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Fachkräftemangel: Gekommen, um zu bleiben

SOB, Schweizerische Südostbahn, Verwaltungsrat, Shooting in der KV Business School, Zürich, Thomas Küchler, 18.10.22, Foto: Manuela Matt

54 neue Kolleginnen und Kollegen haben am 3. Januar bei der Schweizerischen Südostbahn AG (SOB) ihre Stelle angetreten. Das könnte von der Aussenperspektive zur Aussage verleiten, dass die SOB es schafft, trotz Fachkräftemangel, genügend Personal zu finden und anzustellen. Beim Blick in unsere Internetrubrik der offenen Stellen wird jedoch sehr schnell klar, dass es auch uns nicht so einfach gelingt, Stellen rasch zu besetzen. Denn derzeit suchen wir über 24 Fachkräfte in den unterschiedlichsten Berufsfeldern.

Die Situation ist für gut ausgebildete Fachkräfte sehr günstig. Denn diese sind gesucht und werden von Arbeitgebern umworben. Als Arbeitnehmer kann ich mich für den Arbeitgeber entscheiden, welcher mir den interessantesten Job mit den attraktivsten Anstellungsbedingungen bietet.

Dass sich der Arbeitsmarkt zugunsten der Arbeitnehmenden verändert hat, ist eigentlich ja nicht nur schlecht. In den Jahren des Arbeitskräfteüberschusses ging zum Teil der wertschätzende Umgang mit den Mitarbeitenden verloren. Mitarbeitende wurden vielerorts hauptsächlich als Produktions- und Kostenfaktor und nicht als wertvolle Wissens- und Leistungsträger gesehen und behandelt. In vielen Unternehmen und Branchen diskutiert man deshalb über Massnahmen zur Attraktivitätssteigerung und zur Imageverbesserung und hofft damit, aus Sicht der Stellensuchenden wieder attraktiv zu werden.

Doch genügt das? Diese Frage stellen wir uns bei der SOB seit geraumer Zeit. Gemäss unseren Einschätzungen wird der Fachkräftemangel durch verschiedene Faktoren angetrieben und verstärkt:

· Die zunehmende Alterung der Gesellschaft.

·  Ein ausgeglichenes Arbeits- und Privatleben hat für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Bedeutung zugenommen. Immer mehr arbeiten daher Teilzeit. Dank der guten Löhne ist für viele ein 80%-Pensum erschwinglich geworden.

· Arbeitsplätze mit Schichtdienst, Nachtarbeit oder unregelmässigen Arbeitszeiten sind besonders schwierig zu besetzen, auch wenn diese gut bezahlt werden. Die damit einhergehenden sozialen und familiären Einschränkungen sind für viele heute zu gross.

· Die vielerorts überhandnehmende Administration macht viele Arbeitsplätze aus Sicht der Arbeitnehmenden unattraktiv. «Ich will arbeiten und nicht administrieren», höre ich immer wieder.

Aufgrund dieser und weiterer Fakten sind wir bei der SOB zum Schluss gekommen, dass der Fachkräftemangel gekommen ist, um zu bleiben.

Doch, was heisst das nun für uns? Wir haben schon viele Massnahmen im Bereich Arbeitgeberattraktivität umgesetzt. Gute Entlöhnung, fünf Wochen Ferien, eine grosszügige Homeoffice-Regelung, die aktive Pflege einer wertschätzenden Unternehmenskultur (SOB-Familie) sind nur einige der Dinge, die wir tun. Doch all das reicht immer noch nicht. Denn alle Unternehmen versuchen mit ähnlichen Massnahmen, am immer kleiner werdenden «Arbeitskräftetischtuch» zu ziehen.

Für uns ist klar, dass wir als Unternehmen noch ganz andere Wege einschlagen müssen. Wir dürfen die menschliche Arbeitskraft und Kreativität nicht länger für Dinge einsetzen, welche eigentlich abgeschafft oder automatisiert werden könnten. Wir müssen also zügig «über die Bücher gehen» und alle bestehenden Abläufe und Prozesse grundlegend hinterfragen und neu denken. Dabei soll nicht der Arbeitsdruck erhöht, sondern die Arbeitskraft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so zum Einsatz gebracht werden, dass diese wirklich einen sinnvollen Mehrwert erbringen können. Wir müssen also die Arbeit vom über die Zeit angesammelten Ballast entlasten.

Die Chancen sind aus unserer Sicht sehr gut, dass uns das als Unternehmen gelingen kann. Denn die Notwendigkeit des nachhaltigen Wirtschaftens wird uns ohnehin dazu zwingen, unsere gesamten Wertstoffkreisläufe und unseren Ressourceneinsatz grundlegend neu zu gestalten. Wir sehen es daher als Gebot der Stunde, diese Chance zu nutzen und auch das knappe Gut der Fachkräfte, im Sinne des nachhaltigen Ressourceneinsatzes, in diese Anpassungen miteinzubeziehen.

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