notifications
Geschichte

Aufschwung von Schwyz: «Die Autobahn weckte den schlafenden Schatz»

Ein Ausflug in die Wirtschaftsgeschichte des Kantons Schwyz: In der Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg kam es zum Niedergang der Schwyzer Wirtschaft.
Referent Tobias Straumann (vorne in der Mitte) flankiert von Landammann Michael Stähli (links) und Staatsarchivar Valentin Kessler.
Bild: Franz Steinegger

Tobias Straumann lehrt an der Universität Zürich vornehmlich zu wirtschaftshistorischen Themen. Er ist Mitautor der sechsbändigen Geschichte des Kantons Schwyz und kennt sich gut in unserem kleinstrukturierten Kanton aus. Am Donnerstagabend referierte der renommierte Wirtschaftsprofessor vor vollem Saal im Schlossturm in Pfäffikon im Rahmen der Ausstellung «Schwyz. Geschichte eines Kantons», welche derzeit im Bundesbriefmuseum Schwyz zu sehen ist.

Er räumte gleich zu Beginn seines Vortrages mit der vorgeprägten Meinung auf, dass Schwyz in der Vergangenheit ein rückständiger Kanton gewesen sei. «Die in der Warmzeit ab dem 13. Jahrhundert einsetzende Viehwirtschaft mit ihren exportorientierten Verkäufen, insbesondere nach Norditalien, war ein hochkomplexer Wirtschaftszweig», erklärte Straumann.

Nachteile werden langfristig zu Vorteilen

«Da mussten Vorverträge abgeschlossen, der Bedarf musste abgeklärt werden, es gab grosse Preisschwankungen und forderte Flexibilität», so der Wirtschaftsprofessor. «Das Gebiet des Kantons Schwyz war damit an die europäische Wirtschaft angeschlossen und musste mit dieser mithalten. Dies im Gegensatz beispielsweise zu Bern, das sich die Kornkammer Waadt zur Selbstversorgung einverleibte und keinen Handel betrieb.»

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts kam die Heimarbeit für die Textilindustrie auf, im 19. Jahrhundert eroberte die Seidenweberei einen bedeutenden Anteil am Bruttoinlandprodukt des Kantons Schwyz und sicherte vielen Familien das wirtschaftliche Überleben. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kostete die Mechanisierung jedoch viele Arbeitsplätze, und gegen Ende schwächelte die Textilindustrie.

In der Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg kam es zum Niedergang der Schwyzer Wirtschaft, Schwyz wurde zum Subventionskanton, weil unser Kanton die Industrialisierung verpasst hatte. Doch dies sollte sich später als Glücksfall herausstellen, sagte Straumann. Man hatte durch die Konzentration auf die diversifizierende, kleine Gewerbetätigkeit wenig Klumpenrisiko wie beispielsweise St. Gallen oder Glarus – welche sich auf einzelne Industriezweige, wie eben die Textilindustrie, konzentriert hatten –, die auf diese «dramatische Ablösung nicht vorbereitet waren».

Steuergesetzrevision und Autobahnbau brachten die Wende

Der Bau der durchgehenden Autobahn N3 1973 band Ausserschwyz an den Wirtschaftsraum Zürich an. «Damit wurde der schlafende Schatz mit seinen zur Verfügung stehenden Landreserven geweckt», erklärte der Wirtschaftshistoriker. Die endgültige Wende brachte die Steuergesetzrevision von 1988 mit tiefen Steuern für Unternehmen und Privatpersonen, die internationale Grosskonzerne anzogen. Damit wurde aktiv auf die Standortpolitik gesetzt.

«Vorbild war der Kanton Zug, der sich schon in den 1950er-Jahren dazu entschlossen hatte», erklärte Straumann, in dessen Voten eine grosse Sympathie für die Politik des Kantons Schwyz mitschwang.

«Goldgräberstimmung» geht auch in Innerschwyz los

Tobias Straumann sagt voraus, dass der innere Kantonsteil von Ausserschwyz und Zug «mitgezogen» werde und auch hier ein Goldrush anstehe, denn «der Standort und die Substanz von Schwyz sind sehr attraktiv, was man in der enormen Bautätigkeit in Arth-Goldau heute schon beobachten kann». Der innere Kantonsteil sei durch Bahn und Strasse gut erschlossen, wirke durch die aussergewöhnlich schöne Landschaft anziehend.

Das Risiko für einen Zusammenbruch des von Schwyz forcierten Systems sei marginal, «denn der Kanton Schwyz ist in den Grossraum Zürich/Zug eingebettet» – mit der Einschränkung, dass «Schwyz die raumplanerischen Mittel zur Entwicklung zur Verfügung stellt». (ste)

Doch es gehörte auch Glück dazu. Denn als der heute grösste Konzern im Kanton, das Logistikunternehmen Kühne + Nagel (K+N), 1966 Arbeitskräfte für dessen Entwicklung suchte, hatte das anvisierte Zürich das Kontingent für ausländische Arbeitskräfte bereits ausgeschöpft, wodurch er in Schwyz auf die Suche ging – und hier fündig wurde. Ein ehemaliger Personalverantwortlicher von K+N erklärte in der anschliessenden Diskussion, dass «uns der Kanton Schwyz 1979 alles bewilligte, was wir wollten».

Mehr aus dieser Gemeinde
Kommentare (0)