«Mir war es wichtig, dass Leute da sind, die etwas von der Sache verstehen», sagte Pirmin Schwander zu Beginn seiner Rede am Donnerstagabend im Restaurant Schwanen in Altendorf. Der parteilose IT-Unternehmer Josef Ender und SVP-Ständerat Schwander hatten zwei hochkarätige Referenten zu einem Pro und Contra nach Altendorf geladen, welche gegensätzliche Meinungen vertreten, sich aber dennoch prächtig verstehen. Diese Atmosphäre setzte den Ton für den Abend.
Am 28. September stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über das Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis und andere elektronische Nachweise ab. Damit sich die Stimmbürgerinnen und -bürger eine fundierte Meinung bilden können, warben auf Einladung von Ender und Schwander zwei ausgewiesene Experten für ein Ja respektive ein Nein. Kritisch eingestellt ist Stefan Wolf, Professor für Informatik an der Universität der Italienischen Schweiz (USI) in Lugano. Die Seite der Befürworter vertrat Gerhard Andrey, Grünen-Nationalrat und Unternehmer im Bereich digitale Dienstleistungen. Der Freiburger Andrey war es auch, der die Motion für eine neue, staatliche E-ID eingereicht hat, nachdem die erste Vorlage 2021 das Stimmvolk nicht hatte überzeugen können.
Sicherheit in der IT gibt es nicht
Auf dem Programm standen zunächst vier Kurzvorträge. Den Auftakt machte Josef Ender. Mit Verweis auf die Erfahrungen in Deutschland, wo der Online-Ausweis grosse Sicherheitsmängel aufwies und das elektronische Patientendossier in kürzester Zeit gehackt werden konnte, sagte er: «In der IT ist nichts sicher.» Ender kritisiert, dass auch die staatliche E-ID nicht vor Betrug wie dem sogenannten Phishing schütze, bei dem kriminelle Elemente mit täuschend echten Fälschungen von Webseiten und Formularen locken. Ferner stösst er sich daran, dass die Freiwilligkeit im Gesetz nicht garantiert werde. Ein Aspekt, der nicht nur im Publikum für Missmut sorgte, sondern sogleich vom nächsten Referenten aufgegriffen wurde.

«Mit der E-ID bekomme ich in der digitalen Welt die Macht über mich zurück.» Nationalrat Grüne und Unternehmer
«Faktisch ist die Freiwilligkeit nicht gewährleistet», sagte Stefan Wolf. Denn ein Leben ohne Smartphone werde zunehmend schwieriger. Mit anarchafeministischem Aufkleber auf der Trinkflasche und der Warnung «Dieses Gerät tötet Faschisten» auf dem Laptop war der Informatikprofessor zweifellos die schillerndste Figur des Abends. Wie jede elektronische Lösung benötige auch eine E‑ID Ressourcen und koste Geld, entlarvte er das Gratisversprechen als Augenwischerei. «Die E‑ID ist nicht sicherer als dein Smartphone», warnte er und sorgte mit seinem abschliessenden Urteil für Heiterkeit: «Das Problem, welches von der E‑ID gelöst wird, muss erst noch erfunden werden.»
«Von uns für uns»
Gerhard Andrey sah das als Einziger an diesem Abend anders. Dabei ist der Grünen-Nationalrat der Letzte, der die Sicherheitsrisiken im Netz auf die leichte Schulter nehmen würde. «Wer heute digital unterwegs ist, gibt mehr preis, als er eigentlich will», kritisiert er. Doch genau da setze einer der Vorteile der E‑ID an. Es sei eine digitale Lösung für die digitale Welt, bei der die Nutzer nur die Daten freigäben, die für die gewünschte Transaktion erforderlich seien. Wer ein alkoholisches Getränk erwerben wolle, übermittle nur, dass er alt genug sei. Nicht mehr den ganzen Ausweis mit genauem Geburtsdatum, Adresse, Foto und so weiter. «Wie bekomme ich die Macht über mich zurück?», fragte er. Für ihn ist die E‑ID ein Gewinn an Freiheit, eine deutliche Verbesserung gegenüber der jetzigen Situation, in der die grossen Konzerne viel mehr Daten von uns abgreifen als nötig. Er betonte, dass die E‑ID sehr wohl freiwillig sein werde. Sie werde niemanden ausgrenzen, sondern im Gegenteil inklusiv sein. Personen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt seien oder abgelegen wohnten, würde es unnötige Strapazen ersparen. Nicht zuletzt sei es eine Schweizer Software, vom Staat entwickelt und betrieben: «Von uns für uns», sagte er. «Ich kann meine Identität selbstbestimmt übergeben. Wenn wir dies als Staat nicht lösen, wird es Big Tech für uns lösen.» Das wäre die Kapitulation vor ausländischen Konzernen.

