Vor zehn Monaten war die Welt für die Swiss noch in Ordnung: «Sowohl im Cockpit als auch in der Kabine schätzen wir unsere Personalsituation als solide ein und wir können unsere Flüge grundsätzlich wie geplant durchführen», liess die Airline gegenüber CH Media verlauten. Dies, obwohl der Cockpit-Verband Aeropers schon damals über eine angespannte Personalsituation klagte.
Doch im Mai musste die Swiss eingestehen: Es fehlt an Pilotinnen und Piloten. Deshalb und auch weil die Schweizer Airline mehrere Flugzeuge wegen Triebwerksproblemen länger als erwartet am Boden halten musste, sah sie sich gezwungen, 1400 Flüge im Sommer zu streichen. Viel Geld ist der Airline somit verflogen: Laut Finanzchef Dennis Weber schmälerten die Flugannullationen das Ergebnis allein im ersten Halbjahr um einen zweistelligen Millionenbetrag.
Die sommerliche Hochsaison ist vorbei - doch das Problem mit dem Pilotenmangel ist noch nicht behoben. Inzwischen sucht sich die Swiss auch konzernintern Hilfe, wie CH Media erfahren hat. So hat sie bei ihrer Schwesterairline Austrian Airlines nachgefragt, ob so genannte First Officers der A320-Flotte Interesse hätten, für die Swiss während zwei bis drei Jahren als Co-Piloten zu fliegen.
Kabinenpersonal für die Edelweiss
Swiss-Sprecher Michael Stief bestätigt die Ösi-Offensive bei der Cockpit-Rekrutierung: Aktuell suche man bis zu 32 Co-Piloten für einen Einsatz ab 2026. Geplant sei, dass jeweils 16 auf dem A320 und 16 nach einer Umschulung auf dem A330 eingesetzt würden. Die Ausschreibung richte sich grundsätzlich an alle Interessierten. «Austrian Airlines unterstützt den Einsatz, indem sie Pilotinnen und Piloten einen Sonderurlaub von drei Jahren gewährt», sagt Stief.
Die entsprechende Ausschreibung wurde vergangene Woche bei Austrian Airlines veröffentlicht. «Noch ist offen, wie viele Pilotinnen und Piloten sich für einen Wechsel zur Swiss entscheiden werden», sagt Stief.
Darüber hinaus führe man Gespräche mit weiteren Gesellschaften der Gruppe, ob auch dort ein vorübergehender Wechsel zur Swiss unterstützt werden könnte. Der Pilotenverband Aeropers begrüsst die Initiative in einem internen Schreiben grundsätzlich, betont aber, dass sich durch die potenziellen Austrian-Neueinsteiger die Karriereplanung der Swiss-Cockpitcrew nicht verzögert werden dürfe.
In der Kabine hat die Swiss derweil über 400 Flight Attendants zu viel zurzeit. Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, versucht die Swiss nun zumindest 72 Flugbegleiterinnen und -Begleiter für zwei Jahre an die Schwester-Airline Edelweiss abzugeben.