ist es halt eng.

Land: Gibt das keinen Punkt Abzug?

Schiedsrichter: Warum?

Land: Ja, voll beleidigend! Engstirnig, beschränkt und einfältig seien wir! Und ihr? Ein überhebliches, arrogantes und besserwisserisches Pack mit Lackschuhen und Anzug! 

Schiedsrichter: Regelverstoss Land, drei Punkte Abzug, und die Zeit ist um! 
Darf ich euch bitten, euch die Hände zu reichen? 
… Bitte! 
Danke!
Ich bedanke mich für das sehr aufschlussreiche Battle. Beide Parteien hatten sehr überzeugende Argumente, wenn auch in komplett unterschiedlichen Themen. Gemäss Punktezahl war das Land lange Zeit in Führung, hat am Ende aber leider die Nerven verloren. In dieser sehr hitzigen Stimmung wage ich mich nicht aufs Glatteis und rufe den Gleichstand aus!
Vielen Dank.

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