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Rigi-Schwingen

Der Schlussgang wurde zum Drama

Sven Schurtenberger gewinnt das Bergfest auf der Rigi. Im Schlussgang überschlagen sich die Ereignisse: Joel Wicki zieht sich eine gravierende Verletzung zu. Auch der Ausserschwyzer Bruno Nötzli hat sich im «ersten» Schlussgang verletzt.
In dieser Szene verletzte sich Nötzli.
Bild: Robert Betschart, Bote der Urschweiz
Die Rega fliegt Joel Wicki ins Spital.
Bild: Erhard Gick,Steinen/CH

Die Rega setzte den Schlusspunkt unter dieses tragische Bergkranzfest auf der Rigi (siehe Video 2 oben). Wobei das Wort «Fest» hier keinen Sinn mehr macht. In Feierlaune war niemand mehr. Eben hatte der Bauch des rotweissen Helikopters mit Joel Wicki einen der prominentesten Schwinger der Innerschweiz verschluckt. Sein Schlussgang-Gegner Sven Schurtenberger musste zuvor mit Tränen in den Augen ein Fernsehinterview abbrechen.

Und der ansonsten so wortgewandte Speaker wusste auch nicht mehr weiter: «Es ist wirklich schier tragisch, wie dieser Rigi-Schwinget endet ...» Doch der Satz ging nicht mehr weiter, nichts folgte mehr. Und so blieb eine grosse Leere auf Rigi Staffel zurück. Die Zuschauer verliessen beinahe fluchtartig die Arena, Helfer dekonstruierten die beiden Pressetribünen, während langjährige Reporter ungläubig einräumten, so etwas noch nie erlebt zu haben.

Doch setzen wir dort ein, wo das Unheil seinen Lauf nahm. Joel Wicki und Bruno Nötzli hiessen nach fünf Gängen die Schlussgangteilnehmer. Der Schwyzer Nötzli reihte fünf Siege hintereinander, Joel Wicki stellte zum Auftakt, dann gewann er viermal in Folge. Gut sechs Minuten war dieser «erste» Schlussgang alt, als Nötzli sich nach einem inneren Haken des Sörenbergers am linken Knie verletzte (Video 3).

Ungewisse Momente verstrichen, ehe sich der 25-Jährige zur Aufgabe entschied, als Vorsichtsmassnahme. Ob und wie lange der Eidgenosse ausfällt, bleibt unklar.

Schurtenberger: «Das wollte ich nicht»

Also musste ein neuer Gegner für Wicki gefunden werden. Es folgte Sven Schurtenberger, der Eidgenosse aus Buttisholz, der Bestklassierte hinter Nötzli und Wicki. «Schurti», wie er von Kollege Wicki liebevoll genannt wird, war zu diesem Zeitpunkt aber bereits unter der Dusche.

Nach einem Telefonanruf der Einteilung kam Schurtenberger zurück auf den Schwingplatz und griff mit Wicki zusammen. Nach anderthalb Minuten und dem Plattwurf von Schurtenberger «klöpfte» es, wie es der 25-Jährige hinterher nennen wird – ein zweiter Schock in diesem dramatischen Schlussgang.

Dann wurde es hektisch. Sanitäter sprinteten zu Joel Wicki auf den Platz (Video 1). Es waren surreale Augenblicke. Vieles ging einem als Beobachter durch den Kopf: nicht schon wieder. Nicht wieder Wicki, der sich 2016 auf der Schwägalp eine Unterschenkelfraktur zuzog und das Eidgenössische verpasste. Warum ausgerechnet Wicki, der eine grossartige Rückkehr zeigte und drei Kranzfestsiege holte in diesem Jahr.

Doch der Gesichtsausdruck des 20-Jährigen liess keinen Interpretationsspielraum zu. Wohl ging Wicki zu diesem Zeitpunkt vom Schlimmsten aus. Gestern Abend war die Rede von einer Verletzung am rechten Sprunggelenk. Ob er in dieser Saison nochmals schwingen kann, ist fraglich. Zeitgleich mit den Sanitätern eilten Mutter Esthi und Bruder Kevin in den Sägemehlring. Auch Sven Schurtenberger war an vorderster Front mit dabei, hielt sich an der Bahre fest und half mit, Wicki vom Platz zu tragen.

«Dass es so endet, wollte ich nicht», sagte Schurtenberger, als er wieder zurückkehrte. «Wenn du so gewinnst, ist das nicht angenehm. Ich wünsche jedenfalls Joel und Bruno alles Gute. Ich muss jetzt probieren, dies irgendwie zu verarbeiten.» Man wurde den Eindruck nicht los, Schurtenberger hätte sich am liebsten bei jedem der 4000 Zuschauer persönlich entschuldigt für den Festausgang.

Es hätte auch schöne Geschichten zu erzählen gegeben

Durchaus hätte es weniger brutale Geschichten zu erzählen gegeben. Etwa eine schöne von Stefan Burkhalter, dem Altmeister aus dem Thurgau, der es schaffte, seinen 100. Kranz zu gewinnen. Oder die unglückliche von Martin Grab, der erneut den Kranzgewinn um Längen verpasste. Oder im Allgemeinen das Abschneiden der Innerschweizer, die 10 von 16 Kränzen ergatterten.

Oder die starken Gäste Nick Alpiger und Daniel Bösch, die den Ehrenplatz belegten. Aber am Ende überschatteten die Verletzungen von Wicki und Nötzli alles. Sven Schurtenberger holte seinen ersten Bergkranzfestsieg auf eine Weise, wie er das nie und nimmer wollte. Er konnte einem leidtun. cz

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