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Bezirksgericht Zürich

Acht Monate bedingte Freiheitsstrafe – SVP-Kantonsrat Diethelm weitgehend freigesprochen

SVP-Kantonsrat Bernhard Diethelm stand am Montag vor Gericht, da er eine Prostituierte in Lebensgefahr gebracht haben soll. Nun wurde er zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.
Der Schwyzer Kantonsrat Bernhard Diethelm, als er vergangene Woche vor die Medien trat. 
Bild: Bild: Urs Flüeler / Keystone (Schwyz, 28. 6. 2023)

Darum geht es

Seit Montagmorgen muss sich der Schwyzer SVP-Kantonsrat Bernhard Diethelm in Zürich vor Gericht verantworten. Dies, weil ihm vorgeworfen wird, eine Prostituierte in Zürich derart misshandelt zu haben, dass sie gemäss Anklage in Lebensgefahr war . Diethelm soll versucht haben, die Frau mit einer Substanz gefügig zu machen. Der SVP-Politiker soll sich mit der Frau für 4200 Franken zu sadomasochistischen Rollenspielen verabredet haben.

Dafür forderte der Staatsanwalt am Montagmorgen vor Gericht eine Freiheitsstrafe für den 40-Jährigen von vier Jahren und eine Busse von 1000 Franken.

Das Urteil

Das Bezirksgericht spricht den Beschuldigten vom Vorwurf der versuchten Vergewaltigung und Nötigung frei. Jedoch wird er bezüglich mehrfacher Tätlichkeiten, mehrfacher einfacher Körperverletzung und verbotener Pornografie schuldig gesprochen.

Dafür erhält er eine bedingte Freiheitsstrafe von acht Monaten, wovon er bereits einen Tag abgesessen hat. Ausserdem muss er 120 Tagessätze à 100 Franken und eine Busse von 1000 Franken bezahlen.

Seine Strafe muss er nicht absitzen und auch nicht bezahlen – die Busse jedoch muss er bezahlen. Ausserdem läuft eine zweijährige Probezeit, die ab heute startet.

Das sagte der Angeklagte vor Gericht

«Ich hatte zu keiner Zeit die Absicht, die Klägerin zu verletzen, sie zu schänden oder sie zu ermorden.» Das sagte der Schwyzer SVP-Kantonsrat und Kirchenratsprotokollant Bernhard Diethelm vor dem Zürcher Bezirksgericht.

In der Verhandlung erklärte er weiter: «Ich kann mich nur in aller Form dafür entschuldigen, dass ich die Klägerin – als Reaktion auf den Biss in meinen Finger – geschubst habe.» Er werde von seinem Umfeld trotz Prozess als integre Persönlichkeit wahrgenommen.

Im Prozess: Als erstes spricht die Privatklägerin

Gemäss einem Ticker von Pilatus Today schilderte zunächst die Privatklägerin ihre Sicht der Dinge. So habe Diethelm sie gepackt, als sie ihm gesagt habe, er soll das Geld bereit legen. Der Freier habe sie in den Schwitzkasten genommen und ihr den Mund zugehalten. Auch habe sie einen komischen Geruch in der Nase bemerkt. Laut der Frau wollte Bernhard Diethelm nie Geschlechtsverkehr. «Es ging ihm lediglich um Dominanz», so die Privatklägerin.

SVP-Kantonsrat beantwortet Fragen des Richters

Nach der Pause im Bezirksgericht Zürich musste sich Diethelm den Fragen des Richters stellen. Diethelm schilderte das Treffen folgendermassen: «Ich brachte Geschenke mit. Als ich dort ankam, musste ich auf die Toilette. Danach ging ich ins Wohnzimmer zur Klägerin und stand hinter sie. Sie erkundigte sich nach dem Geld. Ich verwies auf die Tasche. Wo dieses Geld heute ist, weiss ich nicht. In der Tasche waren 1500 Franken.»

Gemäss «Pilatus-Today» hätten sich die beiden wegen des Geldes gestritten. «Nach dem Biss der Klägerin sah ich rot. Das gebe ich zu. Ich hatte nie die Absicht, sie zu vergewaltigen oder zu nötigen», wird Diethelm zitiert. Im Gerichtssaal sei sehr viel diskutiert worden, welche Summe nun tatsächlich abgemacht war oder realistisch sei für die Dienstleistungen. Dies soll auch der Auslöser für den Streit gewesen sein.

Auf die Fragen, ob Diethelm die Klägerin in den Schwitzkasten genommen oder gewürgt habe, antwortete der SVP-Politiker zweimal mit «Nein». Diethelm bestreitet auch, seine Hand an den Mund der Frau gelegt zu haben.

Laut dem Richter suchte Diethelm auf seinem Handy im damaligen Zeitraum «Chlorophorm kaufen legal Schweiz» im Internet. Er bezeichnete diese Internet-Suche als Dummheit ohne triftigen Grund. «Ich war nie im Besitz von solchen Flüssigkeiten.»

Der Richter fragte den Angeklagten, ob er sich ein mögliches Motiv und damit eine Absicht gegen ihn denken kann. Diese Frage beantwortete der SVP-Politiker mit «Nein».

Die Anklagepunkte der Staatsanwältin

Anschliessend trug die Staatsanwältin ihre Anklagepunkte gegen Diethelm vor. Sie hielt an den Punkten in der Anklageschrift fest. Diethelm sei schuldig zu sprechen und die vierjährige Freiheitsstrafe zu vollziehen. Die Staatsanwaltschaft bezeichnet die Taten als «puren Egoismus». Der Wägitaler habe sich seinem Triebverhalten ergeben und zeige nun keinerlei Einsicht.

Am Mittag sprach die Anwältin der Privatklägerin. Sie betonte, dass ihre Klientin stets stringente Aussagen gemacht habe. Laut der Anwältin der Privatklägerin seien die Aussagen von Diethelm hingegen spärlich und wenig glaubhaft gewesen. Und sie sagte: «Sein einziger Grund war es, die Privatklägerin gefügig zu machen und so seine eigenen sexuellen Wünsche zu befriedigen.»

Verteidiger fordert Freispruch

Nach der Mittagspause forderte der Verteidiger von Diethelm, diesen von den Hauptvorwürfen versuchte Vergewaltigung, versuchte sexuelle Nötigung, Gefährdung des Lebens und mehrfache einfache Körperverletzung freizusprechen. Er sagte etwa, dass einige Verletzungen, welche die Frau aufwies, bereits vor dem Fall bestanden hätten. Der Verteidiger führte auch aus, wieso ein Würgegriff am Hals ausgeschlossen werden könne.

Ebenfalls versuchte der Anwalt, einige der Schilderungen der Frau als nicht glaubhaft darzustellen. «Eine einfache Beschuldigung reicht nicht», so der Anwalt. Es brauche mehr als das Vorhandene für einen Schuldspruch. Der Anwalt erachtet ausserdem die Bestrafung durch die Berichterstattung bereits als schlimm genug. So habe man Diethelm als Person diffamiert und vorverurteilt. «Seine politische Laufbahn dürfte durch die Berichterstattung beendet sein.»

Schliesslich sprach auch Diethelm selbst nochmals: «Ich hatte zu keiner Zeit die Absicht die Klägerin zu verletzen, zu schänden oder gar zu töten.» (mme)

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