«Das Problem, welches von der E-ID gelöst wird, muss erst noch erfunden werden.»Professor für Informatik an der USI
Pirmin Schwander schliesslich erklärte in seinem Beitrag, warum er nach wie vor kritisch eingestellt sei. Er sieht die Gefahr, dass die E‑ID eben keine isolierte Lösung darstellt und bald mit anderen Anwendungen verknüpft werden soll. Auch die Sicherheit treibt ihn um: «Alle Antworten, wo es um die Sicherheit gegangen ist, haben mich nicht befriedigt.» Der erfahrene Parlamentarier hat vor allem ein Gespür für die Sorgen der Bevölkerung. Wie oft stimme man aus Bequemlichkeit etwa Geschäftsbedingungen zu, die eigentlich inakzeptabel seien: «Denke ich wirklich jedes Mal darüber nach, welche Daten ich nicht angeben muss?»
Wird aus Freiwilligkeit Zwang?
Tatsächlich kam in der abschliessenden Fragerunde die Befürchtung zutage, dass aus der Freiwilligkeit letztlich Zwang und Ausgrenzung werden könnten. Die Erinnerung an die Corona-Zeit scheint gegenwärtig, welche als zunehmende Einschränkung der Freiheit empfunden wurde. Was, wenn Krankenkassen nur noch E-ID akzeptieren – werde ich dann gezwungen? «Es muss möglich bleiben, ein Leben ohne Smartphone zu führen», spricht Stefan Wolf dem Publikum aus der Seele. «Ich kann Ihnen das Unbehagen nicht nehmen», sagt Gerhard Andrey. Doch nach wie vor bleibe der Gang ins analoge Postbüro möglich, und gerade weil alle Bürgerinnen und Bürger eine Stimme hätten, seien sie an diesem Abend hier, sagte er mit seinem ansteckenden Optimismus. «Ich bin links, und er ist grün», antwortet Wolf lachend auf eine Wortmeldung, die links-grüne Machenschaften witterte, «und wir sind trotzdem verschiedener Meinung.»
«Toll, dass solche Gespräche möglich sind», sagte Schwander am Ende eines Abends, der weniger kontrovers verlief als erwartet. Er und Josef Ender lagen richtig: Es war ein spannendes Pro-und-Contra-Format unter Fachleuten, die wissen, wovon sie reden.
Kommentare
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Wer von den anwesenden Anwesen Zuhörerinnen und Zuhörer verzichtet gänzlich auf ihr/sein Smart-Phone?
Ich nehme an: Wer ein solches Smart-Phone verwendet, hat seine Daten bereits verschenkt. Deshalb ist es müssig zu beteuern, dass die E-ID unsere Daten absaugen würde. Die E-ID kann unsere Daten von den US-Tech-Riesen nicht mehr zurückholen. Aber wir wissen dann wenigstens, w o unsere Daten landen und für was sie verwendet werden. Wer das nicht möchte, sollte aufs Internet und auf das Smart-Phone verzichten. Alles andere ist Augenwischerei.
Liebe Mitbürger
Warum diese ZWÄNGEREI ? Erst wurde im 2021 über die E-ID abgestimmt,mit einem vernichtenden NEIN. Sollte es diesmal durchkommen ,verlieren WIR ALLE unsere persönliche FREIHEITEN . Es ist ein weiterer Zwangversuch unseres Bundesrat uns in eine GLÄSERNE SCHATTULLE zu drängen ,Der Bund ist nicht mal fähig unser bestehende Digitale Vernetzung zu schützen. 100 derte Millionen wurden in die Überwachung zum Schutze unseres Landes in den Sand gesetzt.
Leider auch in der Armee wurde nur EXPERIMENTIERT! Wir sind total internationalen Häker - Gruppen hilflos ausgeliefert .Das SCHLIMMSTE ,man wird GEZWUNGEN die E -ID zu akzeptieren.Es besteht keine Freiheit sie frei zuwählen! Was ist das für eine Demokratie? Die Möglichkeit besteht ,dass dieses System überall starken Druck auf unsere persönlichen freien Entscheide,
im alltäglichen Leben usüben wird. Der STAAT will dami eine 100% Kontrolle über seine STEUERZAHLER erreichen. Bitte HÄNDE WEG von diesem 2.Versuch uns zu schaden.